Saturnmond Enceladus

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #50 am: 30. November 2008, 12:05:59 »
Hallo rolli,

das ist nicht meine These, sondern Ergebnis aktueller Forschung. Man hat so unter nachgestellten Bedingungen in Labors schon größere Moleküle erzeugt. Der Prozess funktioniert also.

Aber:
komplexe Moleküle != Leben

Damit hat man nur gezeigt, wie, wo und wann sich größere Moleküle im Kosmos gebildet haben.
\\   //    Grüße
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Offline redmoon

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #51 am: 30. November 2008, 13:05:11 »
Hallo,

hierzu passt evtl. auch die vor wenigen Tagen veröffentlichte Mitteilung, dass in einem Sternentstehungsgebiet der Milchstraße das Zuckermolekül Glykolaldehyd nachgewiesen werden konnte. Dieses Molekül reagiert zusammen mit Propenal zu Ribose, was wiederum ein Grundbestandteil der RNA, der Ribonukleinsäure, ist.

Der Nachweis komplexer organischer Moleküle ist nichts Neues, aber bisher wurden solche Moleküle innerhalb der Milchstraße anscheinend nur in der Nähe des galaktischen Zentrums nachgewiesen, wo allerdings auch extreme Bedingungen vorherrschen.

Seht dazu auch die folgenden Links :  
http://www.maxplanck.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/pressemitteilungen/2008/pressemitteilung20081127/index.html
http://www.wissenschaft-online.de/artikel/975353
http://xxx.uni-augsburg.de/PS_cache/arxiv/pdf/0811/0811.3821v1.pdf  

Schöne Grüße aus Hamburg - Mirko
Nicht ewig bleibt die Menschheit auf der Erde - Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski

rolli

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #52 am: 30. November 2008, 17:10:44 »
Hi Mirko, hi Dani

schönen Dank für die Links: Hochinteressant (Ja klar, ich wiederhole mich...)

Mein Interesse focussiert sich auf das Alter von möglichem "Leben".
Sollte es tatsächlich milliarden von Jahren alt sein, so ergibt sich zwangsweise die Frage:

War da ein Gott, Schöpfer von Anfang an beteiligt?

Um Missverständnissen vorzubeugen:
Ich bin Atheist. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Aber gut: Die Gottfrage sprengt vielleicht hier ein bisschen den Thread....
oder nicht?

 :)

Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #53 am: 30. November 2008, 17:25:17 »
Hallo, was mich ein wenig wundert bei Enceladus:

Warum gibt es die Frakturen mit den Geysiren nur am Südpol? Wenn sie durch Gezeitenkräfte induziert werden, würde ich vermuten sie überall auf der Oberfläche, oder wenigsten symmetrische am Nordpol zu finden.
Unterscheidet sich der Südpol so stark?

Nach den (wenigen) Messungen scheint es ja so, dass die Stärke der Geysire zugenommen hat, als sich der Mond an einer Stelle im Orbit befand, wo die Gezeitenkräfte ein Minimum hatten. Man nimmt das als Indiz, dass das 2. o.a. Modell (plötzliches Aufbrechen und Sublimation des Eises an den Bruchkanten) wahrscheinlich nicht stimmt.
Für mich deutet noch etwas an diesen Indizien in Richtung des ersten Modells (flüssiges Wasserreservoir unter dem Eis). In so einem Reservoir kann sich eingeleitete Wärme (durch Gezeitenkräfte/-reibung) quasi gespeichert werden. Dadurch kann sich für das Geysirmaximum ein "Nachlauf" zum Gezeitenmaximum ergeben. Die Geysire würden zwar durch Gezeiten primär angetrieben, würden ihre Maximum aber phasenverschoben erreichen, wenn also genug Wärme zugeführt wurde.
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rolli

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #54 am: 30. November 2008, 17:35:14 »
OK, bleiben wir sachlich:

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/news/89621/index.html

Daraus:

Zitat
Diese kalten Wasserbecken lagern nur wenige Meter unter der Oberfläche und explodieren wie Geysire.

Daniel schrieb:

Zitat
Warum gibt es die Frakturen mit den Geysiren nur am Südpol? Wenn sie durch Gezeitenkräfte induziert werden, würde ich vermuten sie überall auf der Oberfläche, oder wenigsten symmetrische am Nordpol zu finden.
Unterscheidet sich der Südpol so stark?

Ja, scheinbar. Cassini wird sich ja noch ein paar mal in die Nähe von Enceladus bewegen, vielleicht ergibt sich dann die Antwort auf diese Frage des Unterschieds von Nord- und Südpol...?

mfG





Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #55 am: 30. November 2008, 18:24:35 »
Hallo rolli,

das Zitat von 3sat scheint von 2006 zu sein. Von "wenigen Metern unter der Oberfläche" habe ich heutzutage nichts mehr gelesen. So wie ich die Modelle verstehe, geht man heute von größeren Tiefen aus.
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Kreuzberga

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #56 am: 30. November 2008, 18:44:28 »
Zitat
  • Es existiert nur ein Eispanzer, also Wasser existiert nur im gefrorenen Zustand stabil. Durch Gezeitenkräfte reißt der Eispanzer an einigen Stellen auf. Das plötzlich dem Vakuum ausgesetzte Eis sublimiert schlagartig und führt damit zu den Geysiren.
Hallo Daniel,

vgl. dazu das Modell von Kiefer et al.: http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/314/5806/1764
Hier wird von sogenannten Klathraten, oder auch Gashydraten ausgegangen, die unter dem Eispanzer in großen Reservoirs zu finden sein könnten. Der Eis- und Gasschweif wird in diesem Modell durch das Ausgasen dieser Klathrate erzeugt.

Im Vergleich zu dem Flüssig-Wasser-Modell kann hier von einer geringeren Umgebungstemperatur ausgegangen werden.

Für definitive Antworten werden wir wohl noch eine Weile warten müssen, möglicherweise wird erst die nächste Saturn-Sonde mehr Klarheit verschaffen.
« Letzte Änderung: 30. November 2008, 18:45:11 von Kreuzberga »

Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #57 am: 30. November 2008, 19:06:15 »
Hallo,

das ist auch interessant. Aber der Prozess würde, ähnlich dem Sublimationsmodell, nur funktionieren, wenn fortlaufend neue Risse entstehen, also neue Klathrate frei gelegt werden (soweit mein Verständnis). Damit hat er evtl. ähnliche Probleme mit den aktuellen Messergebnissen, dass die Geysire aktiver scheinen, obwohl die Gezeitenkräfte ein Minimum erreicht haben.
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Kreuzberga

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #58 am: 02. Dezember 2008, 17:58:21 »
Zur Frage der Phasenverschiebung zwischen dem Verlauf der Gezeitenkräfte und dem der Geysir-Aktivität am Südpol: Möglicherweise handelt es sich um quasi-tektonische Prozesse, welche die Risse am Südpol erzeugen.

Da diese Prozesse Zeit brauchen, können die Risse am Südpol auch im Gezeitenminimum "offen" bleiben.

Vielleicht verhält sich die Tektonik des Eismantels aber auch vollkommen phasenunabhängig von den Gezeitenkräften. Diese liefern lediglich die Energie um den tektonischen Prozess anzustoßen und am laufen zu halten, indem im Inneren von Enceladus, Ausgasungsprozesse angeregt werden (um beim Klathrat-Modell zu bleiben). Das führt wiederum zu einer Art globalen Strömung im Inneren, welche die Tektonik am Laufen hält.

Dies sozusagen als spekulatives, wasserloses Gegenmodell zu Daniels Wasser-speichert-Energie Modell. ;)

Gruß,
Timo
« Letzte Änderung: 02. Dezember 2008, 18:00:32 von Kreuzberga »

Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #59 am: 02. Dezember 2008, 21:27:18 »
Hallo Timo,

"Daniels Modell"? Naja, ich fasse nur zusammen ... und habe natürlich einen (plausiblen) Favoriten ;).

Deine neue Idee gefällt mir. Die Idee mit der angeregten Tektonik verfeinert das Ganze.
Eigentlich kann man die beiden großen Modelle in zwei Klassen einteilen:
  • Energiegesteuert
    Bei diesem Modell könnte der Mond (seine Kruste) mit Wärme "aufgeladen" werden. Die Wirkung der Kräfte zwischen Saturn und Enceladus würde sich so also "ansammeln". Damit kann man das "verspätete" Ausgasen der Geysire erklären.
  • Kraftgesteuert
    Die direkte Kraftwirkung der Gezeiten führt zu Spannungen, welche sich evtl. sofort entladen müssten und dann zu Sublimation oder Ausgasen aus Klathraten führen könnte.
Wahrscheinlich hat Beides in einem Kompromiss seine Berechtigung. Die Spannungen aus Modell 2 können sich natürlich auch über die Zeit aufbauen und dann plötzlich entladen (Risse?, Verschiebungen?), wie bei einem Erdbeben.
Wenn aber eine ausgeprägte Tektonik vorhanden wäre, würde das auch für Wärme im Untergrund sprechen. Gegen eine starke Ausprägung spricht hingegen, dass das Ganze nur am Südpol und nicht global auftritt.

Bleibt das Fazit:
Wir haben noch vieeeeel zu wenig Daten. Diese Phänomene wurden erst vor ein paar Jahre entdeckt. Jetzt brauchen wir einfach viel mehr Messwerte, auch um das Ganz auf zeitliche Periodizität zu untersuchen, oder ob Anstieg und Absinken der Aktivität rein zufällig sind.
\\   //    Grüße
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rolli

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #60 am: 03. Dezember 2008, 13:21:53 »
Hi Timo/Dani

So ist es:

Zitat
Bleibt das Fazit:
Wir haben noch vieeeeel zu wenig Daten. Diese Phänomene wurden erst vor ein paar Jahre entdeckt. Jetzt brauchen wir einfach viel mehr Messwerte, auch um das Ganz auf zeitliche Periodizität zu untersuchen, oder ob Anstieg und Absinken der Aktivität rein zufällig sind.

Wenns dann so weit ist, werden wir vielleich hier auch die spannende Frage der galaktischen Intelligenz weiterbesprechen...

 8-)

Hansjuergen

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #61 am: 16. Dezember 2008, 16:48:25 »
" Enceladus hat erdähnliches Wandern  der eisigen Kruste, aber mit einem exotischen Unterschied -- das Wandern ist fast in einer Richtung, wie auf einem Förderband, " sagt Paul Helfenstein vom Cassini Team an der Universität von Cornell in Ithaca, N.Y. "
Helfenstein fügte hinzu. " Wir sind nicht über die geologischen Mechanismen sicher, die das Wandern steuern, aber wir sehen Muster der Abweichung und der Gebirgsbildung, die ähnlich derer sind welche wir auf der Erde sehen. Die Ursache hierfür könnte unter der Oberfläche liegende Hitze und Bewegung sein.
Mehr darüber hier: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?
release=2008-235

Nachfolgendes Foto machte Cassini am 25 Oktober 2008 :




Hansjürgen




Kreuzberga

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #62 am: 18. Dezember 2008, 02:25:03 »
Noch eine weitere Idee zu unserer Diskussion über die Tiger-Streifen und die mögliche Anwesenheit von flüssigem Wasser wird hier vorgestellt: http://news.nationalgeographic.com/news/2008/12/081216-saturn-moon-geysers_2.html

Paul Helferstein von der Cornell University stellt die Hypothese auf, dass der Einschlag eines Kometen die Energie lieferte, die im Inneren von Enceladus flüssiges Wasser erzeugte. Ein Prozess der in diesem Modell anschließend durch die Gezeitenkräfte Saturns weiter befeuert wurde.

Helferstein vergleicht die Strukturen auf Enceladus mit den ozeanischen Rücken im Pazfik und Atlantik, was wieder für einer Art Eis-Plattentektonik sprechen würde.  

Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #63 am: 18. Dezember 2008, 06:37:36 »
Guten Morgen,

interessant, auch wenn der Urheber selbst warnt, dass es nur eine erste These ist. Was mir daran "gefallen" würde: durch einen einzelnen Einschlag als Auslöser könnte man wahrscheinlich plausibel erklären, warum es nur in einer Region (hier: Südpol) Brüche und Geysire gibt, weshalb also nicht die gesamte Oberfläche von unten "befeuert" wird.
« Letzte Änderung: 18. Dezember 2008, 06:38:25 von Schillrich »
\\   //    Grüße
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Kreuzberga

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #64 am: 25. Dezember 2008, 16:12:39 »
Auf dieser Seite kann man ein interessantes Video herunterladen, dass recht eindruckvoll, wie ich finde, die tektonische Geschichte in der Umgebung einiger Sulci (Tiger Stripes, also diese Risse am Südpol) auf Enceladus zeigt.

Zumindest wird in zwei möglichen Szenarien rückwärts dargestellt, welche tektonischen Verschiebungen es gegeben haben könnte.

Besonders augenfällig finde ich das "Klonen" von Rissstrukturen in der ersten Sequenz.  :o

Vgl. dazu auch den von Hansjürgen in Antwort #61 verlinkten Artikel.
« Letzte Änderung: 25. Dezember 2008, 16:21:18 von Kreuzberga »

Hansjuergen

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #65 am: 30. Dezember 2008, 15:56:04 »
Weitere Animationen über Enceladus-Oberflächen-Verhalten gibt es auch hier: http://ciclops.org/view/5415/Reconstructing_the_Past_on_Enceladus

Hansjürgen

tobi453

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #66 am: 02. Mai 2009, 12:37:48 »
Auf Enceladus gibt es offenbar einen unterirdischen Wasserozean. Dieser Ozean soll die Ursache für die Eisvulkane auf Enceladus' Oberfläche sein. Die Existenz von Wasser bringt natürlich auf die Frage nach Leben auf den Tisch.

Mehr dazu hier:
http://www.msnbc.msn.com/id/30501915/

Mimas

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #67 am: 06. Mai 2009, 15:42:05 »
Wenn ich die aktuelle Veröffentlichung richtig verstehe, ist eigentlich noch nicht geklärt, warum die Wasser/Eis/Gas-Fontänen nur am Südpol auftreten. Das ist doch eigentlich ein bisschen merkwürdig, oder? Irgendwie wird das ja mit den Gezeitenkräften von Saturn in Verbindung gebracht, aber die wirken ja sicher nicht nur am Südpol.

Kreuzberga

  • Gast
Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #68 am: 06. Mai 2009, 16:08:01 »
Hallo Mimas,

ja, darüber wurde sich hier im Thread auch schon der Kopf zerbrochen. Schau mal hier ab Antw. 53. Vielleicht fällt dir ja nochwas dazu ein?

Gruß,
Timo

Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #69 am: 30. Mai 2009, 10:28:43 »
In der aktuellen Spektrum der Wissenschaft gibt es einen größeren Artikel zu Enceladus. Ich werde den jetzt schrittweise wiedergeben:

Geologische Besonderheiten:
  • Kleiner Mond mit nur 504km Durchmesser in gebundener Rotation zu Saturn.
  • Der Südpol ist praktisch kraterlos, hat aber die paralleken Tigerstreifen und wird bei 55° südl. Breite von einer vollständig umlaufenden Bergkette umschlossen (war mir bisher unbekannt). Diese Bergkette mach ca. alle 45° Breitengrade einen Knick.
  • Auf der Saturn zugewandten Seite (0°) und der abgewandten Seite (180°) sind die Kraterregionen, welche von dem Bergwall des Sübpols ausgehen und sich am Nordpol treffen, praktisch ein Kraterband. Bei 90° und 270° (voraus- und nacheilende Hemisphäre) erstrecken sich kraterarme Regionen, welche von Rissen durchzogen sind.
  • Temperaturmessungen am Südpol ergeben bis zu 180K. Mit Sonneneinstrahlung sind höchstens 70K zu erklären. Dort gibt es Wärmeflüsse von bis zu 60W7m2, die warmen Stellen im Yellowstone Park haben nur 2,5W/m2. (sehr erstaunliche Werte). Kleinere (nicht aufgelöste Bereiche) könnten nochmals darüber liegen.

Mehr demnächst ... u.a. die Modelle zur Erklärung.
\\   //    Grüße
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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #70 am: 31. Mai 2009, 08:22:26 »
Weiter im Text ...

Die Region der Tigerstreifen ist eine Senke, ca. 500m tiefer als das Umland. Die umschließende Bergregion wird dadurch erklärt, dass der Südpol eine Wachstumszone ist, dass dort also neues Material an die Oberfläche drängt und eine Art Plattentektonik in Gang ist. Das deckt sich auch mit dem "fehlenden" Alter der Oberfläche dort, also den fehlenden Kratern.
Die große Frage ist (und die stellen wir uns hier ja auch): Wie kommt diese tektonische Aktivität bei einem so kleinen Körper zu Stande und warum nur am Südpol?
Eine innere Wärmequelle rein durch radioaktiven Zerfall kann bei einem so kleinen Körper ausgeschlossen werden, also bleibt nur noch die Gezeitenwirkung des Saturns, welche durch den Mond Dione (Resonanz 1:2) unterstützt wird, da er die Exzentrizität von Enceladus Umlaufbahn aufrecht erhält. Die durch Saturn so eingespeiste "Gezeitenleistung" ist aber ca. um den Faktor 5 kleiner als das, was notwendig ist um die Vorgänge am Südpol zu erklären. Man versucht das Ganze durch ein Nichtgleichgewichtsmodell mit Zyklen und Annahmen zur inneren Beschaffenheit des Mondes zu erklären.
Durch Risse in der Kruste kann das Material lokal stärker arbeiten/reagieren, so dass u.a. durch Reibung dort lokal höhere Wärme entsteht. Ein anderes Modell besagt, dass der gesamte Mond durch Erwärmung elastischer wird.
Das Ganze findet dann in einem Wechselspiel statt:
  • Enceladus befindet sich auf einer perfekten Kreisbahn, die Gezeitenkräfte sind minimal, er ist kalt oder kühlt aus.
  • Dione zwingt ihn auf eine extzentrische Bahn, die Gezeitenkräfte nehmen zu, mehr Wärme wird eingespeist als abgegeben wird und Risse entstehen im geschwächten Material, was die Wirkung der Gezeitenkräfte multipliziert. Reibung entsteht und "heizt" das Ganze weiter an.
  • Durch die starke Reibung im Inneren verliert Enceladus Drehimpuls, der Orbit wird wieder zirkularisiert und die Gezeitenkräfte nehmen ab. Der Mond kühlt wieder aus.

Als Beispiel für diesen Nichtgleichgewichtsprozess gilt Io, der anscheinend auch nicht im Wärmegleichgewicht ist.

Dieser Zyklus lässt sich mit zwei Krustenmodellen zusammen bringen:
  • (globale) Risse
  • lokale Schwachstellen (Südpol)

Der Südpol könnte ein Gebiet sein, welches ein mal durch ein Ereignis geschwächt wurde, evtl. durch einen großen Einschlag. Das Modell funktioniert aber nur (am Südpol), wenn man annimmt, dass der Eispanzer vom Kern entkoppelt schwimmt. Dadurch kann der Eispanzer auf äußere Einflüsse (Gezeiten + Einschlag) stärker reagieren. Dieses Modell würde aussagen, dass eine beliebige Oberflächenregion durch eine Einschlag getroffen wurde. Dadurch wurde sie geschwächt, wodurch die Gezeitenkräfte in ihr stärker wirken konnten. Durch Zentrifugalkräfte wurde diese Region
geringerer Dichte zum Südpol getrieben und konnte dort lange in Gang gehalten werden.

Das Ganze würde bedeuten, dass die interessante Tektonik auschließlich im Eispanzer abläuft, vollkommen losgelöst vom Kern. Außerdem wäre sie evtl. durch ein einzelnes Ereignis angestoßen worden.

Warum der Südpol als Schwachstelle weniger dicht sein soll, ergibt sich aus dem Artikel leider nicht, evtl. durch großräumige Risse nach dem Einschlag?
\\   //    Grüße
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Mimas

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #71 am: 19. Juni 2009, 21:29:58 »
Danke Daniel für die Wiedergabe des Artikels. Enceladus ist wirklich die Überraschung der Cassini-Mission - vor allem wenn man es mit dem vergleicht was man zuvor über den "Eisbrockenmond" wusste.

Die Bergkette rund um die Südpolregion gibt mir zu denken - könnte das eine Art Kraterwand eines alten Einschlags sein und auch erklären warum es am Südpol keine kleinen Krater gibt? Oder ist die Südpolregion tektonisch so dynamisch, dass Krater bald von kryovulkanischen Eruptionen zusedimentiert werden?

Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #72 am: 19. Juni 2009, 21:54:34 »
Hallo Mimas,

der Artikel vermutet eine tektonisch aktive Wachstumsregion. Neues Material kommt von unten nach und drängt das alte nach außen. Dieser Mechanismus würde beides erklären: kaum Krater am Südpol und die aufgeschobene Bergkette um ihn herum, wo das Material mit den anderen Platten kollidiert.
\\   //    Grüße
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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #73 am: 25. Juni 2009, 07:30:03 »
Es gibt weitere Indizien für flüssiges Wasser auf Enceladus.

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?release=2009-101

CASSINI hat im E-Ring Saturns größere Mengen Sodium-Salze in Eispartikeln entdeckt. Der E-Ring wird v.a. von Enceladus gespeist. Die Mengen an Salz können wahrscheinlich nur durch Lösungsprozesse von flüssigem Wasser auf der Felsenkruste von des Mondes erklärt werden.

Andere Beobachtungen vom Boden aus haben weniger oder fast kein Sodium in Enceladus' Nachbarschaft gefunden. Außerdem scheint man Sodium auch noch nicht in Fontänen/Wolken am Südpol gefunden zu haben.
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Offline pikarl

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Re: Saturnmond Enceladus
« Antwort #74 am: 25. Juni 2009, 10:50:19 »
Sodiumsalz ist übrigens u.a. Kochsalz, NaCl. Sodium heißt Natrium auf deutsch. ;)

Raumfahrer.net berichtete zu der Sache schon am 5. Mai: http://www.raumfahrer.net/news/astronomie/05052009165450.shtml