Falcon 9

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Offline Schillrich

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Falcon 9
« am: 21. Juni 2010, 19:37:54 »
Uns fehlte offenbar noch ein Thread zur Falcon 9 ... bis eben.

Beim Start der Falconoberstufe (F1 und F9) kann man sehen, dass kurz nach der Zündung des Merlins ein sog. "Stiffener-Ring" abfällt, sobald die Düse warm geworden ist.

Ich hatte bisher immer die Frage im Hinterkopf: Was bringt das? Warum darf er schon nach 2 Sekunden Betriebszeit abfallen?

Ich denke, der Ring dient nur der Formstabilität der großen Düse des Vakuum-Merlins beim Processing am Boden und bei den Belastungen während des Aufstiegs der ersten Stufe. Sobald das Merlin zündet und die Düse selbst Innendruck hat, hält dieser selbst sie stabil und  schützt gegen unzulässige Verformungen, bzw. der Ring würde wahrscheinlich sogar die "richtige" "Formanpassung" der Düse im Betrieb behindern.

Oder aber er dient (auch) der Stabilisierung der Form während des Zündvorgangs an sich.
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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #1 am: 26. Juli 2010, 17:02:10 »
Und das soll bei Orion/Ares bzw. bei der NASA anders sein? Ich sehe nicht, dass man dort nach absoluter Sicherheit strebt.
Nach absoluter Sicherheit vielleicht nicht, aber nach einer Sicherheit, die sehr viel höher ist als bei allen anderen Systemen. Ob das die Orion selbst sehr teuer macht, weiß ich nicht, aber fest steht, dass fast nur aus Sicherheitsgründen Ares I gestartet wurde, statt Atlas/Delta zu modifizieren. Sämtliche Kosten der Ares I folgen also aus dieser Überlegung.

Das ist der Punkt. Die Sicherheit war die offizelle Begründing dafür, das man die recht zuverlässigen und erprobten EELV Träger abgelehnt hat und sich für die Ares 1 auf Basis von Shuttle Hardware entschieden hat, obwohl dadurch sofort klar wurde, das das die Entwicklung deutlich verteuern und vor allem verlangsamen würde. Und das, obwohl absehbar war, das der Shuttle ab 2010 außer Dienst geht.

1:500 bis 1:1000 bei den EELV Trägern war nicht genug, es musste Ares 1 mit 1:2000 (alles LOC) sein. Dennoch fliegt man weiterhin mit dem Shuttle und mit Sojus, die beide von dem angestrebten 1:2000 weit entfernt sind.

Hätte man sich für die bereits entwickelten EELV Träger entschieden und die Finanzmittel, die für Ares 1 ausgegeben wurden, für Orion verwendet, dann würde Orion vermutlich schon fliegen und man hätte keine jahrelange Pause.

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #2 am: 26. Juli 2010, 23:34:10 »
Die Falcon 9 nehme ich hier mal ausdrücklich aus, die wird erstens Probleme haben, die nötige Nutzlast zu erreichen und zweitens mit ihren 9 Triebwerken in der Startstufe auch nie die nötige Sicherheit und Zuverlässigkeit erreichen wird, das man ihr Menschen anvertrauen kann.

Wieso sollen die 9 Triebwerke ein generelles Problem sein, die den bemannten Flug verhindern? Sie ermöglichen doch gerade erst die Kompensation eines ausgefallenen Triebwerks.
Die Saturn V hatte auch 5 Triebwerke ...

Schau dir mal an, wie intensiv die Triebwerke der Falcon und wie intensiv die F1 Triebwerke der Saturn 5 getestet wurden. Das F1 ist immer noch das am besten getestete Treibwerk der USA, da kommt selbst das SSEM nicht mit. Gemessen daran, sind die Triebwerke der Falcon praktisch ungetestet...

Zudem glaube ich im Leben nie, das ein Ausfall bei der Falcon 9 in allen Flugphasen zu kompensieren ist. Der Treibstoffverbrauch steigt dann wegen den stärkeren Reibungsverlusten und der höheren Gravitationsverluste so stark an, dass, je nach dem, in welcher Flugphase der Ausfall auftritt, mindestens die Mission scheitert, da die Nutzlast nicht mehr auf die Zielbahn gebracht werden kann, auch wenn noch ein Orbit erreicht werden kann. Bei einem Ausfall direkt nach dem Abheben rechne ich sogar mit einem kompletten Scheitern des Starts, also einem Absturz.

So wie SpaceX die Sache angeht, wird die Falcon 9 nie eine höhere Zuverlässigkeit als 90 % schaffen. Da setzt sich kein Austronaut freiwillig rein.

Der Vergleich Falcon zur Saturn Reihe ist ungefähr so, als würde man ein selbst gefaltetes Papierflugzeug mit einem Airbus A-380 vergleichen! Coole Sprüche ersetzen kein jahrelanges Testprogramm. Bei der Saturn 1 / 1b wusste man, das 1 Triebwerk ab soundsoviel Sekunden ausfallen darf, weil man es vorher gründlichst getestet hat. Im Vergleich dazu rät SpaceX doch nur, was ihr Träger wirklich kann. Selbst die Nutzlastangaben ändern sich ständig.

Die werden nie in die Verlegenheit kommen, überhaupt einen bemannten Flug durchführen zu müssen, weil sie spätestens nach dem ersten Fehlstart der Falcon 9 pleite sind. Immerhin hängen sie als "privater" Anbieter ausschließlich am Tropf der NASA!

Re: Falcon 9
« Antwort #3 am: 26. Juli 2010, 23:43:38 »
Muss das sein, könntest du hier nicht einfach mal beim Thema CST-100 bleiben?
So eine negative Einstellung muss nun echt nicht sein, SpaceX hat mittlerweile auch 1.100 Mitarbeiter. Glaubst du, die drehn den ganzen Tag nur Däumchen, oder glaubst du, dass die weniger Ausbildung als die Leute bei der NASA haben? Das ist einfach Respektlosigkeit gegenüber den Leuten von SpaceX, hinter dem Namen stecken doch auch keine Amateure.
Es nervt langsam einfach...
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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #4 am: 27. Juli 2010, 00:01:04 »
Muss das sein, könntest du hier nicht einfach mal beim Thema CST-100 bleiben?
So eine negative Einstellung muss nun echt nicht sein, SpaceX hat mittlerweile auch 1.100 Mitarbeiter. Glaubst du, die drehn den ganzen Tag nur Däumchen, oder glaubst du, dass die weniger Ausbildung als die Leute bei der NASA haben? Das ist einfach Respektlosigkeit gegenüber den Leuten von SpaceX, hinter dem Namen stecken doch auch keine Amateure.
Es nervt langsam einfach...

Tut mir leid, wenn du der Realität nicht ins Auge schauen kannst. Aber mal ehrlich, so naiv, das man glauben kann, das die NASA SpaceX mit ihrer Lego Rakete jemals einen bemannten Flug anvertrauen würde, kann doch wirklich keiner sein. Nicht mal die EELV Träger hält die NASA für sicher genug, und das sind andere Kaliber als die Falcon 9.

Wenn bei SpaceX keine Amateure arbeiten, warum geben sie dann zb völlig unrealistische Nutzlasten für die Falcon 9 Heavy an, die trotz weit weniger leistungsfähiger Triebwerke eine höhere Nutzlast als die (geplante) Atlas 5 HVL und die im Einsatz befindliche Delta 4 Heavy haben soll? Warum musste die Nutzlast der Falcon 1 immer weiter reduziert werden?

Wir sprechen uns weiter, wenn das Abenteuer SpaceX beendet ist. Wird nicht mehr lange dauern

Aber in einem hast du Recht: Hier geht es um den Boeing Entwurf CST-100, nicht um SpaceX. Also zurück On Topic. Als Träger dürfte vermutlich die Delta 4 feststehen. Bei der Atlas 5, die die beste Wahl gewesen wäre, sollen nicht alle Daten der Triebwerke verfügbar sein.

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #5 am: 27. Juli 2010, 19:22:38 »
Ich wette einen Kiste Bier fürs Raumcon Treffen 2015 das eine Falcon 9 bis dahin bemannt geflogen ist. Wer hält dagegen?

Vollkommen ausgeschlossen. Selbst wenn die Falcon 9 als Satellitenträger erfolgreich sein sollte (und selbst daran zweifle ich), würde es Jahre dauern, ehe man diesen Träger soweit hat, das er bemannt eingesetzt werden könnte.

Die NASA hat die EELV Träger als Träger für Orion abgelehnt, weil sie angeblich nicht sicher genug wären. Im Vergleich zur Facon 9 fliegen beide Träger allerdings schon Jahrelang ohne große Probleme (beide hatten, wie die Falcon 9 ebenfalls, je einen Flug, wo die Nutzlast nicht oder nicht stabil im Zielorbit ankam) und sind zudem weit ausführlicher als die Falcon 9 getestet wurden.

Ich bin zwar grundsätzlich der Meinung, das die NASA von ihren extremen und nicht mehr bezahlbaren Sicherheitsvorstellungen abrücken sollte, so das entsprechend modifizierte EELV Träger mit einem LOC von 300 - 500 eingesetzt werden können (was etwas besser als das Verhältnis der Sojus ist). Das bedeutet aber nicht, das man mit dem Leben der Astronauten russisches Roulette spielen darf.

Die Falcon 9 hat bisher einen einizigen, nur zum Teil erfolgreichen Flug absolviert. Sie ist als preiswerter unbemannter Träger entwickelt wurden. Aktuell kennt man diesen Träger praktisch noch nicht, es kann noch keiner sagen, was für Probleme sich bei den nächsten 5 - 10 Flügen zeigen. Zudem sind die Triebwerke der Falcon 9 weit weniger gründlich getestet wurden als die Triebwerke der EELV Träger oder gar des Shuttles. Ich sehe da keine Chance, diesen Träger in 5 Jahren so weit zu haben, das man ihm Menschen anvertrauen könnte. Eventuell geht die NASA bei zugekauften Transporten wie bei der Sojus mit den Sicherheitsvorstellungen runter. Aber selbst da dürfte das Sicherheitslevel der Sojus das unterste Minimum sein. Und ich glaube nicht, das SpaceX ihre Kapsel und diesen Träger in 5 Jahren so weit haben. Noch steht ja nicht mal eine Finanzierung dafür.

Bei Boeing mit ihrem Entwurf dagegen sähe ich keine Probleme (zumindest solange Boeing die Systemführerschaft hat). Hier ist es eher eine Frage der Finanzierung, und ob sich die NASA mit dem Sicherheitslevel einer Delta 4 zufrieden gibt.

Offline trallala

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Re: Falcon 9
« Antwort #6 am: 27. Juli 2010, 20:41:21 »
Zudem glaube ich im Leben nie, das ein Ausfall bei der Falcon 9 in allen Flugphasen zu kompensieren ist. Der Treibstoffverbrauch steigt dann wegen den stärkeren Reibungsverlusten und der höheren Gravitationsverluste so stark an, dass, je nach dem, in welcher Flugphase der Ausfall auftritt, mindestens die Mission scheitert, da die Nutzlast nicht mehr auf die Zielbahn gebracht werden kann, auch wenn noch ein Orbit erreicht werden kann. Bei einem Ausfall direkt nach dem Abheben rechne ich sogar mit einem kompletten Scheitern des Starts, also einem Absturz.

Mal kurz Nachlesen statt wild spekulieren:
"This vehicle will be capable of sustaining an engine failure at any point in flight and still successfully completing its mission."
"Die Rakete wir an jedem Punkt des Fluges den Ausfall eines Triebwerkes kompensieren können und trotzdem die Mission erfolgreich abschließen können" (http://www.spacex.com/falcon9.php)
 
Zitat
So wie SpaceX die Sache angeht, wird die Falcon 9 nie eine höhere Zuverlässigkeit als 90 % schaffen. Da setzt sich kein Austronaut freiwillig rein.

Warum? Begründung mit Quellen?

Zitat
Coole Sprüche ersetzen kein jahrelanges Testprogramm
...und kein Nachlesen...

Bei Boeing mit ihrem Entwurf dagegen sähe ich keine Probleme (zumindest solange Boeing die Systemführerschaft hat). Hier ist es eher eine Frage der Finanzierung, und ob sich die NASA mit dem Sicherheitslevel einer Delta 4 zufrieden gibt.

Was soll denn an Boeings-Papierentwurf besser sein, als an der fast fertigen Dragon-Kapsel? Wie wir weiter oben schon besprochen hatten haben gerade die Neuerungen wie Push-Rettungssystem und Landlandung keine guten Chancen auf Verwirklichung.

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #7 am: 28. Juli 2010, 10:45:00 »
Mal kurz Nachlesen statt wild spekulieren:
"This vehicle will be capable of sustaining an engine failure at any point in flight and still successfully completing its mission."
"Die Rakete wir an jedem Punkt des Fluges den Ausfall eines Triebwerkes kompensieren können und trotzdem die Mission erfolgreich abschließen können" (http://www.spacex.com/falcon9.php)

Papier ist, genau wie Webseiten, sehr geduldig. Da sollte man sich nicht auf die Angaben einer Firma verlassen, die auch behauptet, ihre noch zu entwickelnde Falcon 9 Heavy hätte (obwohl sie nur mit Nebenstromtriebwerken und mittelenergetischem Treibstoff auch in der Oberstufe arbeitet) eine deutlich höhere Nutzlast als die Delta 4 Heavy (die durchgehend mit hochenhergetischem Treibstoff arbeitet) oder die konzipierte Atlas 5 HVL (Hochleistungs - Hauptstromtriebwerk in der ersten, hochengergetischer Treibstoff in der Oberstufe). Da das schon physikalisch unmöglich ist, liegt die Vermutung nahe, das die restlichen Behauptungen dieser Firma genau so fundiert sind. Auch bei einer Saturn 1B (mit 8 Triebwerken) hätte erst ab 25 Sekunden ein Triebwerksausfall soweit kompensiert werden können, das die Mission erfolgreich zuende geflogen werden kann. Die Saturn 1B ist allerdings von Anfang an als bemannter Träger mit massiven Sicherheitszuschlägen konzipiert wurden.

Bei der Falcon 9 dagegen soll bei einem Triebwerksausfall nicht nur das defekte, sondern auch das gegenüberliegende Triebwerk abgeschaltet werden, damit keine zu starke Schubasymetrie auftritt. Um unter diesen bedingungen einen Triebwerksverlust zu jeder Zeit beherschen zu können, müsste der Träger massive Sicherheitsmargen beim Treibstoff haben, damit die dann stark ansteigenden Reibungs- und Gravitationsverluste abgefangen werden können. Gleichzeitig darf der Träger aber auch nicht zu schwer werden, da er ja weiterhin von dann nur noch 7 Triebwerken angetrieben werden muss. Dazu kommt das zusätzliche Gewicht für die Bergungstechnik wegen der geplanten Wiederverwendbarkeit. Alles zusammen betrachtet, halte ich es bei diesem Träger für sehr unwarscheinlich, das er mit einem Triebwerksausfall direkt nach dem Start klarkommt. Hier verliert man nindestens die Mission, weil man die geplante Bahn nicht mehr erreichen kann, eventuell sogar noch mehr, wenn der räger nach dem Ausfall direkt nach dem Start außer Kontrolle gerät.

Ein wichtiger Tipp: Einfach mal selber etwas nachdenken und sich nicht blind auf die Angaben des Herstellers verlassen. Gerade SpaceX verspricht gerne das Blaue vom Himmel herunter, ohne es einhalten zu können.

Zitat
Warum? Begründung mit Quellen?

Quelle ist keine phantasievoll gestaltete Webseite, sondern schliecht und einfach gesunder Menschenverstand. Ein reiner Sat Träger mit kaum getesteten Triebwerken, so billig wie möglich entwickelt, wo schon das Vorgängermodell einige erhebliche Versäumnisse aufgewiesen hat, wird kaum jemals die nötige Sicherheit aufweisen, das man ihm Menschen anvertrauen kann.

Zitat
Was soll denn an Boeings-Papierentwurf besser sein, als an der fast fertigen Dragon-Kapsel? Wie wir weiter oben schon besprochen hatten haben gerade die Neuerungen wie Push-Rettungssystem und Landlandung keine guten Chancen auf Verwirklichung.

Weil Boeing im Unterschied zu SpaceX Erfahrung mit dem Bau von bemannten Raumfahrzeugen hat. Die Firmen, die die Apollo Kapsel und den Space Shuttle Orbiter entwickelt haben, sind heute Teil von Boeing. Daneben hat Boeing einen Teil der ISS gebaut. Eine erfahrenere Firma als Boeing wirst du in den USA nicht finden, wenn es um den Bau von bemannten Raumfahrzeugen geht! Wenn die NASA das Geld für das Projekt lockermacht, sehe ich nichts, was dagegen spicht, das Boeing die Kapsel entwickeln könnte. Bei SpaceX dagegen sehe ich alle Angaben zur ihrer Dragon Kapsel genau so skeptisch wie die Angaben zur Falcon 9.

GG

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Re: Falcon 9
« Antwort #8 am: 29. Juli 2010, 10:22:45 »
Ob das hier noch eine Diskussion unter Gleichgesinnten ist?

Ich denke auch, dass SpaceX zu optimistisch ist und die Website öfter mal überarbeiten sollte, aber wo wären wir ohne Optimismus. (Jobs und Wozniak traten 1977 gegen die gesamte etablierte Computerwelt an und sind zunächst auch nicht ernst genommen worden.)

Finanziell gesehen kann man SpaceX sicherlich nicht mit Unternehmen wie Boeing oder Lockheed-Martin vergleichen. Deshalb finde ich es richtig, dass man sich bei den Falcon-Trägerraketen auf ein vergleichsweise einfaches Konzept beschränkt: preiswerte Komponenten in Eigenentwicklung, bei denen es nicht auf die letzten paar Prozente Effizienzsteigerung ankommt.

Nach den wenigen (Test-)Flügen sind ohnehin noch nicht ausreichend viele Daten vorhanden, um etwas über Zuverlässigkeit sagen zu können (aber da haben sich ja auch die etablierten Space-Shuttle-Hersteller mit 1:100.000 gewaltig "verschätzt"). Die Wiederverwendbarkeit wird man genauer untersuchen und wahrscheinlich wird man sie aufgeben müssen. Die Bergungs- und Wiederaufbereitungskosten gehen sicherlich auch in die Millionen. Das wird den Preis auf eine realistischere Grundlage heben. Hoffentlich hat man noch nicht zu viele Verträge zum Festpreis abgeschlossen.

Die Sache mit den 9 Triebwerken bewegt mich noch. Wenn man den Ausfall eines (bzw. zweier) Triebwerke kompensieren will, bedeutet dies eine längere Betriebsdauer der anderen und eine geringere Beschleunigung und damit höhere Energieverluste durch Luftreibung und Bremsung durch die Erdschwerkraft. Ich habe mir einmal Zahlen russischer Raketenprojekte angesehen und festgestellt, dass diese Verluste im Normalfall etwa 15 % der aufgebrachten Energie ausmachen. Fallen nun zwei Triebwerke aus, so könnte dies einen Einfluss von schätzungsweise 20 % auf die Brenndauer haben. Insgesamt bräuchte man also vielleicht 3 % mehr Treibstoff. Eine derartige Reserve einzukalkulieren, halte ich durchaus für machbar.

Wenn ein Triebwerk gleich zu Beginn nicht zündet oder stabil arbeitet, werden dies die Sensoren feststellen und den Start gar nicht freigeben. Falls der Ausfall später stattfindet, verringert sich die notwendige zusätzliche Treibstoffmenge.

Letztlich werden wir diese Fälle aber abwarten müssen. Ich habe gestern mal im Archiv des ISS-Haupthreads gestöbert und dort um 2005 einige sehr pessimistische Aussagen zur ISS nachgelesen. Da hatten einige die Station schon fest aufgegeben. Dagegen sehen wir heute ... :)

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #9 am: 29. Juli 2010, 21:11:37 »
Ob das hier noch eine Diskussion unter Gleichgesinnten ist?

Die Sache mit den 9 Triebwerken bewegt mich noch. Wenn man den Ausfall eines (bzw. zweier) Triebwerke kompensieren will, bedeutet dies eine längere Betriebsdauer der anderen und eine geringere Beschleunigung und damit höhere Energieverluste durch Luftreibung und Bremsung durch die Erdschwerkraft. Ich habe mir einmal Zahlen russischer Raketenprojekte angesehen und festgestellt, dass diese Verluste im Normalfall etwa 15 % der aufgebrachten Energie ausmachen. Fallen nun zwei Triebwerke aus, so könnte dies einen Einfluss von schätzungsweise 20 % auf die Brenndauer haben. Insgesamt bräuchte man also vielleicht 3 % mehr Treibstoff. Eine derartige Reserve einzukalkulieren, halte ich durchaus für machbar.

Wenn ich nach den Daten von Leitenberger gehe: 333 t Startmasse, 3798 kN Startschub, dann hat die Falcon 9 bei einem Triebwerksausfall unmittelbar nach dem Start und Abschaltung eines 2. Triebwerkes ein negatives Schub - Gewichts - Verhältnis. Selbst wenn man das zweite Triebwerk nicht abschaltet, sondern die Schubasymetrie irgendwie unter Kontrolle bekommt, kommt man dann gerade mal auf 1:1. Damit kann man den Flug nict fortsetzen. Stimmen diese Zahlen (und Leitenberger hat bei der Falcon 1 schon gut geschätzt), dann hat die Falcon 9 bei einem Triebwerksausfall kurz nach dem Start keine Chance, die Mission auch nur irgendwie zu beenden, geschweige denn erfolgreich. Wie die Saturn 1b dürfte auch die Falcon 9 einen Triebwerksausfall frühestens nach 30 Sekunden verkraften, schaltet man dann gleich ein zweites Triebwerk mit ab, dann erst nach 60 oder 70 Sekunden.

Und ja, ich halte gar nichts von SpaceX und deren Chef.

Natürlich wäre ein billiger und zuverlässiger Träger genau das, was die Raumfahrt aktuell braucht, auch mit Blick auf wissenschaftliche Missionen. Aber so ein Träger, da bin ich mir sicher, wird nicht von SpaceX kommen.

Offline trallala

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Re: Falcon 9
« Antwort #10 am: 29. Juli 2010, 21:56:41 »
Und ja, ich halte gar nichts von SpaceX und deren Chef.

Das überascht mich jetzt aber ...

Ich glaube du hast deine Meinung ausreichend dargelegt, jetzt könnte man mal wieder zur Auswertung neuer Fakten übergehen.

Re: Falcon 9
« Antwort #11 am: 29. Juli 2010, 22:14:30 »
Deine Zahlen zum Schub stimmen nicht so ganz.. Sind das vielleicht die Zahlen zum "alten" Merlin 1C? Die Falcon 1e und 9 (werden) verwenden ein Schubstärkeres mit geringfügig schlechterem spezifischen Impuls.
Auf Meereshöhe erzeugt ein Merlin 1C 556kN.
9*556kN geben gut 5MN. Diese 5MN müssen gegen 3,27MN Gewichtskraft arbeiten, da kommen wir also auf ein Schub/Gewichtsverhältnis von 1,52.
Fällt ein Triebwerk aus stehen immer noch 4,48MN an Schub zur Verfügung, bringt uns auf ein Schub/Gewichtsverhältnis von 1,37.
Erst bei 6 Triebwerken kommt das Verhältnis auf ca. 1,00. Also an den Punkt, an dem die Rakete nicht weiter beschleunigt werden dürfte. Die "Engine-Out-Capability" sieht gar nicht so unwahrscheinlich aus, mal davon abgesehen dass die wenigsten Triebewerke 1 Sekunde nach dem Start ausfallen, wenn sie noch vorm Liftoff nen Schnellcheck auf 100% Leistung hinter sich haben.

Bei der DeltaIV Medium liegt dieses Verhältnis zum Vergleich beim Start bei gerade einmal 1,18.
Damit hat die Falcon 9 schonmal weniger Verluste durch die Gravitation, wieviel das ausmacht kann ich nicht abschätzen.
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Offline Hiegus

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Re: Falcon 9
« Antwort #12 am: 29. Juli 2010, 22:59:34 »

MR schrieb:
Zitat
1:500 bis 1:1000 bei den EELV Trägern war nicht genug, es musste Ares 1 mit 1:2000 (alles LOC) sein. Dennoch fliegt man weiterhin mit dem Shuttle und mit Sojus, die beide von dem angestrebten 1:2000 weit entfernt sind.

Wie kommst Du an diese Zahlen?
Beim Shuttle ist die wahre Quote 2:132 = 1:66.
Sojus muss man ja schon anders sehen: Fakt ist eine Quote von 2:126 = 1:63.

Nur kann man die Sojus-Raumschiffe aus den 60er und 70er Jahren nicht mit den aktuellen vergleichen.
Vergleicht man die Einsatzzeit des Shuttle mit denen von Sojus so kommen wir auf eine reale Quote von 0:74!!!
Also deutlich besser......
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Offline Schillrich

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Re: Falcon 9
« Antwort #13 am: 29. Juli 2010, 23:17:50 »
Hallo,

Wie kommst Du an diese Zahlen?
Beim Shuttle ist die wahre Quote 2:132 = 1:66.
Sojus muss man ja schon anders sehen: Fakt ist eine Quote von 2:126 = 1:63.

die Größenordnungen der Zahlen ergeben sich aus Systemanalysen und Simulationen, wo jede Komponente mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit klassifiziert wird, nicht aus einer rückblickenden, statistischen Auswertung der geleisteten Flüge (und Unglücke).
Wie sollte man sonst sonst neue Konzepte bewerten können ;)? Dadurch werden auch (statistisch) "schlechte alte Systeme" besser, wenn man neue Komponenten einrüstet.
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Offline Hiegus

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Re: Falcon 9
« Antwort #14 am: 29. Juli 2010, 23:25:52 »
Welche Quote war noch mal ursprünglich für das Shuttle angegeben?  :o

Die einzige Zahl die wirklich funktioniert ist doch die Rückblickende!
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Offline Schillrich

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Re: Falcon 9
« Antwort #15 am: 29. Juli 2010, 23:31:29 »
Die einzige Zahl die wirklich funktioniert ist doch die Rückblickende!

Das kann man so auch nicht allgemein sagen ;). Außerdem sagt ein Rückblick eben das aus: was war. Damit kann man nur bedingt und mit Vorsicht etwas über die Zukunft aussagen. Bei so etwas helfen Analysen und Simulationen. Man kann bspw. über Komponententests die Fehlerwahrscheinlichkeiten einzelner Komponenten empirisch erfassen. In einem Rechenmodell bringt man diese vielen Komponenten zusammen und simuliert (z.B. Monte-Carlo-Methode) wie sich ein System aus diesen (bekannten) Komponenten verhält und welche Wahrscheinlichkeiten (und andere Parameter) sich für das Gesamtsystem "im Mittel" ergeben.

Analysen funktionieren schon (wenn man es ordentlich anwendet) und sind sinnvoll.
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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #16 am: 30. Juli 2010, 08:30:38 »
Deine Zahlen zum Schub stimmen nicht so ganz.. Sind das vielleicht die Zahlen zum "alten" Merlin 1C? Die Falcon 1e und 9 (werden) verwenden ein Schubstärkeres mit geringfügig schlechterem spezifischen Impuls.
Auf Meereshöhe erzeugt ein Merlin 1C 556kN.

Ich bin nach den Daten des aktuellen Merlin 1C gegangen (ohne Turbopumpenupgrade), das einen Schub von 422 kN leisten soll. Aktuell fliegt die Falcon 9 mit diesem Triebwerk. Natürlich sollen bei der Falcon 9 Block 2 stärkere Merlin 1C zum Einsatz kommen, aber ob die wirklich den Schub liefern, den SpaceX erwartet, weiß aktuell noch keiner.

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #17 am: 30. Juli 2010, 08:35:53 »
Sojus muss man ja schon anders sehen: Fakt ist eine Quote von 2:126 = 1:63.

Nur kann man die Sojus-Raumschiffe aus den 60er und 70er Jahren nicht mit den aktuellen vergleichen.

Das ist richtig. Sojus hat zwar zwei tödliche Missionen ganz am Anfang gehabt, seit dem gab es aber keine Opfer mehr.

Allerdings gab es in der letzten Zeit doch einige durchaus erste Situationen, in denen nicht alles so glatt lief wie geplant und die durchaus auch ernster hätten ausgehen können. Daher würde ich Sojus aktuell auf ein LOC von 1:350 schätzen. Den Shuttle schätzte man zu Anfang auf 1:1000, allerdings nur das Managment. Die Ingeneure haben schon immer eine Sicherheit von unter 1:100 für warscheinlich gehalten.

Offline Hiegus

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Re: Falcon 9
« Antwort #18 am: 30. Juli 2010, 12:25:04 »
Zitat
Daher würde ich Sojus aktuell auf ein LOC von 1:350 schätzen. Den Shuttle schätzte man zu Anfang auf 1:1000, allerdings nur das Managment. Die Ingeneure haben schon immer eine Sicherheit von unter 1:100 für warscheinlich gehalten.

Wie kommst Du auf die Zahlen? Hast Du Quellen?

Wenn wir nur spekulieren, würde ich Sojus auf 1:1000 schätzen.... ich habe aber keine Quelle  :)
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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #19 am: 30. Juli 2010, 13:35:03 »
Zitat
Daher würde ich Sojus aktuell auf ein LOC von 1:350 schätzen. Den Shuttle schätzte man zu Anfang auf 1:1000, allerdings nur das Managment. Die Ingeneure haben schon immer eine Sicherheit von unter 1:100 für warscheinlich gehalten.

Wie kommst Du auf die Zahlen? Hast Du Quellen?

Wenn wir nur spekulieren, würde ich Sojus auf 1:1000 schätzen.... ich habe aber keine Quelle  :)

Ich glaube mal eine entsprechende NASA Angabe dazu gelesen zu haben, die das Risiko der Sojus auf ca 1:350 eingeschätzt hat (wo genau, weiß ich leider nicht mehr). Erschien mir durchaus realistisch. Es gab in der Vergangenheit außer den beiden Flügen mit Todesfolge auch weitere Vorfälle , wo es durchaus Opfer hätte geben können. Und schau dir die letzten Probleme an, die es mit den Sojus Kapseln bei der Landung gab. Auch da hätte durchaus mehr passieren können.

Sojus ist die sicherste Kapsel, die es aktuell gibt, aber bei Raumfahrt gibt es halt keine 100% Sicherheit. Gefahr gibt es immer.

Aus diesem Grund halte ich die 1:2000, die für Orion geplant waren, für nur sehr schwer erreichbar. Wenn schon die seit 40 Jahren bewährte Sojus nur auf geschätzte 1:350 kommt, wie will man dann Orion so weit absichern, das das Risiko, die Crew zu verlieren, auf 1:2000 sinkt?

Re: Falcon 9
« Antwort #20 am: 18. August 2010, 03:59:20 »
Deine Zahlen zum Schub stimmen nicht so ganz.. Sind das vielleicht die Zahlen zum "alten" Merlin 1C? Die Falcon 1e und 9 (werden) verwenden ein Schubstärkeres mit geringfügig schlechterem spezifischen Impuls.
Auf Meereshöhe erzeugt ein Merlin 1C 556kN.

Ich bin nach den Daten des aktuellen Merlin 1C gegangen (ohne Turbopumpenupgrade), das einen Schub von 422 kN leisten soll. Aktuell fliegt die Falcon 9 mit diesem Triebwerk. Natürlich sollen bei der Falcon 9 Block 2 stärkere Merlin 1C zum Einsatz kommen, aber ob die wirklich den Schub liefern, den SpaceX erwartet, weiß aktuell noch keiner.
Darf ich da nochmal fragen woher du das hast?
Soweit ich weiß kam beim Erstflug der Falcon 9 bereits die schubstärkere Version zum Einsatz.
Das "schwache" Merlin 1C hatte seinen letzten Einsatz bei der fünften Falcon 1 und wird auch in Zukunft nichtmehr eingesetzt werden, die Falcon 1e und Falcon 9 sollen beide die stärkere Version verwenden. Mit ner glaubwürdigen Quelle lass ich mich natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen.

Nur ne kleine Information am Rande:
In nem Presskit von 2009 wurde für einen LEO folgende Mindestgenauigkeit erwartet:
Perigäum und Apogäum jeweils +-10km und Inklination mit +-0,1° sowie das Argument des aufsteigenden Knotens mit +-0,15°.
Was die Genauigkeit angeht ist man zumindest vorsichtig, bei Nutzlastangaben nicht - oder die Nutzlast ist tatsächlich realistisch ;D.
42/13,37 ≈ Pi

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #21 am: 19. August 2010, 11:24:42 »
Die Daten hab ich wie schon geschrieben von der Leitenberger Webseite. Erschien mir auch realistisch, da man mit dem Treibwerksblock, der jetzt beim ersten Start der Falcon 9 geflogen ist, bereits seit 2008 getestet hat. Nach den Infos bei Leitenberger soll das Merlin mit Turbopumpenupgrade erst im Rahmen der Falcon 9 Block 2 zu Einsatz kommen.

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Offline spacer

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Re: Falcon 9
« Antwort #22 am: 22. August 2010, 17:24:16 »
Die Daten hab ich wie schon geschrieben von der Leitenberger Webseite. Erschien mir auch realistisch, da man mit dem Treibwerksblock, der jetzt beim ersten Start der Falcon 9 geflogen ist, bereits seit 2008 getestet hat. Nach den Infos bei Leitenberger soll das Merlin mit Turbopumpenupgrade erst im Rahmen der Falcon 9 Block 2 zu Einsatz kommen.
Auf die Leitenberger-Daten kannst du pfeifen.

klausd

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Re: Falcon 9
« Antwort #23 am: 22. August 2010, 19:36:26 »

Nana, so schlimm ist es nun auch nicht. Man sollte halt vorsichtig sein wie bei allen Drittquellen. Zumal er auch selten Quellen angibt.

Gruß, Klaus

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Offline MR

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Re: Falcon 9
« Antwort #24 am: 23. August 2010, 10:31:51 »
Auf die Leitenberger-Daten kannst du pfeifen.

Wenn du auf Daten Pfeifen kannst, dann auch die Daten, die direkt von SpaceX kommen. Ich bin schon mal gespannt, wie viel Nutzlast am Ende von den aktuell angegebenen 10 t der Falcon 9 übrigbleiben...