Return to Flight 2

Mit der Mission STS-121 fliegt das Space Shuttle Discovery zu seinem zweiten “Return to Flight”-Einsatz nach der erfolgreichen Mission STS-114 im letzten Sommer.

Autor: Thomas Pallmann.

Besatzung der Discovery (Mission STS-121) mit dem Deutschen Thomas Reiter (2. v.r.)
(Bild: NASA)

Viele Erkenntnisse wurden aus dem letzten Flug gewonnen und zahlreiche Änderungen, vor allem am externen Tank, wurden vorgenommen. Das Hauptziel der Discovery-Crew, bestehend aus Kommandant Steve Lindsey, Pilot Mark Kelly und den Missionsspezialisten Mike Fossum, Lisa Nowak, Stephanie Wilson und Piers Sellers, wird es sein, neue Ausrüstung zu testen, welche die Sicherheit des Space Shuttles noch weiter erhöhen soll. Außerdem werden sie die Internationale Raumstation (ISS) mit frischen Versorgungsgütern und Experimenten beliefern und mit Thomas Reiter ein drittes Besatzungsmitglied an Bord der Internationalen Raumstation bringen. Damit werden sich erstmals seit dem 4. Mai 2003 wieder drei permanente Besatzungsmitglieder auf der ISS befinden. Thomas Reiter wird hauptverantwortlich für den Transfer von Versorgungsgütern vom Space Shuttle zur Raumstation sein und bei den Weltraumausstiegen die Astronauten bei ihren Vorbereitungen unterstützen.

Die Mission musste mehrfach von den Managern des Space Shuttle-Programms verschoben werden, und dies lag vor allem am externen Tank. 127 Sekunden nach dem Start löste sich beim ersten Testflug der Discovery ein mittelgroßes Stück Isolierschaum vom externen Tank in der Nähe der so genannten “Protuberance Airload Rampen” (PAL). Diese Rampen sind keilförmige Schichten aus Isolierschaum, die entlang der Rohre und Kabel am externen Tank angebracht sind, um diese vor dem starken Luftstrom zu schützen, der während des Starts möglicherweise Schäden an den wichtigen Kabeln und Rohren hervorrufen könnte. Fast drei Jahre hat ein Team von Spezialisten damit verbracht herauszufinden, ob die PAL-Rampen wirklich gebraucht werden. Es wurden zahlreiche Tests in Windkanälen gemacht und neue verbesserte Computermodelle entwickelt, um die strukturelle Belastung dieses Gebietes noch besser zu verstehen. Schon vor STS-114 gab es Planungen, die PAL-Rampen zu ersetzen und der zum Glück folgenlose Zwischenfall bei dieser Mission zeigte, dass eine Änderung unumgänglich war. Nach langen Tests und zahlreichen Versuchen mit Modellen wurde entschieden, das man die PAL-Rampen komplett entfernen kann, ohne zu riskieren, dass die Kabelstränge oder die unter Druck stehenden Rohre beschädigt werden. Durch den Wegfall dieser Rampen spart man fast 37 Pfund an Isolierschaum und reduziert so das Risiko des Space Shuttles immens.

Ein weiterer Punkt am externen Tank, den man genau unter die Lupe genommen hat, sind die so genannten “Ice/Frost-Rampen”. Diese Rampen sollen verhindern, dass sich an den Metallhalterungen, die an mehreren Stellen auf der gesamten Länge des externen Tankes angebracht sind, Eis bilden kann. Die Metallhalterungen dienen dazu, die Rohre und Kabel am externen Tank zu befestigen. Insgesamt gibt es 34 solcher Rampen am gesamten externen Tank: zwölf am Tank für den flüssigen Sauerstoff und 16 am Tank für den flüssigen Wasserstoff. Nachdem man das ganze Video- und Fotomaterial , das während der Mission STS-114 aufgezeichnet wurde, gesichtet hatte, stellte man fest, dass sich von drei dieser Rampen Isolierschaum gelöst hatte. Nachdem ein Team einen eingelagerten Tank nach möglichen Ursachen untersucht hatte, kam man zu dem Urteil, dass sich durch das starke Abkühlen des Tanks während der Betankung und den Druckaufbau im Tank kurz vor dem Start Risse im Isolierschaum der Rampen bilden können. Das Management des Space Shuttle-Programms hat sich nach langen Beratungen mit den entsprechenden Teams dafür entschieden, die Rampen für den anstehenden Flug von Discovery noch nicht zu modifizieren. Diese Entscheidung wurde aufgrund von verschiedensten Faktoren getroffen, wie zum Beispiel das Verhalten der Rampen während früherer Flüge und dem Fakt, dass derzeit noch kein zufrieden stellendes Alternativdesign dieser Rampen vorliegt.

Die Discovery irgendwann vor dem Transport zur Rollbahn
(Bild: NASA)

Der letzte Bereich des externen Tanks, der die Aufmerksamkeit der Techniker beanspruchte, war die neu entwickelte Zweibein-Konstruktion. Diese Neuentwicklung war notwendig geworden, da sich von der alten Halterung der entscheidende Brocken Isolierschaum löste, der den Verlust der Columbia zur Folge hatte. Von dem neuen Zweibein löste sich während des Starts von Discovery ein kleines Stück Isolierschaum vom dem Punkt, an dem eine Strebe des Zweibeins am externen Tank befestigt ist. Die Ursache wird darin vermutet, dass Gase durch kleine Lücken – verursacht durch Kabel, die für die Heizelemente an den Verankerungspunkten des Zweibeins gebraucht werden – unter den Schaum gelangen kann und sich dort aufgrund des sehr kalten Tanks verflüssigen und beim Start, wenn sich der Tank erwärmt, wieder in den gasförmigen Zustand übergehen und so Teile des Isolierschaumes absprengen kann. Dieses Problem umgeht man, indem man die Verkabelungen der Heizelemente und Sensoren durch eine verbesserte Version ersetzt hat, die diese Lücken nicht mehr entstehen lässt.

Neben den Veränderungen am externen Tank werden auch neue Kameras eingesetzt, um eine noch bessere Überwachung des Space Shuttles zu gewährleisten. Neben den schon während STS-114 eingesetzten Kameras am externen Tank, den beiden Boostern und den Kameras am Space Shuttle, werden zwei zusätzliche Kameras in den beiden Feststoffraketen eingebaut. Eine Kamera wird jeweils die entsprechende Flügelkante beobachten und die zweite die Unterseite der Flügel sowie die Hitzeschutzkacheln unterhalb des Orbiters. Die Aufnahmen dieser Kameras werden nicht direkt zur Bodenstation gefunkt, sondern erst nach Bergung der beiden Booster ausgewertet werden können. Des Weiteren wurde eine der beiden Filmkameras unterhalb des Orbiters, sowie die Filmkameras der Crew, mit denen sie den externen Tank nach der Absprengung dokumentieren, durch digitale Fotokameras ersetzt, um so eine schnellere Verfügbarkeit sicherzustellen. Außerdem wurde am “Orbiter Boom Sensor System” (OBSS) eine weitere neue Kamera angebracht. Diese soll neben der besseren Erkennung von Schäden an den Paneelen der Flügelkanten auch die bessere Erkennung von hervorstehenden Lückenfüllern, wie man sie während des letzten Fluges der Discovery sehen konnte, sicherstellen. Am Boden hat man drei zusätzliche Radaranlagen in Betrieb genommen, um das Shuttle während der kritischen Flugphase von T+60 Sekunden bis T+2 Minuten noch genauer beobachten zu können.

Auch für die beiden geplanten Weltraumausstiege bekommen die beiden Astronauten Piers Sellers und Mike Fossum eine neue Kamera. Die bisherige Filmkamera wird gegen die gleiche digitale Fotokamera ausgetauscht, wie sie auch an Bord des Space Shuttles eingesetzt wird. Einziger Unterschied sind zahlreiche Modifikationen an der Kamera, um sie für den Einsatz im Vakuum des Weltalls tauglich zu machen. Sellers und Fossum werden dabei während ihrer Arbeit von Discovery-Pilot Mark Kelly unterstützt, der die Aufgabe des Koordinators aus dem Inneren des Space Shuttles übernimmt. Lisa Nowak und Stephanie Wilson werden während des ersten Ausstieges den Roboterarm des Space Shuttles bedienen und während des zweiten Weltraumausstieges den Roboterarm der Raumstation benutzen. Der erste Außeneinsatz, welcher am fünften Flugtag stattfindet, wird zweigeteilt sein. Im ersten Teil werden Sellers und Fossum Wartungsarbeiten am Mobilen Transporter durchführen. Sie werden einen Kabeltrenner sichern oder falls nötig austauschen. Im Dezember 2005 hat ein vergleichbarer Kabeltrenner unterhalb des Transporters – auf der erdzugewandten Seite – aus Versehen ein Kabel durchtrennt. Nachdem diese Aufgabe erledigt ist, werden die beiden Astronauten das “Orbiter Boom Sensor System” auf seine Tauglichkeit für Wartungsarbeiten an schwer erreichbaren Stellen des Space Shuttles überprüfen. Zu diesem Zweck werden zuerst Sellers und dann beide Astronauten am Ende des 15 Meter langen Auslegers Wartungsarbeiten simulieren. Sensoren, die am OBSS angebracht sind, werden die Bewegungen und Schwingungen aufzeichnen, sodass Ingenieure nach der Mission die Stabilität des Auslegers abschließend bewerten können.

Während des zweiten Außeneinsatzes, am siebenten Flugtag, werden Sellers und Fossum eine Ersatzpumpe für die Klimaanlage der Internationalen Raumstation installieren und das erdzugewandte “Trailing Umbilical System” (TUS) austauschen. Das TUS versorgt den Mobilen Transporter mit Strom und stellt eine Daten- und Video-Verbindung zwischen Transporter und Station her.

Während der gesamten Mission des Space Shuttles werden die Planungsteams der NASA den Stand der Verbrauchsgüter kontrollieren. Sollten es die Reserven des Space Shuttles zulassen, dann werden die Missionsmanager einen weiteren Außeneinsatz für Piers Sellers und Mike Fossum ansetzten. Ziel dieses eventuellen dritten Ausstieges wird es sein, Reparaturtechniken für die verstärkten Karbonteile an der Flügelkante und die Karbonkappe an der Nase des Orbiters zu demonstrieren. Zuerst wird Sellers mit einer Infrarotkamera Aufnahmen der Flügelkanten machen, während er mithilfe des Canadarm 2 der Raumstation in Richtung Frachtraum der Discovery befördert wird. Im Frachtraum angekommen werden Fossum und Sellers an vorbereiteten Testobjekten verschiedene Arten von Reparaturen durchführen. Nach der Rückkehr des Shuttles werden diese reparierten Teile dann in Versuchen auf ihre Haltbarkeit und Effektivität überprüft. Damit beenden wir unseren Überblick über die wichtigsten Details des anstehenden Fluges der Discovery. Wir von Raumfahrer.net werden sie durch die gesamte Mission mit täglich aktuellen Nachrichten begleiten und wünschen der Crew einen sicheren und erfolgreichen Flug.

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