Der Ionenantrieb

Der Ionenantrieb ist dem chemischen Antrieb nicht komplett ungleich. Auch hier wird ein ausgestoßener Strahl zur Fortbewegung genutzt: In diesem Fall ein Ionenstrahl.

Autor: Martin Ollrom und Felix Korsch und Gero Schmidt

Diese Antriebe werden seit längerer Zeit in Raumsonden zur Lageregelung eingesetzt, aber erst seit 1998 als Primärantrieb. Damals startete Deep Space 1 als die erste mit Ionenantrieb ausgestattete Raumsonde. Die Mission war ein voller Erfolg. Jedoch befinden sich viele Konzepte dieser noch recht jungen Technologie in Entwicklung. Europa zog im Jahre 2003 nach und stattete die Mondsonde SMART–1 mit einem Ionenantrieb aus.

Der Aufbau eines Ionentriebwerkes
(Bild: NASA)

Der Ionenstrahl besteht aus einem leicht ionisierbaren Gas. Hier sind zum Beispiel Ammoniak und Xenon geeignet. Das Gas wird beschleunigt und ausgestoßen. Dabei wird das Gas zunächst ionisiert. Dies geschieht meist durch ein “Elektronen-Bombardement” oder mittels Berührung einer heißen Metalloberfläche. Das ionisierte Gas kann dann in einem elktrischen Feld beschleunigt werden (zwischen 30 und 200 Kilometer pro Sekunde). Die thermische Barriere der Ausstoßgeschwindigkeit der Partikel kann hier um das Vielfache überschritten werden, während sie beim chemischen Antrieb bereits erreicht ist. Die zur Ionisierung nötige Energie muss von Solarzellen oder von einem Kernreaktor zugeführt werden. Jedoch ist der Kernreaktor eine umstrittene Energiequelle, vor allem dann, wenn die Raumsonde, die ihn verwendet, einige Swing-By Manöver an der Erde vornehmen soll. Solarzellen oder sonstige Energiequellen wiegen meist mehr als der Antrieb selbst. Die Effektivität des Ionenantriebes hängt also zum großen Teil von der benutzten Energiequelle ab.

Umsetzung
Man unterscheidet beim Ionenantrieb zwischen sechs Arten:

  • Elektrostatische Antriebe: Als Treibstoff wird hier ein Gas verwendet, das ein hohes Molekulargewicht hat, leicht verdampfbar und leicht ionisierbar ist. Alkalielemente wie Cäsium und Rubidium, Edelgase wie Xenon, Krypton sowie Quecksilber erfüllen diese Eigenschaften. Hier ist Xenon der absolute Favorit, weil es bereits gasförmig vorliegt. Das ionisierte Gas wird hier in einem elektrischen Feld beschleunigt. Hier wird ein Wirkungsgrad von 75 Prozent erreicht oder eine maximale Auströmungs-Geschwindigkeit von 40.000 Metern pro Sekunde.
  • Elektrothermische Antriebe: Dieser Antrieb ist dem chemischen Antrieb am nächsten verwandt. Es findet keine Verbrennung statt, sondern der Brennstoff wird über einen Lichtbogen auf bis zu 20.000 Kelvin erhitzt. Auch hier erfolgt der Austritt über Düsen, ähnlich dem chemischen Antrieb. Die erreichbare Ausströmungs-Geschwindigkeit von 20.000 Metern pro Sekunde liegt hier um ein Vielfaches höher als bei chemischen Antrieben, bleibt aber in Vergleich zu anderen Elektrischen Antrieben deutlich zurück. Hier wird als Brennstoff sehr häufig Wasserstoff benutzt, da hier die höchsten Ausströmungs-Geschwindigkeiten erreichbar sind. Trotzdem bleibt der Wirkungsgrad mit maximal 20 Prozent relativ gering.
  • Elektromagnetische Antriebe: Dieser Antrieb stellt die Weiterentwicklung des Elektrothermischen Antriebes dar. Allerdings wird das Plasma nicht über eine Düse herausgeleitet, sondern wird durch ein magnetisches Feld abermals beschleunigt. So lässt sich die Ausströmungs-Geschwindigkeit auf bis zu 70.000 Meter pro Sekunde steigern, der Wirkungsgrad wächst auf 50 Prozent.
Die erste Raumsonde, die den Ionenantrieb als Primärtriebwerk einsetzte: Deep Space 1 (Bild: NASA)


Entwicklung
Der Ionenantrieb wurde in den 1990er Jahren erstmals als Haupttriebwerk auf Raumsonden eingesetzt, wie zum Beispiel Deep Space 1 und SMART-1. Erste Pläne eines Ionenantriebes gehen aber schon auf den US-Raketenpionier Robert Goddard zurück. Nach Herrn Goddard wurde schließlich auch das NASA Goddard Space Flight Center benannt. Nicht nur Goddard sondern auch Hermann Oberth und Wernher von Braun wird ein gewichtiger Teil der Ionenantrieb-Forschung zugeschrieben. Damals erkannte man allerdings, dass noch viele Basistechnologien zur bemannten Raumfahrt fehlten und so bekam die bemannte Raumfahrt erst höhere Priorität. Erste Tests wurden in den 70er Jahren durchgeführt, die unter der Regie des Militärs stattfanden. Der Erfolg war aber eher mäßig und der große Durchbruch gelang damals noch nicht. Das Cäsium und das Quecksilber, das verwendet wurde, griffen die Apparaturen zu stark an, so dass sie nicht wieder verwendbar waren. Nach der Umstellung auf Edelgase, wie zum Beispiel Xenon, konnte in dieser Beziehung eine deutliche Verbesserung vermeldet werden. In den 80er Jahren kam diese Technologie dann in Militärsatelliten zum Einsatz, in West wie Ost. Geostationäre Satelliten benutzen heute vorzugsweise diesen Antrieb, denn wegen kleinen Bahnkorrekturen braucht man keinen chemischen Antrieb. Neue Triebwerke die auf der alten Version des Ionenantriebes aufbauen, sind noch in Entwicklung wie zum Beispiel der:
RITA Antrieb, bei dem Radiofrequenzen zur Ionisierung verwendet werden und der so genannte
Kaufmann Antrieb, der eine Weiterentwicklung des Lichtbogentriebwerkes darstellt. Die NASA entwickelt unter dem Codenamen VASIMR einen neuen Plasma-Antrieb, der den Nachteil des Ionen-Antriebes, nämlich den geringen Schub, ausgleichen soll.

Ausblick

Ionentriebwerk bei einem Testlauf (Bild: NASA)

Die Perspektiven des Ioneantriebes sind gut. Die bisher entwickelten Antriebe können erst als Basis des Potenzials angesehen werden. In Zukunft werden viele Raumsonden mit diesem Antrieb ausgestattet sein, sobald das Handicap mit dem geringen Schub aus der Welt geschafft ist. Leider ist er nicht für alle Missionen geeignet, da er erst auf langen Distanzen sein Potenzial ausspielen kann und so ist die Mondsonde SMART 1 vielleicht nicht gerade die beste Prüfung für diesen Antrieb. Außerdem ist im äußeren Sonnensystem die Sonneneinstrahlung schon so gering, dass mit heutigen Solarpaneelen kaum genug Energie erzeugt werden kann. Der elektrische Antrieb hat sicher beste Aussichten, das Erbe des chemischen Antriebes anzutreten…

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