Comsat Yamal-601 im GEO in Dienst gestellt

Der russische Kommunikationssatellit Yamal-601 brauchte länger als ursprünglich geplant, um den Geostationären Orbit zu erreichen. Nach seinem Transport in den Weltraum traten Probleme an Bord des Satelliten auf, die ein alternatives Vorgehen beim Transfer des Satelliten in den Geostationären Orbit erforderlich machten.

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: Chrunitschew, Gazprom Space Systems, ILS, TASS, Thales Alenia Space, Roskosmos.

Roskosmos / Tsenki
Proton-M-Start am 30. Mai 2019
(Bild: Roskosmos / Tsenki)

Der Start der Proton-Rakete aus der Phase 3-Serie mit der Baunummer 93569 und Yamal-601 an Bord wurde unter der Ägide des internationalen Vermarkters von Proton-Raketen International Launch Service (ILS) abgewickelt. Als Startzeitpunkt für den ersten erfolgreichen Proton-Flug im Jahr 2019 und den 419. insgesamt nennt Chrunitschew 20:42 Uhr Moskauer Zeit am 30. Mai 2019, das ist 17:42 Uhr Weltzeit (UTC). Exakter Startzeitpunkt war 17:41:59,970 Uhr UTC. Der Flug begann von der Rampe 200/39 des in Kasachstan gelegenen russischen Startzentrums Baikonur.

Die Abtrennung der Orbitaleinheit bestehend aus Breeze-M-Oberstufe und Yamal-601 von der dritten Stufe der Proton-M erfolgte rund 9 Minuten und 42 Sekunden nach dem Abheben. Anschließend war es Aufgabe der wie die Proton-M-Rakete von Chrunitschew in Russland gebauten Oberstufe mit der Seriennummer 99564, erst für die Einnahme einer stabilen Parkbahn zu sorgen und dann das Erreichen des vorgesehenen Zielorbits sicherzustellen.

Thales Alenia Space
Yamal-601 mit testweise ausgekplapptem Antennenreflektor
(Bild: Thales Alenia Space)

Der Trennprozess des Satelliten von der Oberstufe fand rund 9 Stunden und 13 Minuten nach dem Abheben um 5:55 Uhr Moskauer Zeit am 31. Mai 2019 statt. Die Oberstufe führte zur Kollisionsvermeidung nach dem Aussetzen zwei weitere Brennphasen aus, um ihre Bahn wieder abzusenken. Sie befindet sich aktuell auf einer 18,1 Grad gegen den Erdäquator geneigten Bahn mit einer Erdferne von rund 34.499 km und einem niedrigsten Bahnpunkt von etwa 5.885 km.

Das Apogäum – der erdfernste Bahnpunkt – des vom Satelliten erreichten Geotransferorbits (GTO) lag nach Daten der US-amerikanischen Weltraumüberwachung bei 35.726 km, das Perigäum, der der Erde nächstliegende Bahnpunkt bei 6.423 km über der Erde. Die Neigung dieser Bahn gegen den Erdäquator lag bei 17,8 Grad. Im Rahmen der Registrierung des Satelliten beim Büro der Vereinten Nationen für Weltraumfragen (United Nations Office for Outer Space Affairs, UNOOSA) wurden ein Apogäum von 35.683,5 km, ein Perigäum von 6.451,6 km und eine Bahnneigung von 17,4 Grad festgehalten.

Thales Alenia Space / Alizée Palomba
Yamal-601 in Antennentestkammer
(Bild: Thales Alenia Space / Alizée Palomba)

Als abgetrennte Satellitenmasse nennen Chrunitschew und ILS eine von über 5 Tonnen. Thales Alenia Space, der Hersteller des auf dem Satellitenbus Spacebus 4000C4 basierenden, in Cannes in Frankreich fertiggestellten Raumfahrzeugs, nannte nach dem Start eine Satellitenmasse von 5,4 Tonnen (5.402,6 kg). Es sollte mit mehreren Brennphasen eines größeren an Bord befindlichen Raketentriebwerks, seines Apogäumsmotors vom Typ S400, seine Bahn um die Erde soweit anpassen, dass es eine Position im Geostationären Orbit (GEO) beziehen kann. Dabei traten unerwartete Probleme auf.

Die russische Nachrichtenagentur TASS meldete mit Datum vom 5. Juni 2019, dass der Apogäumsmotor von Yamal-601 nach einer Abweichung des Schubvektors im Verlauf seiner ersten geplanten Brennphase abgeschaltet wurde. Man untersuche nun, ob im weiteren Verlauf nur “Lageregelungstriebwerke” oder auch der Apogäumsmotor für Erreichen des GEO verwendet werden sollen.

Während der Brennphase hatte der Satellit seine geplante Ausrichtung verloren, was sehr wahrscheinlich durch den abweichenden Schubvektor verursacht worden war. Ein unerwünschter Schubvektor wiederum könnte beispielsweise durch eine durchgebrannte Düse oder Brennkammer des Apogäumsmotors ausgelöst worden sein. Offizielle Mitteilungen dazu liegen nicht vor. Wegen des Ausrichtungsfehlers versetzte sich der Satellit wie für solche Fälle vorgesehen in einen sogenannten Sicherheitsmodus mit einer definierten Ausrichtung zur Sonne, um die Energieversorgung des Satelliten auf jeden Fall sicherzustellen.

Gazprom Space Systems
Yamal-601 mit teilentfalteten Solarzellenauslegern während der Bahnanhebungsmanöver – Illustration

Laut Thales Alenia Space war ein erstes Manöver im Rahmen einer “in orbit raising backup strategy” erfolgreich, berichtete das Unternehmen mit Datum vom 6. Juni 2019. Nach dem rund zwei Stunden dauernden Manöver seien alle Parameter an Bord des Satelliten normal gewesen. Das nun vorgesehene Flugprofil sehe eine mehrfache Wiederholung derartiger Manöver vor. Man rechne damit, die endgültige Position im GEO bei 49 Grad Ost Ende Juni 2019 zu erreichen. Die Auslegungsbetriebsdauer des Satelliten von 15 Jahren werde durch das angepasste Flugprofil nicht beeinflusst, so Thales Alenia Space weiter. Welche Triebwerke im Rahmen des angepassten Flugprofils eingesetzt wurden, teilte Thales Alenia Space zunächst nicht mit. Der vorgesehene Betreiber von Yamal-601, das russische Unternehmen Gazprom Space Systems, berichtete am gleichen Tag, dass für das am 6. Juni 2019 um 12.27 Uhr Moskauer Zeit begonnene Manöver Triebwerke mit niedrigem Schub zum Einsatz kamen.

Gazprom Space Systems
Yamal-601 mit ausgefalteten Antennen und Solarzellenauslegern in Betriebsposition – Illustration
(Bilder: Gazprom Space Systems)

Am 10. Juni 2019 wurde Yamal-601 auf einer Bahn mit einem Apogäum von 35.790,9 km, einem Perigäum von 12.231 km und einer Neigung gegen den Erdäquator von rund 10,2 Grad beobachtet. Am 17. Juni 2019 befand sich der Satellit auf einem Orbit mit einem Apogäum von rund 35.704 km, einem Perigäum von etwa 27.878 km und einer Bahnneigung von annähernd 1,78 Grad.

Gazprom Space Systems meldete schließlich mit Datum vom 26. Juni 2019, dass das angepasste Bahnanhebungsprogramm unter Nutzung kleinerer Triebwerke erfolgreich umgesetzt werden konnte. Am 24. Juni 2019 habe Yamal-601 eine Position bei 48,8 Grad Ost im GEO eingenommen. Dort seien die Solarzellenausleger (vollständig) entfaltet und die Antennen der Kommunikationsnutzlast ausgeklappt worden. Außerdem habe der Satellit eine Lage im Raum mit stabiler Ausrichtung in Richtung Erde eingenommen. Tests der Satellitensysteme bestätigten die Funktionsbereitschaft des Raumflugkörpers. Anschließend erfolgte die Übergabe der Kontrolle des Satelliten durch Thales Alenia Space an das Raumflugkontrollzentrum von Gazprom Space Systems in Schelkowo, wo Hersteller und Betreiber des Satelliten gemeinsame eine weitere Testphase einleiteten.

Zunächst an einer Testposition im GEO stationiert standen für den Satelliten ausführliche Tests der maximal 7,3 Kilowatt leistenden Kommunikationsnutzlast an. Diese endeten am 19. Juli 2019 mit der vollständigen Übertragung der Überwachung und Steuerung des Satelliten von Thales Alenia Space an Gazprom Space Systems.

Den Regelbetrieb bestreitet der Satellit an einer Position von 49 Grad Ost im GEO. Der neue Satellit ist unter anderem als Ersatz und Nachfolger für Yamal-202, der seit dem 24. November 2003 um die Erde kreist, gedacht. Ein Umzug von zuvor via Yamal-202 ausgestrahlten Diensten auf den neuen Satelliten ist zwischenzeitlich erfolgt. Damit hat Gazprom Space Systems auch weiterhin die Möglichkeit zur Bereitstellung von Funkverbindungen zur Übertragung von Telefongesprächen und Daten im C-Band für Nutzer in Teilen Russlands einschließlich Kaliningrad, dem Ural und Westsibiriens, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, in Teilen Europas sowie des Nahen Ostens und Südostasiens. Im Ka-Band kann der Satellit außerdem Nutzern auf russischem Territorium Kommunikationsdienste und Zugriff auf das Internet mit hoher Geschwindigkeit zur Verfügung stellen. Der maximale Datendurchsatz des Satelliten soll dabei rund 30 Gigabit pro Sekunde erreichen.

Yamal-601 (Russisch: Ямал-601) ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 44.307 und als COSPAR-Objekt 2019-031A Die Breeze-M-Oberstufe ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 44.308 und als COSPAR-Objekt 2019-031B. Der Abwurftank der Breeze-M ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 44.309 und als COSPAR-Objekt 2019-031C.

Nach oben scrollen