...Matt Taylor meinte vor kurzem sogar, dass mit dem Druck einer funktionierenden Kaltgasdüse auf das Landegestell sich dort Spannung aufgebaut hätte und der Lander zurück in einen Orbit gesprungen wäre.
Die Theorie, dass funktionierende Harpunen auch den Lander (ohne Kaltgas) zurück geschossen hätten, hört man auch noch.
Daneben ist weiterhin unklar, was jetzt eigentlich das Landegestell genau während der Landung gemacht hat (Spuren im Kometenstaub).
Daher meine Frage: Wird es einen (öffentlichen) Abschlussbericht (vielleicht auch Fehlerbericht) geben?
Uns wurde im MPS gesagt, dass der Mann für die Landertechnik erst seit 8 Monaten für diesen zuständig ist und die Aufklärung daher schwierig sei.
Ich hoffe nur, dass Frau Ragnit jetzt nichts abbekommt, weil sie als Letzte die Finger an dem Teil hatte
Hat sie sich wirklich getraut die Harpunen scharf zu stellen?
(s, Philae-Technik Thread #77)
Liebe Grüße und alles Gute
spacecat
Hallo spacecat ,
mal eins nach dem anderen:
- Rückfedern des Landegestells: das Landegestell verhält sich elastisch, dh es speichert einen Teil der kinetischen Energie beim Aufsetzen (und auch die Druckkraft der Düse) und versucht die anschliessend wieder abzugeben. Aber: diese Federwirkung ist bedämpft (durch den Dämpfungsmechanismus im Zentralgelenk), so dass ein Teil dieser Energie in (Brems-)Wärme umgesetzt wurde. Die verbleibende Energie reicht nicht aus, um wieder dem Schwerefeld von C-G zu entkommen. (Die zusätzliche Schubkraft der Düse hätte -wenn sie denn funktioniert hätte- den Dämpfungsmechanismus weiter eingefahren; der war ja noch nicht am Poller. Insofern ist der Kommentar von Matt Taylor etwas neben der Spur (wenn das Zitat korrekt ist)
- Rückstoß der Harpunen: die Harpunen werden vom ausströmenden Gas (aus dem Gasgenerator) durch eine Düse angetrieben - sowas ist SEHR rückstoßarm (deshalb können Soldaten ihre Rocket-Propelled Grenades auch überhaupt von der Schulter aus abfeuern). Ein Abstützen am Landegestell ist also dabei nicht notwendig. Nicht vergessen: die Massenträgheit des Landers ist auch auf C-G 100 kg - auch wenn die Massenanziehung nur wenigen Gramm entspricht.
- Rekonstruktion: Dynamik beim Landevorgang: auf den Post wurde bereits hingewiesen.
Abschlussbericht/Fehleruntersuchung: man sollte dabei den Kompetenz-Dschungel nicht unterschätzen: der Lander (Philae) ist kein
ESA-Gerät (wie der Orbiter), sondern formal ein PI-Instrument, aber nicht mit einem einzelnen PI, sondern zwei Lead Scientists (H. Böhnhardt/MPS und J.P.Bibring/IAS), die wiederum vom Lander Steering Committee kontrolliert werden...alles recht byzantinisch. Bis da ein von allen Seiten abgesegneter Bericht auf dem Tisch liegt, kann dauern...
Alle an der technischen Entwicklung der kritischen Subsysteme beteiligten Ingenieure und Techniker sind noch greifbar, wenn auch zT nicht mehr im aktiven Dienst.
Ja, Ulrike Ragnit hat in Kourou den Harpunen-Sicherheitsstecker vor dem Start gegen den Flug-Stecker ausgetauschr und wurde dabei von der
ESTEC-QA überwacht, das ist alles dokumentiert und doppelt und dreifach belegbar.
Gruss HHg