Das Innere des Mondes

Die Ende letzten Jahres außer Betrieb gegangene Mondmission GRAIL hat neue Erkenntnisse über die innere Struktur unseres Trabanten geliefert. Insbesondere wurde zur Klärung des Ursprungs schon länger bekannter Dichteanomalien unter der Oberfläche beigetragen.

Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: NASA, MIT, Raumcon. Vertont von Peter Rittinger.

NASA/Jack Pfaller
Die beiden GRAIL-Sonden, hier noch auf dem Prüfstand, waren relativ kleine Raumfahrzeuge.
(Bild: NASA/Jack Pfaller)

Die GRAIL-Mission, bestehend aus zwei nahezu baugleichen Einzelsonden, wurde im September 2011 von der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA gestartet. Nach mehrmonatiger Reise auf einer komplexen, aber energiesparenden Flugbahn über den L1-Punkt des Sonne-Erde-Systems, trafen beide Raumfahrzeuge zum Jahreswechsel 2011/2012 im Mondorbit ein. Ebb und Flow, so ihre Bezeichnungen, begannen schließlich ab März des vergangenen Jahres ihre wissenschaftliche Mission in einer kreisförmigen, fast polaren Umlaufbahn nur 55 Kilometer über der Mondoberfläche und im Abstand von 175 bis 225 Kilometern zueinander. Bereits Mitte Dezember endete ihr Einsatz planmäßig mit einem gezielten Absturz auf der Mondoberfläche. Aus den Wirkungen der beiden Einschläge auf das Oberflächenmaterial unseres Trabanten wurden nochmals, mithilfe von Beobachtungen des Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO), letzte Daten gewonnen.

NASA/JPL-Caltech/MIT/GSFC
GRAILs Gravitationskarte des Mondes.
(Bild: NASA/JPL-Caltech/MIT/GSFC)

Größter Erfolg der Mission, so die Bekanntgabe der NASA vor zwei Tagen, ist wohl die bislang präziseste Vermessung des lunaren Schwerefelds. Sie lässt weitreichende Rückschlüsse auf den inneren Aufbau und die Zusammensetzung des Mondes zu. Unter anderem die Apollo-Astronauten hatten ab den späten 1960er Jahren Pionierarbeit für diese geologische Erforschung unseres nächstgelegenen Himmelskörpers geleistet. Etwa zur selben Zeit wurde auch erstmals festgestellt, dass unter verschiedenen Gebieten seiner Oberfläche ungewöhnlich dichte Materialansammlungen, sogenannte „mascons“, lokalisiert waren. Schon relativ bald war man sich einig, dass diese Dichteanomalien die Folge größerer Einschläge auf dem frühen Mond sein mussten, bei denen die verhältnismäßig leichte, dünne Kruste des Himmelskörpers durchschlagen, und mit schwererem Mantelmaterial vermischt wurde.

Unklar war bislang, wie genau diese Durchmischung vonstatten gegangen war. Für möglich gehalten wurden als Einflussfaktoren sowohl, dass dichtes Lavamaterial die Einschlagskrater in der Kruste von unten auffüllte, als auch die Aufwölbung schweren Mantelgesteins durch die Wucht des Aufpralls um dessen Zentrum.

NASA/JPL-Caltech/CSM
Hier gut zu sehen: eine charakteristische Gravitationsanomalie mit Impakt-Zentrum und doppelter Ringstruktur (links) im Vergleich zur Oberflächenkartierung (rechts).
(Bild: NASA/JPL-Caltech/CSM)

Die Gravitationskartierung von GRAIL bringt diesbezüglich größere Klarheit und zeigt nun, dass die Masseverteilung um die Orte der Impakte eine doppelte Ringstruktur aufweist. Unter dem Zentrum der beobachtbaren Krater befindet sich demnach ein punktueller Bereich großer Dichte als Folge von Materialaufschmelzung beim Auftreffen eines Asteroiden. Er ist von einem ringförmigen Abschnitt relativ leichten Materials umgeben. An diesen inneren Kranz schließt sich wiederum ein äußerer Ringbereich mit erneut dichtem Gestein an.

Ebb und Flow führten ihre Messungen durch exakte Bestimmung des gegenseitigen Abstandes während ihres Tandemflugs durch. Bereits minimale Veränderungen in dieser Distanz ließen sich auf eine lokal veränderte Gravitation und damit Dichteabweichung unter der überflogenen Lunar-Oberfläche zurückführen. Zur Interpretation der Daten wurden außerdem bisher schon bekannte Fakten über die Mondgeologie, sowie Computersimulationen der Impakt-Ereignisse vor mehreren Milliarden Jahren verwendet.

Zukünftig, so die Forscher, könnten GRAILs Ergebnisse helfen, mondnahe Raummissionen und ihre Flugbahnen exakter als bisher auf die Gravitationscharakteristika unserer Trabanten abzustimmen. Weiterhin ließe sich das neue Verständnis von „mascons“ auf andere Himmelskörper, etwa den Mars oder den Merkur, übertragen. Sie verfügen nach bisherigem Wissensstand über ähnliche Gravitationsanomalien wie der Erdmond.

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