OHB: 2. SmallGEO-Satellit im All

EDRS-C verstärkt europäischen SpaceDataHighway. Eine Information des OHB Redaktionsteams der OHB SE.

Quelle: OHB SE.

ESA/CNES/Arianespace/CSG
Der EDRS-C Satellit beim Transport zum Weltraumbahnhof in Kourou.
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

7. August 2019 – Seit gestern Abend ist der Telekommunikationssatellit EDRS-C, der zweite Knotenpunkt des SpaceDataHighways (auch bekannt als European Data Relay System, EDRS), unterwegs zu seinem 36.000 Kilometer entfernten Bestimmungsort im Weltraum. Der SpaceDataHighway, eine “Datenautobahn” im Weltall, wird in einer öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen der Europäischen Weltraumorganisation ESA und Airbus realisiert. Entwickelt und gefertigt wurde der Satellit EDRS-C vom Raumfahrtsystemhaus OHB System AG, einem Tochterunternehmen der börsennotierten OHB SE.

Der Satellit hob am 06.08.2019 um 21:30 Uhr MESZ an Bord einer Ariane-5 Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana ab. Der 3,2 Tonnen schwere Satellit löste sich nach rund 30 Minuten von der Rakete, als der vorgesehene geostationäre Transferorbit erreicht war. Nur wenige Minuten später funkte der Satellit EDRS-C erste “Lebenszeichen” aus dem All. „Ein ganz besonderer Moment, denn er macht klar, dass der Satellit die hohen Belastungen beim Abheben der Rakete und während des schnellen Ritts in den Weltraum überstanden hat“, freut sich Guy Perez, CTO und Vorstand Telekommunikation bei der OHB System AG, der den Start in Kourou verfolgt hat. „Ich danke Airbus und ESA für das in OHB gesetzte Vertrauen und allen Beteiligten bei OHB sowie unseren vielen Unterauftragnehmern für die gute Zusammenarbeit. Ich freue mich auf den Tag, an dem unser Satellit seine Arbeit aufnimmt und den SpaceDataHighway ergänzt.“

Mission: EDRS ergänzen
Europas laserbasiertes Datenrelais-System EDRS ist die weltweit erste „Optical Fibre in the Sky“, die auf modernster Lasertechnologie basiert. Der von Airbus bei der OHB System AG georderte geostationäre Satellit EDRS-C bildet den zweiten Knotenpunkt des SpaceDataHighways.

Im Vorhaben SpaceDataHighway soll eine Satellitenflotte über einem Netzwerk von Bodenstationen fixiert werden. Diese geostationären Satelliten empfangen mittels innovativer Laserkommunikationstechnologie Daten von Erdbeobachtungssatelliten aus erdnahen, das heißt niedrigeren Orbits, sowie von Aufklärungsdrohnen und Einsatzflugzeugen und leiten diese in Breitbandqualität an Bodenstationen in Europa weiter – in nahezu Echtzeit und mit einer Datenrate von 1,8 Gbit/s (Gigabit pro Sekunde). Notfallteams und Sicherheitskräfte erhalten dank des SpaceDataHighways einen wesentlich schnelleren Zugang zu den Daten von Erdbeobachtungssatelliten. Auch das europäische Copernicus-Programm, das Dienste zu Umweltüberwachung und Klimawandel anbietet, zählt genauso wie staatliche Sicherheitsdienste, Meeresüberwachungsteams und Wettervorhersagebehörden zu den Nutzern.

Schritt für Schritt zum Dienstantritt
„Mit Abtrennung von der Rakete muss unser Satellit sich aus eigener Kraft, sprich mit dem eigenen chemischen Antrieb, in den geostationären Orbit einschießen. EDRS-C steuert zunächst eine zugewiesene Testposition an, die er nach ungefähr zwei Wochen erreicht haben wird und auf der er über einige Wochen hinweg kalibriert und nach und nach in Betrieb genommen wird“, erklärt Dr. Stefan Voegt, EDRS-C Projektleiter bei der OHB System AG.

Erst danach wird der Satellit an seinen eigentlichen „Dienstort“ manövriert. Dieser befindet sich auf 31° Ost rund 36.000 Kilometer über dem Äquator – eine ideale Position, die permanenten Kontakt für die Datenabgabe an die Bodenstationen ermöglicht. Hier wird der Satellit in Betrieb genommen (Commissioning) und schrittweise ins System eingegliedert. Das alles geschieht vom Satellitenkontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus, das sich im bayerischen Oberpfaffenhofen befindet. „Wir leisten im Satellitenkontrollzentrum über die nächsten Wochen und Monate hinweg Unterstützung bei der Inbetriebnahme und der Missionskontrolle des Satelliten – eine Rund-um-die-Uhr-Aufgabe, die im Schichtbetrieb organisiert ist“, ergänzt Voegt.

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EDRS-C während der Startvorbereitung in Kourou.
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Der zweite seiner Art und doch ganz besonders …
Der Telekommunikationssatellit EDRS-C bildet nicht nur den zweiten Knotenpunkt des SpaceDataHighway-Raumsegments, er ist auch der zweite SmallGEO-Satellit im Weltraum. Mit SmallGEO hat OHB im ARTES-Programm (Advanced Research in Telecommunications Systems) der ESA eine vielseitige geostationäre Satellitenplattform entwickelt, die auf verschiedene Missionsziele wie Telekommunikation, Erdbeobachtung und Technologieerprobung zugeschnitten werden kann. Die modulare Bauweise der Satellitenplattform SmallGEO erlaubt es, flexibel auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können. Beim Satellitenantrieb können die Kunden zwischen klassisch (d.h. chemisch), elektrisch bzw. hybrid wählen. Die Startmasse der Satelliten bewegt sich je nach Typ zwischen 2.500 und 3.500 kg, wobei die jeweils erlaubte Nutzlastmasse zwischen 300 kg und 900 kg variiert.

Mit EDRS-C hat OHB im Auftrag von Airbus einen Satelliten entwickelt und realisiert, der gezielt für die optische Kommunikation ausgelegt ist: Für die Verbindung zwischen den Daten abgebenden Erdbeobachtungssatelliten, Aufklärungsdrohnen und Einsatzflugzeugen und den EDRS-Satelliten werden Laserkommunikationsterminals von Tesat-Spacecom mit entsprechend hohen Datenraten verwendet. Die für die Datenübertragung zur Erde notwendige Verbindung zwischen den EDRS-Satelliten und den Bodenstationen wird mit einem Satz von Ka-Band-RF-Terminals geschaffen. Die Datenübertragung kann mit bis zu 1,8 Gbit/s erfolgen.

EDRS-C wird den besonderen Anforderungen des SpaceDataHighways gerecht und erweitert gleichzeitig das Anwendungsspektrum der SmallGEO-Plattform. „Eine optische Datenübertragung stellt von vornherein hohe Anforderungen an den Satelliten. Durch verschiedene Anpassungen und Weiterentwicklungen konnten wir alle Anforderungen erfüllen“, so Dr. Voegt. „Für diese zweite SmallGEO-Mission haben wir zusätzlich unser modulares TM/TC-Subsystem (TM/TC = Telemetrie/Telekommandierung) um den Betrieb in S- und Ka-Band erweitert. Und weil es um die Übertragung zeitkritischer und sensibler Informationen geht, gewährleisten wir mit einer Verschlüsselungselektronik eine sichere Kommunikation mit dem Satelliten.“

Der Satellit wies beim Start eine Masse von circa 3,2 Tonnen auf und maß 3,2 x 2,3 x 4,0 Meter. Da seine beiden Solar-Module und die 3 Antennen erst im Weltraum entfaltet bzw. ausgeklappt wurden, bringt EDRS-C es jetzt auf 7,7 x 16,8 x 4,0 Meter.

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Das EDRS-C Team im Reinraum in Kourou leistete so wie die OHB-Kolleginnen und Kollegen, die “zuhause” blieben, eine super Arbeit.
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Teamwork
„Ich bin sehr dankbar, dass ich mich bei der Realisierung des Satelliten auf versierte und hoch motivierte Kolleginnen und Kollegen verlassen konnte. Sie haben sich zum Teil über mehrere Jahre hinweg mit hohem Engagement eingebracht, insbesondere während der monatelangen im Schichtbetrieb durchgeführten Testkampagnen. Ein toller Teamerfolg, der den berühmten OHB-Spirit einmal mehr unter Beweis gestellt hat“, so Projektleiter Voegt. „Ich möchte mich auch bei unserem Auftraggeber Airbus und der ESA für die gute und konstruktive Zusammenarbeit bedanken.“

Als industrieller Hauptauftragnehmer und Systemführer hatte OHB zahlreiche Unterauftragnehmer unter Vertrag. „Von unserem Partner Tesat-Spacecom stammt die Datenrelais-Nutzlast inklusive Laserkommunikationsterminal, das den Intersatellite-Link ermöglicht. Zeitweise hatten wir mehr als 30 internationale Zulieferer und Dienstleister zu koordinieren. Ein tolles Zusammenspiel, das einen soliden Satelliten hervorgebracht hat – dies wurde nicht nur in der mehrmonatigen Testkampagne bei der IABG, sondern auch bei den vorgeschriebenen Testreihen am Startplatz unter Beweis gestellt“, erläutert Projektleiter Voegt. Die Nutzlast HYLAS 3 wurde von der ESA im Auftrag von Avanti Communications als kundeneigene Beistellung an die OHB System AG geliefert.

Zu den Vertragspartnern zählten auch weitere Unternehmen der OHB-Gruppe: So war die Luxemburger LuxSpace für das TT&R-Subsystem (TT&R = Telemetrie, Telekommandierung und Ranging) verantwortlich, das die Kommunikation mit dem Satelliten ermöglicht und lieferte Beiträge zum Satellitensimulator. Die bayerische MT Aerospace AG lieferte alle Strukturpaneele. OHB Sweden war verantwortlich für das Lage- und Bahnregelungssystem (AOCS) und ist aktiv an der „Intensivbetreuung“ des Satelliten während der ersten Wochen im All beteiligt und entsendet hierzu Expertinnen und Experten ins Satellitenkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen.

Das EDRS-Programm der ESA wird vom Raumfahrtmanagement im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI) und des Freistaates Bayern unterstützt.

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Start von EDRS-C mit einer Ariane-5-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof in Kourou.
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Erst 1, dann 2 … Die SmallGEO-Familie wächst!
Der erste SmallGEO-Satellit, H36W-1, wurde im Rahmen eines PPP-Projektes (Private-Public Partnership) zwischen der ESA, OHB und dem spanischen Satellitenbetreiber HISPASAT realisiert. 2017 wurde er in die Satellitenflotte von Hispasat eingegliedert und übernahm die flexible Breitbandversorgung der Iberischen Halbinsel, der Kanarischen Inseln und Südamerikas.

Im klassischen Telekommunikationsbereich wurden neben EDRS-C auch der nationale Satellit Heinrich Hertz (In-Orbit Verifikation zahlreicher nationaler wissenschaftlicher und technischer Innovationen sowie Satellitenkommunikation für die Bundeswehr) bei der OHB System AG beauftragt.

Wegen ihrer hohen Flexibilität und Modularität hat man sich auch bei der Realisierung von Europas dritter Generation an Wettersatelliten (Meteosat Third Generation, MTG) für die SmallGEO-Plattform entschieden.

Mit der Produktlinie Electra entwickelt OHB einen vollständig elektrisch angetriebenen Satelliten, der aufgrund des geringeren Gewichts des Antriebssystems deutlich mehr Nutzlast mitführen kann und die Clean Space Policy der ESA erfüllt. „Mit Electra sind unsere Kunden flexibel, was die Auswahl der Startrakete sowie die Position des Satelliten in der Startrakete angeht, bei der Einbringung in den Zielorbit, bei den gewünschten Bändern in denen kommuniziert werden soll (C-, Ku-/Ka-Band, flexibel) und was die Skalierbarkeit hinsichtlich Masse, Stromverbrauch und Wärmeabgabe anbelangt“, erklärt Vorstand Guy Perez. „Weil wir sowohl klassische Nutzlasten als auch neuartige flexible Nutzlasten bis zu 900 kg und mit maximal 60 Transpondern auf Elektra akkommodieren können, ist es möglich, passgenaue Pakete für die jeweilige Mission zu schnüren.“

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