Proton-Fehlstart mit drei Navigationssatelliten

Um 4.38 Uhr MESZ am 2. Juli 2013 hob die von Chrunitschew in Russland gebaute Proton-M-Trägerrakete mit einer DM-03-Oberstufe von Energia und drei Satelliten für das russische Navigationssystem GloNaSS an Bord ab. Wegen einer Fehlfunktion war ihr Flug nach rund 30 Sekunden bereits beendet, als die Rakete rund 4 Kilometer von ihrer Startstelle in Baikonur entfernt auf dem Boden aufschlug.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Chrunitschew, ILS, RIAN, Roskosmos. Vertont von Peter Rittinger.

Roskosmos
Explosion nach dem Aufschlag der Rakete
(Bild: Roskosmos)

Weil Oxidator, Distickstofftretoxid (N2O4), und Brennstoff, unsymmetrisches Dimethlyhydrazin (UDMH), welche sich an Bord der Rakete befunden hatten, giftige Substanzen sind, wurden Anwohner von Siedlungen im Bereich des Unfalls angewiesen, Türen und Fenster verschlossen zu halten und Gebäude nicht zu verlassen. Nach bisherigen Angaben aus Russland kamen bei dem Fehlstart keine Personen zu schaden. An der Startanlage 81/24, von der die Rakete abgehoben hatte, entstanden keine Schäden, an einer anderen Startanlage (200/39), in deren Nähe die Rakete niederging, nach aktuellem Stand ebenfalls nicht.
Noch vor dem Einschlag im Steppenboden hatte die Rakete begonnen, unter der ungeplanten Belastung auseinander zu brechen. Videoaufzeichnungen zeigen, wie die Orbitaleinheit aus Oberstufe und Nutzlastspitze abknickt, und um den zentralen Oxidatortank angebrachte Treibstofftanks von der ersten Raketenstufe wegbrechen.

Tsenki
GloNaSS-M-Satellit – Illustration
(Bild: Tsenki)

An der Spitze der Rakete befanden sich unter der Nutzlastverkleidung drei Navigationssatelliten vom Typ GloNaSS-M. Die Satelliten des Block 47 trugen die Seriennummern 48, 49 und 50. Sie waren als Ergänzung und Verstärkung des russischen Satellitennavigationssystems GloNaSS gedacht, dessen Ausbau seit Jahren nicht vorankommt.

Was als Ursache für den Fehlstart angenommen werden muss, wurde von offizieller Seite bisher nicht bekannt gegeben. Offensichtlich ist, dass die Rakete wenige Sekunden nach dem Abheben völlig ihre Fähigkeit verliert, der eigentlich vorgesehenen Flugbahn zu folgen. Ob eines oder mehrere der sechs Triebwerke vom Typ RD-276 nicht funktionierten wie geplant, ob bei der Treibstoffversorgung der Triebwerke Schwierigkeiten auftraten, ob es Probleme beim Schwenken oder Drosseln der Triebwerke gab oder die Flugsteuerung falsche Kommandos sendete, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Zur Unfalluntersuchung hat die russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos eine Kommission eingesetzt, deren erste Aufgabe es ist, die Aufzeichnungen der Telemetriedaten vom Start zu untersuchen. Der Vermarkter von Proton-Starts für Kunden aus aller Welt International Lauch Services (ILS) hat angekündigt, eine eigene Arbeitsgruppe die Ergebnisse der Kommission von Roskosmos überprüfen zu lassen.

Der eigentlich für den 20. Juli 2013 vorgesehene Start des Kommunikationssatelliten Astra 2E wird sehr wahrscheinlich nicht an diesem Termin erfolgen können. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti meldete bereits wenige Stunden nach dem Fehlstart, dass in den nächsten zwei bis drei Monaten keine Starts mit Proton-Raketen stattfinden werden.

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