Das Dynamic Albedo of Neutrons

Bei dem DAN-Instrument handelt es sich um einen Neutronendetektor, welcher die Verteilung von im Marsboden befindlichen Wassereisablagerungen und wasserstoffhaltigen Mineralen bis zu einer Tiefe von etwa einem Meter ermitteln soll.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter

Die Position des DAN-PNG ist auf dieser Aufnahme, welche den Rover in einem Reinraum des JPL zeigt, markiert. Das DAN-DE-Modul befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Mittels seines “Dynamic Albedo of Neutrons”-Instruments (kurz “DAN”) soll der Marsrover Curiosity die Menge und die Verteilung von im Marsboden befindlichen Wassereisablagerungen und wasserstoffhaltigen Mineralen ermitteln. Hierfür wird die Oberfläche des Planeten zuerst mit Neutronen “beschossen” und anschließend das energetische Profil der von der Oberfläche zurückgestreuten Teilchen vermessen. Das knapp fünf Kilogramm schwere Instrument setzt sich im wesentlichen aus zwei Komponenten zusammen: An der rechten Seite der “Warm Electronics Box” (kurz “WEB”) – der zentralen Struktur des Rovers – befindet sich in deren Heckbereich das so genannte “Pulsing Neutron Generator”-Modul (kurz “DAN-PNG”), welches im Rahmen einer erfolgenden Messung Neutronen abstrahlt. Das DAN-PGN verfügt über eine Abmessung von 125 x 45 x 338 Millimetern, wiegt 2,58 Kilogramm und benötigt im Betriebsmodus eine elektrische Leistung von bis zu 13 Watt.

Auf der gegenüberliegenden Seite der WEB – der “Backbordseite” des Rovers – befindet sich das “Detectors and Electronics”-Modul (kurz “DAN-DE”), welches die Steuerelektronik und die Sensoren des DAN-Instrumentes beinhaltet. Das DAN-DE verfügt über eine Abmessung von 204 x 61 x 212 Millimetern, wiegt 2,10 Kilogramm und benötigt eine elektrische Leistung von bis zu 4,5 Watt.

Beide Module sind in einer Höhe von etwa 80 Zenitmetern über der Planetenoberfläche platziert. Zur Aufrechterhaltung einer optimalen Betriebstemperatur – diese liegt im Bereich zwischen minus 40 Grad Celsius bis hin zu maximal plus 50 Grad Celsius – sind die beiden Module einschließlich der dazugehörigen elektrischen Schnittstellen und der Datenschnittstellen mit einer speziellen Isolierung umgeben.

Die Neutronenquelle des DAN-PNG ist eine Vakuumröhre, welche als eine Art kompakter Ionenbeschleuniger fungiert. Durch die Anlegung einer Beschleunigungsspannung werden Deuteriumionen auf einen mit Tritium gefüllten Glaszylinder gelenkt, wodurch Neutronen freigesetzt werden. Im Rahmen einer Messung sendet das DAN-PNG pro Sekunde 10 Pulse mit einer Dauer von jeweils einer Mikrosekunde aus. Bei jedem der Pulse werden 10 Millionen Neutronen mit einer Energie von jeweils 14 Mega-Elektronenvolt in Richtung Marsoberfläche abgestrahlt. Diese Neutronen kollidieren in der obersten Schicht des Bodens mit hoher Geschwindigkeit mit den dort befindlichen Atomkernen der verschiedenen chemischen Elemente und werden dabei auf eine charakteristische Art und Weise abgebremst und anschließend reflektiert. Dieser Vorgang ist in etwa vergleichbar mit der Kollision zweier Billardkugeln. Bei der Kollision mit den Protonen in Wasserstoffatom-Kernen werden die Neutronen sehr stark verlangsamt und deshalb als “thermische Neutronen” bezeichnet. Bei Kollisionen mit anderen Atomkernen erfolgt dagegen eine geringere Verlangsamung (epithermische Neutronen).

Das Flugmodell des DAN-DE. Auf der linken Seite sind dessen beiden Sensoren erkennbar.
(Bild: IKI (Laboratory for Space Gamma Spectroscopy))

Die von der Marsoberfläche zurückgeworfenen Neutronen werden anschließend von zwei Sensoren vermessen, welche im DAN-DE-Modul untergebracht sind. Beide Sensoren – bezeichnet als “Counter of Thermal Neutrons” (“CTN”) und “Counter of Epithermal Neutrons” (“CETN”) – weisen eine Messgrenze von einem Elektonenvolt auf und registrieren die so genannte Neutronen-Albedo. Je mehr Wasserstoff in den chemischen Verbindungen in der obersten Schicht der Marsoberfläche enthalten ist – egal ob in Form von mehr oder weniger reinem Wassereis oder in Form von wasserhaltigen Mineralen – desto mehr thermische Neutronen registrieren die Sensoren im Vergleich zu der Anzahl der gemessenen epithermischen Neutronen. Durch die gesammelten Daten ergibt sich ein dreidimensionales Bild des Untergrundes, welches auf einer Fläche von fast einem Meter Durchmesser und bis in eine Tiefe zwischen 50 bis maximal 100 Zentimeter die Verteilung von Wasserstoff anzeigt. Durch die Auswertung der Messdaten können die an dem Instrument beteiligte Wissenschaftler somit Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung des untersuchten Untergrundes ziehen.

Für den Betrieb des DAN auf der Marsoberfläche sind mehrere Modi denkbar. Zum einen kann das Instrument während einer erfolgenden Fahrt Messungen durchführen, wobei die Fahrt nach jeweils einen Meter für die Dauer von mehreren Minuten für die DAN-Messungen unterbrochen werden soll. Durch solche Messungen ergibt sich ein durchgehendes Profil des Marsuntergrundes entlang der gefahrenen Strecke. Oder aber das Instrument nutzt einen längeren Halt des Rovers für eine entsprechend längere und somit auch genauere Messung aus. In beiden Fällen wird das DAN nach signifikanten Veränderungen in der Zusammensetzung des Bodens suchen. Sobald diese erkannt sind, kann der betreffende Bereich der Oberfläche gegebenenfalls mit den anderen wissenschaftlichen Instrumenten des Marsrovers Curiosity eingehender untersucht werden.

Das DAN wird in der Lage sein, den Wassergehalt im obersten Bereich des Marsbodens bei einer zweiminütigen Messung mit einer Genauigkeit von etwa einem Prozent zu bestimmen. Bei einer Messung über 30 Minuten liegt die Messgenauigkeit dagegen bereits bei 0,1 bis 0,3 Prozent, wobei die vertikale Konzentration der Wasserstoffatome mit einer Genauigkeit von bis zu 10 Zentimetern bestimmt werden kann.

Da es nach der Meinung der Planetenforscher eher unwahrscheinlich ist, dass sich im Inneren des Gale-Kraters – dem Operationsgebiet des Rovers – signifikante Wassereiskonzentrationen unmittelbar unterhalb der Oberfläche befinden, wird das DAN in erster Linie Wassermoleküle nachweisen, welche in so genannten hydratisierten Mineralen gebunden sind. Bei diesen Mineralen, etwa Schichtsilikaten und Tonmineralen, ist ein gewisser Anteil der darin enthaltenen Sauerstoffatome eine Bindung mit Wasserstoffatomen eingegangen, weshalb die Minerale einen größeren Anteil an Wassermolekülen in ihrer Kristallstruktur aufweisen.

Das DAN-PNG-Modul ist dazu ausgelegt, im Verlauf der auf vorerst knapp 24 Monate ausgelegten Curiosity-Mission – dies entspricht einem Marsjahr – bis zu 10 Millionen Pulse auszusenden.

Das Flugmodell des DAN-PNG.
(Bild: IKI (Laboratory for Space Gamma Spectroscopy))

“DAN gibt uns die Möglichkeit, wasserhaltige Minerale und Wassereisablagerungen unmittelbar unter der Marsoberfläche nachzuweisen”, so John Grotzinger vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, der leitende Projektwissenschaftler der Curiosity-Mission. “Dies liefert uns wichtige Hinweise auf die geologischen Variationen zwischen der direkten Marsoberfläche und dem unmittelbarem Untergrund. Keines der anderen Instrumente des Rovers ist dazu in der Lage. Außerdem liefert DAN mit dem Nachweis von eventuell im Marsuntergrund vorhandenem Wasser wichtige Erkenntnisse bezüglich der Habitabilität der untersuchten Region.”

Das vom DAN-Instrument angewandte Verfahren zur Suche nach wasserstoffhaltigen chemischen Verbindungen wird bereits seit vielen Jahren auch auf der Erde angewandt und kommt zum Beispiel bei der Suche nach bisher nicht entdeckten Erdöllagerstätten zum Einsatz. In der Planetenforschung wurde es in einer modifizierten Form bereits bei mehreren Orbitermissionen eingesetzt, welche den Erdmond und den Mars erkundeten. Das DAN des Marsrovers Curiosity wird jedoch das erste Instrument dieser Art sein, welches direkt auf der Oberfläche eines anderen Planeten zum Einsatz kommt.

Das DAN-Instrument stellt einen Beitrag der Raumfahrtbehörde Roskosmos der Russischen Förderation an der Curiosity-Mission der NASA dar. Entwickelt und gebaut wurde das Instrument unter der Leitung des Instituts für Weltraumforschung (IKI) der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau. Der für den Betrieb und die Datenauswertung hauptverantwortliche Wissenschaftler ist Dr. Igor Mitrofanov vom IKI.

Diskussion zu diesem Artikel

Verwandte Webseiten

Nach oben scrollen