Energie für den Mond

Die USA und Russland planen jeweils für sich eine Rückkehr zum Mond. Dabei sollen auf unserem Begleiter dauerhafte Basen entstehen. Vor allem im amerikanischen Constellation-Programm werden momentan die stärksten Aktivitäten betrieben, um im nächsten Jahrzehnt auf den Mond zurückzukehren. Welche Herausforderungen sind für eine Mondbasis bei der Energieversorgung zu bewältigen? Welche Konzepte werden diskutiert?

Autor: Daniel Schiller. Vertont von Karl Urban.

Künstlerische Darstellung der aktuellen Konfiguration Orion-Altair über dem Mond.
(Bild: NASA)

Die Menschheit bereitet die ersten bemannten Basen auf dem Mond vor. Deren Versorgung von der Erde wird die Logistik vor neue und größere Herausforderungen stellen, als dies die ISS tut. Neben der Lieferung von Lebensmitteln, Verbrauchsmaterial und Ausrüstung stellt die sichere Versorgung mit Energie einen eigenen Aspekt einer Mondbasis dar. Anders als die ISS kann eine Mondbasis nicht durch Solarzellen allein versorgt werden. Es stellen sich ganz eigene Fragen.

Energiebedarf einer Mondbasis
Eine mit mehreren Astronauten bemannte Mondstation dürfte einen ähnlichen Energiebedarf wie die ISS aufweisen. Deren 4.500 m² großen Solarzellenareale werden im Endausbau ca. 110 kW elektrische Leistung als Spitzenwert erbringen. Je nach Ort einer Station auf der Mondoberfläche kann diese elektrische Leistung aber nicht allein durch Solarzellen bereitgestellt werden.

Ort einer Mondbasis
Für fast den gesamten Mond gilt, dass durch seine gebundene Rotation seine Oberfläche für die Hälfte eines Monats im Dunkeln liegt. Nur an den Polen ist es auf Bergen möglich, kontinuierlich Sonneneinstrahlung zu empfangen. Wie soll Energie dauerhaft erzeugt werden? Für eine Basis an den Polen wäre der ausschließliche Einsatz von Solarzellen denkbar. Diese Region müsste aber noch nach geeigneten Stellen untersucht werden. Außerdem dürfte es langfristig weitere Basen geben, welche sich nicht nur auf die Pole beschränken werden. Für alle anderen Orte müssen also neue Konzepte bei der Energieversorgung entwickelt werden.

Solarstrom und Batterien
Die erste offensichtliche Möglichkeit ist die Energiespeicherung. Durch Solarzellen erzeugter Strom könnte in Batterien gespeichert werden, um in den Wochen ohne Sonneneinstrahlung die Energieversorgung der Station sicherzustellen. Die Batterien müssten aber entsprechend dimensioniert werden, um ausreichend Energie für zwei Wochen aufnehmen zu können. Die Solarzellen müssten gleichzeitig so ausgelegt sein, dass sie sowohl den Stationsbetrieb als auch das Laden der Batterien sicherstellen können. Für die Batterien stellt sich dabei die Anforderung, dass sie während der dunklen Perioden beheizt werden müssten, um nicht an Kapazität zu verlieren oder beschädigt zu werden, was weiteren Energiebedarf bedeutet. Die benötigte Menge an Batterien stellt auch entsprechende Ansprüche an die Transportkapazitäten. Der Vorteil von Batterien ist, dass sie als Raumfahrtsystem an sich schon genutzt werden und Erfahrungswerte vorliegen.

Darstellung einer Kleinstsolarstation auf dem Mond mit Brennstofzelle zur Speicherung
(Bild: NASA)

Solarstrom und Brennstoffzellen
Eine andere Möglichkeit der Speicherung wäre ein geschlossenes System aus Brennstoffzellen und Tanks. Dabei würde der überschüssige Solarstrom in der Tagphase genutzt werden, um Wasser durch Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zu trennen. Diese würden getrennt gespeichert. Sobald die Solarzellen keinen Strom mehr lieferten, würden die Brennstoffzellen übernehmen und aus den beiden Bestandteilen wieder Wasser unter der Abgabe von elektrischer Energie erzeugen.

Brennstoffzellen dringen heute schon in immer weitere kommerzielle Bereich vor und bieten einen hohen Wirkungsgrad. Auch sie wurden schon in der Raumfahrt genutzt, z.B. bei Apollo und dem Space Shuttle. Neu wäre hier die Konstruktion eines geschlossenen Systems, welches keine Abfallprodukte aufwiese. Entwicklungen in diesem Bereich gibt es teilweise aus der Luftfahrt mit experimentellen Solarflugzeugen. Diese Erfahrungen scheinen dieser Brennstoffzellentechnologie einen vier- bis sechsfachen Gewichtsvorteil pro gespeicherter Energieeinheit gegenüber konventionellen Batterien zuzusprechen.

Nuklearstrom aus Radioisotopengeneratoren
Für Sondenmissionen ins äußere Sonnensystem werden in der Raumfahrt sogenannte Radioisotopengeneratoren verwendet. Diese nutzen die Zerfallswärme von radioaktiven Isotopen (meist Plutonium 238), um elektrischen Strom zu erzeugen. In einem Temperaturgefälle entsteht dabei eine elektrische Spannung. Der Vorteil dieser Technik ist die einfache Funktionsweise. Da es praktisch keine beweglichen Teile gibt, können RTGs verschleißfrei betrieben werden. Nachteilig ist, neben der Gefahr durch den radioaktiven und giftigen “Brennstoff”, der geringe Wirkungsgrad der direkten Wärme-Strom-Umwandlung, welcher nur bei ca. sieben Prozent liegt.

Um bei der Umwandlung der Zerfallswärme in elektrische Energie den Wirkungsgrad zu erhöhen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Viele davon bedingen aber die Nutzung anderer, stärkerer Strahler, welche sich schlechter oder nur durch mehr Aufwand (Masse) abschirmen lassen. Leistungsfähigere Strahler habe teilweise auch eine zu geringe Halbwertszeit, wodurch sie schnell an Leistung einbüßen.

Eine Möglichkeit, den Wirkungsgrad eines mit Plutonium betriebenen RTGs zu erhöhen, besteht darin, über die erzeugte Wärme eine effiziente Wärmekraftmaschine anzutreiben. Am besten geeignet erscheint dabei aus heutiger Sicht ein Sterlingmotor. Die freigesetzte Wärme wird genutzt, um dessen Arbeitsmedium in einem geschlossenen Kreislauf zu erwärmen. Dieses Medium treibt dann den Sterlingmotor an, welcher über einen Generator Strom erzeugt. Ein solches System könnte bis zu vier mal mehr elektrische Leistung aus der Zerfallswärme des Plutoniums erzeugen wie ein vergleichbarer RTG. Als Wirkungsgrad werden bis zu 23 Prozent erwartet. Erste operationelle Gehversuche mit diesem Konzept werden im Mars Science Laboratory, einem neuen Marsrover der NASA, gemacht, um diesen von der Sonnenenergie unabhängig zu machen und eine höhere Leistung zu erzielen.
Die Nutzung eines SRGs bietet also deutliche Vorteile. Diese Technik bringt aber auch den Nachteil einer dauerhaft betriebenen Mechanik mit sich, deren Robustheit und Wartungsfreundlichkeit sichergestellt werden müssen.

Nuklearstrom aus Reaktoren
Eine ebenfalls hohe Ausbeute und Gesamtleistung böte die Nutzung eines Kernreaktors, der mittels einer ablaufenden Kettenreaktion Wärme freisetzt, welche wiederum zur Erhitzung eines Arbeitsmediums und Antrieb eines Generators genutzt würde. Auch dieses System müsste in sich geschlossen ausgelegt sein, das Arbeitsmedium also ständig recyclen.

Erfahrungen mit solchen Kleinstreaktoren gibt es unter anderem aus Luftfahrtversuchen und aus atomar betriebenen U-Booten. Eine solch komplexe Maschine aber auf den Mond zu bringen und dort weitestgehend autonom zu betreiben, dürfte die größte Herausforderung sein. Die Ent- und Versorgung der Brennelemente dürfte ebenfalls nicht trivial sein.

Künstlerische Darstellung eines ersten Außenpostens der Menschheit auf dem Mond.
(Bild: NASA)

Vergleich der Systeme

Jedes der oben genannten Konzepte hat seine Vor- und Nachteile. Leistungsaspekte sprechen für nukleare Techniken. Logistik-, Risiko- und Komplexitätsaspkete favorisieren Lösungen mit Solarstrom. Im Vergleich ergibt sich aber noch ein Aspekt: Redundanz bzw. Sicherheit. Der Betrieb von Solarzellen in Kombination mit Batterien oder auch Brennstoffzellen zeichnet sich durch eine hohe Redundanz aus. Beim Aufbau ließen sich viele unabhängige Kleinstenergiestationen über eine größere Fläche verteilen. Sollte eine von ihnen ausfallen, sei es durch Abnutzung, Treffer eines Mikrometeoriten oder Abschaltung zur Wartung, dann können die verbleibenden Versorgungsstationen weiter betrieben werden, so dass sich im Gesamtnetz fast keine Auswirkungen ergeben.

Setzt man hingegen auf einige wenige aber sehr leistungsfähige nukleare Anlagen, dann ist Redundanz nur noch teilweise (RTGs, SRGs) oder auch gar nicht mehr gegeben (Kernreaktor). Fällt eines dieser Systeme aus, sind die Folgen ungleich größer als bei einem weit dislozierten System aus kleinen Baugruppen.

Welches der Konzepte sich letztlich durchsetzen wird, werden die nächsten zehn Jahre zeigen. Wahrscheinlich werden die Konzepte und Systeme auch mit der “Kolonie” der Menschheit auf dem Mond mitwachsen. Wenn eine Basis eine gewisse Größe überschreitet, werden immer höhere Leistungen benötigt. Gleichzeitig wird die Infrastruktur auf dem Mond mitwachsen. Dann kann der Zeitpunkt kommen, dass von dem einen System auf ein anderes, vorher unvorteilhaftes, umgeschwenkt wird.

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