Rosetta: Viertes Korrekturmanöver erfolgreich beendet

Am vergangenen Mittwoch hat die Kometensonde Rosetta erfolgreich das vierte von insgesamt zehn Kurskorrekturmanövern durchgeführt. Mit diesen Manövern soll sichergestellt werden, dass die Raumsonde am 6. August 2014 in eine Umlaufbahn um den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko eintreten kann. Aktuelle Aufnahmen der Raumsonde zeigen zudem, dass die Aktivität des Kometen wieder abgenommen hat.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.

ESA, J. Mai
Der am ESOC in Darmstadt befindliche ” Tracking Station”-Kontrollraum der ESA ist das ganze Jahr über rund um die Uhr besetzt. Von hier aus haben die Mitarbeiter im Bedarfsfall direkten Zugriff auf die einzelnen Stationen des ESTRACK , über welche die Kommunikation mit den verschiedenen Raummissionen der ESA erfolgt.
(Bild: ESA, J. Mai)

Am 6. August 2014 soll die von der Europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Rosetta in einen Orbit um den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko einschwenken und diesen auf seinem weiteren Weg in das innere Sonnensystem ‘begleiten’. Voraussichtlich bis zum Ende des Jahres 2015 soll der Komet dabei mit insgesamt 21 verschiedenen wissenschaftlichen Instrumenten eingehend untersucht werden. Unter anderem soll hierzu im November 2014 auch ein von der Raumsonde mitgeführter Lander auf der Oberfläche des Kometen abgesetzt werden. Alleine Philae, so der Name dieser Landeeinheit, ist mit zehn Instrumenten ausgestattet.
Um erfolgreich in eine Umlaufbahn um ihr Ziel eintreten zu können muss Rosetta jedoch zuerst insgesamt zehn Kurskorrekturmanöver (engl. “Orbit Correction Manoeuvre”, kurz “OCM”) durchführen, mit denen die relative Geschwindigkeit der Raumsonde zu 67P/Tschurjumow-Gerasimenko schrittweise reduziert und der Verlauf der Flugbahn der Raumsonde relativ zu dem Kometen angeglichen wird. Die ersten drei Kurskorrekturen wurden bereits in den vergangenen Wochen durchgeführt.

Und auch bei dem am vergangenen Mittwoch durchgeführten vierten OCM, bei dem es sich um den dritten und zugleich letzten der “Big Burns” handelte, traten keine Probleme auf. Die vier bei dem entsprechenden Manöver eingesetzten Kurskorrekturtriebwerke zündeten um 15:17 MESZ und waren – wie vorgesehen – über einen Zeitraum von 136 Minuten aktiv.

Während des Manövers übermittelte die Raumsonde in Echtzeit aktuelle Telemetriewerte an die Erde. Diese Daten wurden nach einer Signallaufzeit von 24 Minuten und 22 Sekunden – immerhin betrug die Distanz zwischen der Erde und Rosetta während des Manövers etwa 434 Millionen Kilometer – von der in New Norcia/Australien befindlichen 35-Meter-Antenne des ESTRACK der ESA empfangen und von dort aus an das Rosetta-Kontrollzentrum am ESOC in Darmstadt weitergeleitet. Die exakte im Rahmen des Manövers erreichte Geschwindigkeitsreduzierung – geplant war eine Veränderung von 88,7 Metern pro Sekunde – wurde bisher noch nicht bekannt gegeben, dürfte aber den Erwartungen entsprechen.

ESA
Ein Foto aus dem Kontrollzentrum. Während des OCM-4 übermittelte Rosetta Telemetriewerte in Echtzeit. Auf dem Bildschirm sind die Temperaturkurven der vier eingesetzten Triebwerke erkennbar, welche unmittelbar nach deren Zündung anstiegen.
(Bild: ESA)

In den kommenden Wochen – nämlich am 2., 9., 16. und 23. Juli sowie am 3. August – werden noch fünf weitere Korrekturmanöver erfolgen, durch welche allerdings jeweils deutlich geringere Veränderungen in der Geschwindigkeit der Raumsonde erreicht werden sollen. Im Rahmen dieser ‘kleineren’ Korrekturen sollen auch die zuvor aufgetretenen minimalen Abweichungen in den vorherigen “Big Burns” ausgeglichen werden. Mit einem letzten Manöver soll Rosetta schließlich am 6. August in einer Entfernung von 100 Kilometern in eine Umlaufbahn um den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko eintreten.

Die Aktivität des Kometen hat wieder nachgelassen
Verschiedene Aufnahmen, welche zwischen dem 24. März und dem 4. Mai 2014 von der OSIRIS-Kamera, der vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickelten und betriebenen Hauptkamera der Raumsonde, aus Entfernungen zwischen fünf und zwei Millionen Kilometern zu ihrem Ziel angefertigt wurden, zeigten, dass 67P/Tschurjumow-Gerasimenko in diesem Zeitraum eine den Kometenkern umgebende Koma ausgebildet hatte. Von dieser deutlich ausgeprägten Koma ist auf einer weiteren, erst am 4. Juni 2014 aus einer Distanz von rund 430.000 Kilometern angefertigten Aufnahme allerdings nicht mehr allzu viel zu erkennen.

ESA, Rosetta, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA
Die Aktivität von 67P/Tschurjumow-Gerasimenko hat in den letzten Wochen wieder nachgelassen, was die nur schwer vorauszusagende Entwicklung der Aktivität eines Kometen verdeutlicht. Diese Aufnahme wurde mit der NAC-Kamera von OSIRIS am 4. Juni 2014 aus einer Distanz von rund 430.000 Kilometern angefertigt. Die Belichtungszeit betrug 67 Sekunden.
(Bild: ESA, Rosetta, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA)

“Der Komet ist mittlerweile zum Greifen nah – und lehrt uns dabei, das Unerwartete zu erwarten”, so Dr. Holger Sierks vom MPS, der für die OSIRIS-Kamera verantwortliche wissenschaftliche Projektleiter. “Nachdem wir bereits Zeugen der einsetzenden Aktivität geworden sind, zeigen unsere aktuellen Bilder einen Kometen im Ruhezustand.”

Weitere Fotos sind geplant
Diese Entwicklung ist nicht unbedingt überraschend, denn es ist bekannt, dass Kometen manchmal mehr, manchmal weniger aktiv sind. Langfristige Prognosen über die zukünftige Entwicklung sind dabei nur sehr schwierig zu tätigen. Die während der letzten Wochen angefertigten Aufnahmen verdeutlichen somit lediglich, wie schnell sich die Situation ändern kann. Die regelmäßigen Abbildungen des Kometen ermöglichen es den beteiligten Wissenschaftlern jedoch, das Einsetzen der Staubproduktion und deren weitere Entwicklung kontinuierlich zu dokumentieren und zu untersuchen.

“Es wird noch ein paar Wochen dauern, bis wir eine detaillierte Gestalt ausmachen können”, so Carsten Güttler, der OSIRIS-Projektmanager vom MPS. “Doch wir sind schon jetzt nicht mehr darauf beschränkt, die Helligkeit des Kerns zu untersuchen.”

Derzeit beträgt der Abstand zwischen Rosetta und dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko weniger als 160.000 Kilometer und verringert sich weiter kontinuierlich. Die für die nächsten Wochen geplanten Aufnahmen werden deshalb deutlich mehr Informationen enthalten, da der Komet einen zunehmend größer werdenden Bildausschnitt im Gesichtsfeld der OSIRIS-Kamera einnehmen wird.

Gegenwärtig nimmt der lediglich vier Kilometer durchmessende Kern des Kometen auf den Aufnahmen der “Narrow Angle Camera” von OSIRIS noch eine Fläche von lediglich etwa einem Pixel ein. Dies ist deutlich zu wenig, um Details erkennen zu können. Schon in wenigen Wochen wird sich diese Situation jedoch grundlegend ändern. Bereits Anfang Juli wird der Komet eine Fläche von fünf Pixeln bedecken und zu Beginn des Monats August werden es dann bereits sogar 500 Pixel sein.

Öffentlichkeitsarbeit
Sowohl die OSIRIS-Kamera als auch die Navigationskameras von Rosetta haben während der letzten Monate immer wieder Aufnahmen von dem Zielkometen angefertigt, welche allerdings – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht im Internet veröffentlicht wurden. Die in Kürze deutlich besser werdende Auflösung der OSIRIS-Aufnahmen will die ESA jetzt jedoch zum Anlass nehmen, um auch der interessierten Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen Fotos des Kometen zugänglich zu machen. Ab dem 3. Juli ist dabei bis zum Rendezvousmanöver Anfang August die Veröffentlichung von jeweils einer Aufnahme pro Woche vorgesehen. Die entsprechenden Fotos sollen dann in der Rosetta-Bildgalerie sowie im Rosetta-Blog der ESA erscheinen.

So erfreulich dies auch sein mag. Es bleibt zu hoffen, dass diese Rate – ein Foto pro Woche erscheint dann doch noch etwas mager – in den danach folgenden Monaten noch erhöht wird…

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