Kontaktverlust zu MAVEN und alternde Orbiter am Mars

Am 6. Dezember 2025 verlor die NASA den Kontakt zu ihrem Marsorbiter MAVEN. Sollte kein Kontakt mehr herstellbar sein, würde das die Datentransfermöglichkeiten von und zum Mars einschränken. Die Flotte der um den Mars kreisenden Orbiter kommt jedoch prinzipiell bereits stark in die Jahre. Wie hoch ist der Handlungsbedarf? Um einen Einblick zu erhalten muß etwas ausgeholt werden.
Ein Portalbeitrag des Raumfahrer.net Redakteurs James.

Quelle: ESA, NASA, Caltech, Wikipedia

Die Erkenntnisse der berühmten Viking-Sonden, die im Jahr 1976 am Mars gelandet waren, waren nicht angetan Euphorie zu entfachen, und so dauerte es lange bis nach diesen der Mars wieder in den Fokus der Forschung gelangte. Im Rahmen des Planetary Observer Programms der NASA, einem Programm mit welchem nach den teuren Viking Missionen mit günstigeren Sonden die Planetenforschung wieder aufgenommen werden sollte, wurde 1992 Mars Observer gestartet. Jedoch wurde zu diesem schon 3 Tage vor Erreichen eines Marsorbits der Kontakt verloren, und das gesamte Programm fand damit ebenfalls gleich sein Ende.
1993 wurde das Mars Exploration Programm der NASA initiiert, ein weit in die Zukunft gerichtetes Programm zur Erforschung des Mars. Die Zielsetzungen waren weitreichend:

  • Gibt oder gab es jemals Leben auf dem Mars.
  • Wie läßt sich das Klima am Mars charakterisieren.
  • Welche Geologie herrscht am Mars vor.
  • Wie ist eine menschliche Präsenz am Mars möglich.

Dies alles sollten die zukünftigen Sonden, die man Richtung Mars senden wollte, klären. Die Programme wechselten in der Zukunft, die Zielsetzung im Grunde nicht.

Mars Global Surveyor (MGS)

Darstellung von NASAs Mars Global Surveyor
Credit: NASA

MGS markierte somit die Wiederaufnhame der Erforschung des Mars durch die NASA. Am 7. November 1996 stand eine Delta II am LC-17A des Capes und hievte MGS mit einer Startmasse von 1062kg in Richtung Mars. Als Erstes sah man es als erforderlich an den Mars zu kartieren. Dazu verfügte MGS über einige Instrumente, darunter auch eine Kamera und ein Laseraltimeter. Denn das Programm sah ja auch Lander und Rover vor, und um geeignete Landestellen festlegen zu können, mußte man den Mars etwas besser kennen. Und damit ergab sich eine weitere Anforderung an MGS. Die Oberflächeneinheiten würden aufgrund von Massenbudgets, Stromversorgung und Orbitalmechanik niemals in der Lage sein die anfallenden Datenmengen Richtung Erde zu schicken. Die Orbiter konnte man jedoch mit ausreichenden Sendeanlagen versehen, so daß nur der kurze Datenverkehr von der Oberfläche in den Orbit verblieb, welcher von leichten, trotzdem breitbandigen, aber energiesparsameren Funkeinrichtungen bewerksteligt werden konnte.
Auch MGS war damit von Beginn an als Relaisstation im Marsorbit ausgelegt. Eine 1,5m durchmessende Hochgewinnantenne (HGA) stellte mit nur 25 Watt Sendeleistung im X-Band bei 8,4GHz den Datenverkehr mit der Erde her. Die Datenrate ändert sich dabei natürlich mit dem Abstand von Erde und Mars und konnten bei kurzer Entfernung 85,3 kbit/s erreichen. Zur Sicherheit war auch eine Niedriggewinnantenne vorhanden. Die Mars Relais Antenne stellte im UHF-Band bei 437.1MHz die Verbindung Richtung Marsoberfläche her. Nur einen Monat nach MGS wurde die Mars Pathfinder Mission gestartet, mit dem der Rover Sojourner auf den Mars gebracht wurde. Da wurden diese Fähigkeiten von MGS bereits benötigt.
Am 2. November 2006 wurde der Kontakt zu MGS verloren. Anhand eines schwachen Signales konnte festgestellt werden, dass sich die Sonde im sogenannten „safe mode“ befindet. Da durch einen Irrtum beide Kopien der Bordsoftware fehlerhaft waren, war der Orbiter verloren.
MGS steht nicht mehr zur Verfügung.

Mars Climate Orbiter (MCO)

Mars Climate Orbiter über dem Mars (künstlerische Darstellung)
Credit: Wikipedia

Absolut jedes Programm der NASA hat mit den selben Problemen zu kämpfen. Mit Budgetüberschreitungen oder Kürzungen von Budgets. Unter der Prämisse „cheaper, better, faster“ wurde diese, sowie auch die Mission Mars Polar Lander (MPL), durchgeführt. Ob sie „schneller“ oder „billiger“ waren sei dahingestellt. „Besser“ waren sie allerdings nicht. Mit 638kg Startmasse war sie auch „leichter“, ganz im Sinne der Prämisse. MCO hatte auch über eine 1,3m durchmessende HGA für das X-Band und über eine UHF Funkeinrichtung zur Bodenkommunikation verfügt.
Am 11. Dezember 1998, nur gut 2 Jahre nach MGS, wurde MCO gestartet. Die Flugbahn, in die MCO nach der Ankunft am Mars kommandiert wurde, war jedoch zu tief über der Oberfläche. Das konnte die Sonde nicht überstehen. Als Ursache konnte festgestellt werden, das Lockheed Martin imperiale Einheiten statt der von der NASA geforderten SI Einheiten verwendete, und die Diskrepanz und Missinterpretation der Zahlenwerte führten zu der fehlerhaften Kursänderung.
Der Verlust von Mars Polar Lander wurde übrigens nie endgültig geklärt. Als warscheinlichste Ursache nahm man an, dass durch ein Softwareproblem die Landetriebwerke bereits in einer Höhe von ca. 40m deaktiviert wurden und MPL zerschellte.
Durch die beiden Misserfolge zerschellte aber auch der „cheaper, better, faster“ Ansatz gleich mit.
MCO stand also nie zur Verfügung.

2001 Mars Odyssey (MO)

Künstlerische Darstellung von 2001 Mars Odyssey
Credit: NASA/JPL

Bereits am 7. April 2001, also keine zweieinhalb Jahre nach MCO, startete die NASA ihren nächsten Orbiter. Die Startmasse von MO betrug 758kg. Ein Schwerpunkt der Aufgaben von MO war die Suche nach Wassereis und die globale Kartierung von Mineralien am Mars. Zu diesem Zweck hat sie unter anderem eine Multispektralkamera, einen Strahlungsdetektor und ein Gammastrahlenspektrometer an Bord. Wassereis konnte übrigens klar nachgewiesen werden. 2012 mußte eines der Reaktionsräder abgeschaltet, und durch ein Reserverad ersetzt werden. Das Partikelspektrometer ist bereits seit 2003 inaktiv.
Eine sehr wichtige Aufgabe fiel MO aber auch mit der Weiterleitung der Daten der beiden Marsrover Spirit und Opportunity zu.
Die ebenfalls 1,3m durchmessende HGA sendet wiederum im X-Band bei 8,4 GHz, mit der simultan Daten empfangen und gesendet werden können. Es stehen weiters eine Mittelgewinn- und eine Niedriggewinnantenne zur Verfügung. Zur Kommunikation mit den Bodeneinheiten wird wiederum ein UHF System benutzt.
2015 wurde der noch verfügbare Treibstoffvorrat auf MO als ausreichend für einen Betrieb bis ins Jahr 2025 bewertet. Vielleicht konnte noch sparsamer mit diesem umgegangen werden, das Problem bleibt allerdings daß wir schon bald im Jahr 2026 stehen.
MO ist nach wie vor im Einsatz, steht zur Verfügung, ist jedoch nicht nur der bisher langlebigste Orbiter am Mars, sondern damit auch der Älteste, womit er in weiteren Planungen nur sehr vorsichtig eingesetzt werden kann.

Mars Express (MEx)

Mars Express
Credit: Spacecraft image credit: ESA/ATG medialab; Mars: ESA/DLR/FU Berlin
Licence: CC BY-SA 3.0 IGO or ESA Standard Licence

Nun wurde auch die ESA aktiv. MEx wurde am 25. Dezember 2003 bei einer Startmasse von 1120kg von einer Sojus-FG/Fregat von Baikonur aus gestartet. An Board befand sich auch der Lander Beagle 2. Die Aufgaben solcher Orbiter sind immer vielfältig.
Die MARSIS-Antennen sollten bis in eine Tiefe von 5 Kilometer unter der Oberfläche nach Wasser suchen. Die hochauflösende HRSC Stereokamera kann den Mars mit einer Auflösung bis zu 10m kartografieren; mit der Optik des Super Resolution Channel bis zu 2m, was aber recht problematisch ist. Weitere Instrumente sind vorhanden um Atmosphäre und Mineralogie des Mars zu untersuchen.
Zur Kommunikation mit der Erde verfügt MEx über eine 1,6m durchmessende HGA mit der im S-Band (2.1 GHz) und im X-Band (8,4GHz) gesendet werden kann. Zur Sicherheit ist auch eine Niedriggewinnantenne vorhanden.
Um mit Beagle 2, und zukünfigen Bodeneinheiten kommunizieren zu können verfügt MEx über die Melacom UHF Sendeeinrichtung. Aber auch zu und von Bodeneinheiten der NASA, wie dem Rover Curiosity, können damit Daten transferiert werden. Beagle 2 konnte übrigens gelandet werden, „gemeldet“ hat er sich nie. Der Mars Reconnaissance Orbiter der NASA konnte ihn später lokalisieren und feststellen daß sich eines der Solarpanele nicht geöffnet hatte.

Mars Reconnaissance Orbiter (MRO)

Der MRO in einem Marsorbit (künstlerische Darstellung)
Credit: Wikipedia

Mit MRO plante die NASA wieder größer und leistungsfähiger. Am 12. August 2005, also bereits gut 4 Jahre nach MO, stemmte eine Atlas 5 die 2180kg von MRO vom SLC-41 der Cape Canaveral Air Force Station (CCAFS) nach oben.
Glanzstück des MRO ist wohl sein „High Resolution Imaging Science Experiment“, die HiRISE Camera die Auflösungen der Marsoberfläche bis zu 0,3m pro Pixel ermöglicht. Natürlich verfügt er aber über ein ganzes Bündel an Sensorik, z. B. um Mineralien, wie etwa Hämatit, zu lokalisieren, Staub und Wasserdampf in der Atmophäre zu untersuchen, Wasservorkommen zu lokalisieren und einiges mehr.
Der Datenmenge die durch die umfangreiche wissenschaftliche Tätigkeit anfällt, und jener die von Bodeneinheiten weiterzuleiten ist, mußte auch Rechnung getragen werden. MRO verfügt über eine 3m durchmessende HGA um im X-Band mit bis 100W Sendeleistung Daten mit 500kBit/s bis 4 Mbit/s zu transferieren. Auch das Ka Band bei 32 GHz für noch höhere Datenraten wurde erprobt, wird aber nicht mehr weiter genutzt, um es im Falle eines Ausfalles des X-Band Senders, der nicht mehr auf den Reserveverstärker umschalten kann, zur Verfügung zu stehen. Niedriggewinnantennen für Notfälle sind auch vorhanden. Die UHF Verbindung zu den Bodeneinheiten wurde weiterentwickelt und in das Electra Proximity Link Payload Package, das System das die Funkeinrichtungen koordiniert, integriert. Datenraten von 1Mbit/s zu den Bodeneinheiten können erzielt werden.
Mit seinen hohen Datenübertragungsmöglichkeiten ist MRO als Relaisstation unverzichtbar.

Mars Atmosphere and Volatile Evolution (MAVEN)

MAVEN (künstlerische Darstellung)
Credit: NASA/GSFC

Diesmal dauerte es etwas länger bis zur nächsten großen Mars Mission. Am 18 November 2013, diesmal also gut 8 Jahre nach MRO, hob der 2454 kg schwere Orbiter wiederum auf einer Atlas 5 vom SLC-41 der CCAFS ab. Forschungsziel von MAVEN ist heraus zu finden, warum und wie Mars seine Atmophäre an das Weltall verloren hat und die Entwicklung des marsianischen Klimas. Dafür sind eine Reihe von Instrumenten vorhanden. Die HGA hat 2 m Durchmesser, gesendet wird wieder im X-Band. Das Electra Package ist für die Datenkoordination zuständig, der UHF-Link Richtung Mars schafft bis zu 2 MBit/s.
Zwischen 19. und 28. November 2014 befand sich MAVEN im „Safe Mode“. Grund waren Synchronisationsproblem zwischen zwei Rechnern an Bord.
Im Jahr 2019 wurde der elliptische Orbit von MAVEN abgesenkt, um öfter und besser mit den Rovern am Mars in Kontakt treten zu können. MAVEN ist also sowohl als Wissenschaftsmission als auch als Relaisstation von Bedeutung.
Auch am 22. Februar 2022 versetzte sich MAVEN in den Safe Mode. Die Trägheitsnavigationseinheiten lieferten keine verwertbaren Daten mehr. Zur Behebung wurden nur noch Daten der Sternsensoren zur Lagebestimmung genutzt. Mit 28. Mai 2022 konnte MAVEN den Betrieb wieder aufnehmen.
Nun vermeldete die NASA das von MAVEN, nach der Funkstille beim Umrunden der abgewandten Seite des Mars, kein Signal mehr empfangen wird. Am 6. Dezember hätte ein Signal empfangen werden müssen. Die Telemetrie von MAVEN hatte gezeigt, dass alle Subsysteme normal arbeiteten, bevor MAVEN in den Funkschatten des Mars eingetreten ist. Die Operationsteams untersuchen den Vorfall.

Die Frage ist nun, ob die NASA tatsächlich über „kein“ Signal, oder über keine regulären Signale sondern nur über Signale welche der Safe Mode sendet, verfügt. Auch im Safe Mode kann die Sonde über die HGA Statusdaten versenden, bzw. Kommandos erhalten. Sollte die HGA nicht verfügbar sein, so müssten über eine Niedrigewinnantenne zumindest schwache Lebenszeichen der Sonde empfangbar sein. Auch dann besteht Hoffnung. Ohne jeglichen Kontakt zur Sonde wäre diese auf alle Fälle verloren.
Nicht von der Hand weisen kann man jedoch die Tatsache, das die NASA seit nunmehr 12 Jahren keine Erneuerung der Orbiterinfrastruktur am Mars durchführt. Auch wenn der Treibstoff anscheinend noch über das Jahr 2030 reicht, so ist es trotzdem so, dass die Orbiterflotte altert. Raumfahrzeuge altern auch durch äußere Einflüsse wie Strahlung oder hohe Temperaturschwankungen, was irgendwann zu Ausfällen führen kann.
Außerdem müßten, selbst wenn man Anfang der 30-er Jahre einen neuen Orbiter Richtung Mars schicken wollte, wegen der langen Projektlaufzeiten, bereits Maßnahmen eingeleitet worden sein. Das scheint aber nicht der Fall zu sein.
Sollte MAVEN nicht mehr aktivierbar sein, so fällt der neueste der alten Orbiter der NASA aus, und ein nicht unerheblicher Teil des Datentransfervermögens für die auf dem Mars stationierten Rover entfällt damit. Auf der NASA-Seite verbleibt im wesentlichen nur noch der noch ältere MRO.
Zukünftig wird ja vom größten Startservieprovider der USA beabsichtigt eigene Raumfahrzeuge, in der Folge sogar in bemannter Form, zum Mars zu schicken. Auch da wird man sich fragen müssen, inwieweit man sich da noch auf die bestehenden Orbiter stützen kann.

Ein Orbiter ist jedoch noch unerwähnt, da er erst nach MAVEN zum Mars aufgebrochen ist:
ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO)

ExoMars Trace Gas Orbiter
Credit: ESA–D. Ducros, Licence: ESA Standard Licence

TGO ist ein Mars Orbiter der ESA. Am 14. März 2016 wurde TGO mit einer Proton-M/Briz-M von Baikonur Richtung Mars gestartet. Es war ein Schwergewicht mit 4,332 kg Masse. Darin enthalten war jedoch auch das Landeexperiment Schiaparelli mit 577 kg.
Die Landung von Schiaparelli ist im übrigen nicht geglückt, zumindest nicht in einem Stück.
Die Aufgabe von TGO war die Untersuchung der Atmosphäre des Mars, insbesondere das Aufspüren von Spurengasen wie Methan, da man dieses auch als Biomarker in Betracht zieht. Weiters sollte TGO auch als Relaisstation für den Rosalind Franklin Rover dienen. Der befindet sich weiter auf der Erde und der Einsatz erscheint ungewiss. Die HGA von TGO misst 2,2m und wird im X-Band mit 65 W betrieben. Richtung Mars wird wiederum per UHF gesendet. Sehr sinnvollerweise steuerte die NASA das Electra Package bei. Dies erleichert nun die Interoperabilität mit den am Mars befindlichen NASA Rovern.
Auch der ESA Orbiter TGO ist also als Relaisstation für die NASA Marsrover nutzbar. Zu Bedenken: auch TGO wird bald 10 Jahre alt.

Nur als Ergänzung: Die kürzlich gestarteten EscaPADE Sonden, welche auch für den Marsorbit bestimmt sind, können keinerlei Relaisfunktionen übernehmen.

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