Raumsonde Cassini: Der Saturnorbit Nummer 189

Vor wenigen Stunden begann der mittlerweile 189. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Saturn. Während der kommenden neun Tagen soll speziell die Atmosphäre des Saturn mit den wissenschaftlichen Instrumenten der Raumsonde eingehend untersucht werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.

NASA, JPL, Space Science Institute
Das Ringsystem des Saturn setzt sich aus mehr als 100.000 einzelnen Ringen zusammen, welche durch scharf umrissene Lücken voneinander abgegrenzt sind.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am gestrigen Tag erreichte die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 23.08 Uhr MESZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Raumsonde in einer Entfernung von rund 1,3 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann damit zugleich ihren mittlerweile 189. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell verfügt Cassini auf ihrer Umlaufbahn um den Saturn über eine Inklination von 61,7 Grad.

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des diesmal lediglich neun Tage andauernden Orbits – dieser trägt die Bezeichnung “Rev 188” – insgesamt 16 Beobachtungskampagnen vorgesehen.

Die erste dieser Kampagnen wird zwei Tage nach dem Beginn des neuen Umlaufs mehrere der kleinen inneren Saturnmonde zum Ziel haben, welche dabei im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Planeten und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Durch die regelmäßige Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Saturn lassen sich Aussagen über die gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen. Die hier gezeigte Aufnahme wurde am 23. April 2013 mit der WAC-Kamera aus einer Entfernung von etwa 803.000 Kilometern aufgenommen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Ebenfalls für den 28. April sind zwei kurze Beobachtungen des Saturn vorgesehen. Mittels der hierbei geplanten Abbildungen der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten “Sturmbeobachtungskampagne” sind, sollen erneut aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden. Durch die Beobachtung von kleineren Sturmgebieten und markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Ringplaneten lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten tätigen.

Zwischen diesen beiden Saturnbeobachtungen wird sich die ISS-Kamera auf den Saturnmond Dione richten und in Zusammenarbeit mit einem der Spektrometer der Raumsonde, dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), beobachten, wie dieser 1.123 Kilometer durchmessende Mond den Hauptstern des Sternbildes Leier, die Wega, bedeckt. Im Rahmen dieser Sternokkultation erhoffen sich die an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Ausdehnung, die Dichte und die Zusammensetzung der extrem dünnen, erst im Sommer 2011 entdeckten Atmosphäre dieses Mondes (Raumfahrer.net berichtete).

Nach einer Beobachtung von Bereichen des äußeren A-Ringes des Saturn – hierbei soll erneut nach den dortigen, durch kleine Moonlets verursachten “Propellerstrukturen” gesucht werden – ist für den 29. April eine Beobachtung der Südpolregion des Saturn geplant. Hierbei soll die ISS-Kamera in Zusammenarbeit mit dem UVIS-Spektrometer speziell nach eventuell dort befindlichen Polarlichtern Ausschau halten. Zusätzlich soll diese Beobachtung genutzt werden, um die Rotationsdauer des Saturn-Magnetfeldes näher zu bestimmen.

Am 1. Mai wird Cassini schließlich um 17.59 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 189, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 316.450 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Um diesen Zeitpunkt herum wird sich das Interesse der an der Mission beteiligten Wissenschaftler in erster Linie auf die Atmosphäre des Ringplaneten konzentrieren. Neben der Beobachtung der obersten Wolkenschichten des Saturn im Bereich des Südpols ist die Beobachtung der zu diesem Zeitpunkt nicht von der Sonne beleuchteten Bereiche des Saturn vorgesehen. Hierbei soll ein weiteres Spektrometer, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), genutzt werden, um im Bereich der südlichen Hemisphäre des Saturn Blitze abzubilden.

NASA, JPL, University of Arizona
Diese Aufnahme des langlebigen Sturmgebietes über dem Nordpol des Saturn kombiniert mehrere im infraroten Spektralbereich aufgenommene Einzelaufnahmen des Visual and Infrared Spectrometer (VIMS), einem der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Raumsonde Cassini. Die zugrundeliegenden Einzelbilder wurden bereits im Oktober und November 2006 angefertigt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona)

Des weiteren ist eine Beobachtung der Nordpolregion vorgesehen, wobei sich die WAC-Kamera zusammen mit einem weiteren Instrument, dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), auf das über dem Pol gelegene Nordpol-Hexagon richten wird. Bei dieser auffälligen Wolkenstruktur handelt es sich um ein großes Sturmgebiet, welches einen Durchmesser von fast 25.000 Kilometern aufweist. Der Zyklon rotiert mit einer Geschwindigkeit von 530 Kilometern pro Stunde innerhalb von etwa 10 Stunden und 40 Minuten einmal um sein Zentrum. Damit erreicht er eine mehr als doppelt so hohe Geschwindigkeit wie die auf der Erde auftretenden Zyklone.

Das Zentrum dieses Sturmgebietes ist von einer Wolkenstruktur umgeben, welche die Form eines nahezu regelmäßigen Sechsecks aufweist. Die dort befindlichen Wolken bewegen sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Stunde. Das anscheinend mehrere 100 Kilometer tiefe Hexagon wurde erstmals in den Jahren 1980 und 1981 von den Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 abgebildet und konnte mittlerweile auch von der Raumsonde Cassini ausführlich untersucht werden. Im sichtbaren Licht erscheinen die Wolken innerhalb der Formation dunkler als außerhalb. Mehrere Wolkenbänder begrenzen das Sechseck.

Nach einer ebenfalls für den 1. Mai vorgesehenen Beobachtung des Mondes Enceladus – dieser wird sich zu diesem Zeitpunkt 546.000 Kilometer von der Raumsonde entfernt befinden – wird sich die ISS-Kamera am 3. Mai erneut auf den Saturn richten und zusammen mit dem VIMS mehrere Mosaikaufnahmen der nördlichen Hemisphäre erstellen. Mit den geplanten Bildern der beiden Instrumente sollen anschließend diverse Wolkenstrukturen untersucht werden. Für die folgenden Tage sind weitere astrometrische Beobachtungen der inneren Saturnmonde, zusätzliche Wetterbeobachtungen auf dem Saturn und eine Abbildung des G-Ringes vorgesehen.

NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute
Diese Aufnahme der Saturnringe erstellte die NAC-Kamera am 14. April 2013 aus einer Entfernung von etwa 862.000 Kilometern.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Space Science Institute)

Am 6. Mai 2013 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 12.49 Uhr MESZ in einer Entfernung von rund 1,3 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und damit auch diesen 189. Orbit um den Ringplaneten beenden. Für den dann beginnenden Orbit Nummer 190 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn sowie verschiedener Saturnmonde vorgesehen.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.

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