Cassini: Der Saturnorbit Nummer 190 beginnt

Am morgigen Tag beginnt der 190. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Saturn. Während der folgenden neun Tagen sollen speziell die Atmosphäre des Saturn und dessen Ringsystem mit den wissenschaftlichen Instrumenten der Raumsonde eingehend untersucht werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Durch die regelmäßige Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Saturn lassen sich Aussagen über die gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen. Die hier gezeigte Aufnahme wurde am 23. April 2013 mit der WAC-Kamera aus einer Entfernung von etwa 803.000 Kilometern aufgenommen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 6. Mai 2013 wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 12.49 Uhr MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 1,3 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 190. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell verfügt Cassini auf ihrer Umlaufbahn um den Saturn über eine Inklination von 61,7 Grad.

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 9,6 Tage andauernden Orbits – dieser trägt die Bezeichnung “Rev 189” – insgesamt 24 Beobachtungskampagnen vorgesehen, mit denen größtenteils die Atmosphäre und das Ringsystem untersucht werden sollen.

Die erste dieser Beobachtungen wird bereits etwas über eine Stunde nach dem Beginn des neuen Orbits erfolgen und den Saturn zum Ziel haben. Mittels der hierbei geplanten Abbildungen der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten “Sturmbeobachtungskampagne” sind, sollen erneut aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden.

Durch die Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Ringplaneten lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen. Für die folgenden neun Tage sind weitere 13 dieser jeweils lediglich wenige Minuten andauernden “Storm Watch”-Observationen geplant.

NASA, JPL, Space Science Institute, Queen Mary University London
Durch gravitative Einflüsse bilden sich im F-Ring bis zu einem Kilometer durchmessende Klumpen aus Eis und Staub. Diese ziehen Mini-Jets hinter sich her.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute, Queen Mary University London)

Unmittelbar nach dem Abschluss der ersten “Storm Watch”-Beobachtung wird sich die ISS-Kamera auf den F-Ring des Saturn richten, um dessen diverse Verästelungen und gewundene Einzelringe abzubilden. Frühere Beobachtungen zeigten, dass vor allem gravitative Wechselwirkungen mit dem weiter innen liegenden A-Ring und den beiden den F-Ring begrenzenden Saturnmonden Prometheus und Pandora den F-Ring gestalten. Speziell die gravitativen Einflüsse dieser beiden als “Schäfermonde” fungierenden Monde sind für die Ausbildung der beobachteten Wellenstrukturen des F-Ringes verantwortlich (Raumfahrer.net berichtete).

Für den 7. Mai sind dann neben vier weiteren Saturnbeobachtungen die Abbildungen von mehreren der kleinen inneren Saturnmonde vorgesehen, welche dabei im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden sollen. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Planeten und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern.

Nach einer 12 Stunden andauernden Beobachtung des äußeren B-Ringes, welche bereits am 9. Mai erfolgt, wird Cassini schließlich am 11. Mai um 7.37 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 190 erreichen. Zu dieser Zeit wird sich die Raumsonde 316.230 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Um diesen Zeitpunkt herum wird sich das Interesse der an der Mission beteiligten Wissenschaftler in erster Linie auf die Atmosphäre des Ringplaneten konzentrieren.

NASA, JPL-Caltech
Von der Raumsonde Cassini ausgestrahlte Radiosignale werden beim Durchdringen der Atmosphäre und der Ringe des Saturn leicht verändert. Diese veränderten Radiosignale werden von den Stationen des DSN auf der Erde empfangen. Durch die Auswertung ergeben sich Informationen über die Temperatur, Dichte und Zusammensetzung der durchdrungenen Objekte.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Bereits mehrere Stunden vor der dichtesten Annäherung an den Saturn wird dazu das “Radio Science Subsystem” (kurz “RSS”) aktiviert. Dieses Instrument besteht aus drei Sende-Empfangsanlagen, welche die Veränderung von Radiowellen messen, sobald diese die Atmosphäre des Saturn (beziehungsweise bei alternativen Messkampagnen das Ringsystem des Saturn oder die dichte Atmosphäre des Titan, des größten Saturnmondes) durchdringen. Je nach Frequenzband werden die ausgestrahlten Radiosignale durch Cassini selbst oder durch die Empfangsanlagen des Deep Space Network (DSN) empfangen.

Im Bereich des S-Bandes sendet Cassini dazu eine hochstabile Trägerwelle in Richtung des DSN, ohne selbst Signale zu empfangen. Hierfür wird der Sender der Kommunikationsanlage der Raumsonde verwendet, welcher die Trägerwelle mit einer Sendeleistung von zehn Watt abstrahlt. Analog wird auch im X-Band gesendet, wobei auch vom DSN abgestrahlte Signale empfangen und ausgewertet werden können. Für Messungen bei Frequenzen von 32.028 MHz und 34.316 MHz (Ka-Band) verwendet das RSS einen eigenen Transmitter, welcher speziell für die Erfordernisse des Instruments konstruiert wurde. Dieser kann sowohl Signale zum DSN senden als auch empfangen.

Durch die Auswertung der im Rahmen dieser Kampagne ausgestrahlten Radiosignale wollen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler die Temperatur, Dichte und Zusammensetzung der oberen Schichten der Saturnatmosphäre ermitteln. Des weiteren soll ein vertikales Profil der Ionendichte in der Ionosphäre des Saturn gewonnen werden. Ergänzend zu diesen Messungen soll eines der Spektrometer der Raumsonde, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), den Heliumanteil in dem durch das RSS-Experiment untersuchten Bereich der Saturnatmosphäre bestimmen.

NASA, JPL, Space Science Institute
Am 3. Januar 2008 wurde eine Okkultation des Sternes Antares dazu genutzt, um die Dichte der einzelnen Saturnringe eingehender zu untersuchen. Die NAC-Kamera fertigte diese Aufnahme aus einer Entfernung von 541.000 Kilometern zum Saturn an.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Nach dem Abschluss dieser Messungen wird sich das Interesse der Wissenschaftler auf das Ringsystem des Saturn richten. Zuerst soll dazu ein weiteres Spektrometer, das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), eingesetzt werden, welches die zu diesem Zeitpunkt von der Sonne beleuchteten Bereiche verschiedener Ringe abbilden wird. Anschließend wird die ISS-Kamera eingesetzt, um den äußeren A-Ring abzubilden. Mit den entsprechenden Aufnahmen sollen zum wiederholten Mal sogenannte “Propellerstrukturen” in diesem Ring dokumentiert werden. Bei diesen entfernt an Flugzeugpropeller erinnernden, lediglich etwa 15 bis 25 Kilometer großen Strukturen handelt es sich um kleine “Hohlräume” innerhalb des A-Ringes, welche durch die gravitativen Einflüsse von vermutlich lediglich wenige Dutzend Kilometer durchmessenden Mini-Monden – so genannten Moonlets – verursacht werden. Durch die anzufertigenden Aufnahmen sollen die bisher bekannten Bahnparameter dieser Moonlets noch weiter verfeinert werden.

Am 12. Mai wird die ISS-Kamera zusammen mit dem VIMS-Spektrometer eine Sternokkultation dokumentieren. Hierbei wird der veränderliche Rote Riesenstern W Hydrae von Teilen den Ringsystems bedeckt. Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve von W Hydrae erhoffen sich die an der Kampagne beteiligten Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau, die Materialdichte und die Struktur der Ringbereiche, welche den Stern bei dieser Okkultation bedecken.

Für die folgenden Tage sind weitere Beobachtungen der Saturnringe vorgesehen. Zwei Beobachtungskampagnen werden zudem den größten Saturnmond, den 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, zum Ziel haben. Hierbei soll aus Entfernungen von 2,37 beziehungsweise 2,49 Millionen Kilometern nach Wolkenstrukturen in dessen Atmosphäre Ausschau gehalten werden. Wie bei der Beobachtung der Saturnatmosphäre ergeben sich hierbei Informationen über das dortige aktuelle Wettergeschehen. Am 14. Mai wird die ISS-Kamera zudem zwei weitere Saturnmonde dokumentieren. Hierbei wird der lediglich 103 x 80 x 64 Kilometer große Mond Pandora aus der Sicht der Kamera am Südpol des etwa 396 Kilometer durchmessenden Mondes Mimas vorbeiziehen.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Der Saturnmond Titan – aufgenommen am 20. September 2012 durch die NAC-Kamera aus einer Entfernung von 2,9 Millionen Kilometern. Die Aufnahme wurde mit einem Spektralfilter bei einer Wellenlänge von 938 Nanometern erstellt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 16. Mai 2013 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 2.30 MESZ in einer Entfernung von rund 1,3 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und damit auch diesen 190. Orbit um den Ringplaneten beenden. Für den dann beginnenden Orbit Nummer 191 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen. Außerdem wird die Raumsonde am 23. Mai den Mond Titan im Rahmen eines gesteuerten Vorbeifluges in einer Entfernung von 970 Kilometern passieren und mit verschiedenen Instrumenten untersuchen.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.

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