Auf den Aufnahmen der Raumsonde Cassini wirkt der Saturnmond Dione auf den ersten Blick wie eine kalte, unveränderliche Welt. Genauere Analysen erbrachten jetzt jedoch Hinweise darauf, dass sich unter der Oberfläche dieses Mondes ein Ozean befinden könnte.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Der am 21. März 1684 von dem Astronomen Giovanni Cassini entdeckte Saturnmond Dione verfügt über einen mittleren Durchmesser von rund 1.123 Kilometern. Benannt wurde der Mond nach der Titanin Dione, der Mutter der Aphrodite, aus der griechischen Mythologie. Im Durchschnitt verläuft die Bahn von Dione in einer Entfernung von 377.000 Kilometern zum Saturn. Für einen Umlauf um diesen zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems benötigt der Mond etwa 2,7 Tage. Dione verfügt über eine mittlere Dichte von 1,476 Gramm pro Kubikzentimeter und besteht größtenteils aus Wassereis, dürfte allerdings über einen Kern aus Silikatgesteinen verfügen, welcher etwa ein Drittel der Gesamtmasse des Mondes ausmacht.
Auf den Aufnahmen der Raumsonde Cassini, welche den Saturn seit dem Sommer 2004 umkreist, wirkt der Mond Dione auf den ersten Blick zunächst wie eine kalte, unveränderliche Welt. Auf Diones Oberfläche sind sowohl stark verkraterte Regionen als auch ausgedehnte, flache Ebenen mit nur wenigen Kratern vertreten. Die verkraterten Regionen weisen zahlreiche Impaktkrater mit Durchmessern von teilweise mehr als 100 Kilometern auf. In den Ebenen erreichen die Krater dagegen nur selten Durchmesser von mehr als 30 Kilometern.
Erst im Jahr 2011 stellte sich heraus, dass Dione von einer extrem dünnen Atmosphäre umgeben ist. Jetzt fanden Wissenschaftler Hinweise darauf, dass sich unter der Oberfläche dieses eisigen Mondes ein Ozean aus flüssigem Wasser befinden könnte, welcher in der Vergangenheit für eine geologische Aktivität auf dessen Oberfläche verantwortlich war. Eventuell, so die Planetenforscher, ist diese geologische Aktivität sogar noch in der Gegenwart vorhanden.
„Es zeichnet sich immer deutlicher ein Bild ab, demzufolge Dione eine Art Fossil der Aktivität des Mondes Enceladus mit seinen Geysiren sein könnte oder sogar eine schwächere Kopie von Enceladus“, so Bonnie Buratti vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA, die Leiterin eine Forschungsgruppe des Cassini-Teams, welches sich auf die Untersuchung der Eismonde des Saturn spezialisiert hat. „Es könnte sich sogar herausstellen, dass es da draußen deutlich mehr aktive Welten mit Wasser gibt, als wir bisher für möglich gehalten haben.“
Bisher gehen die Planetologen davon aus, dass sich zum Beispiel unter den Oberflächen der Saturnmonde Titan und Enceladus oder des Jupitermondes Europa größere Reservoirs aus flüssigem Wasser befinden. Speziell der Mond Enceladus geriet in der Vergangenheit immer wieder durch die gigantischen Fontänen aus Wasserdampf und Eispartikeln in die Schlagzeilen, welche – von dessen Südpolregion ausgehend – in das Weltall geschleudert werden. Als wahrscheinlichste Ursache für diesen Kryovulkanismus wird ein unterirdisches Salzwasserreservoir angenommen.
Diese Monde stellten in der Vergangenheit für die Geologen und Astrobiologen immer wieder Ziele dar, wo sie nach den „Bausteinen des Lebens“ Ausschau hielten. Das Vorhandensein eines unterirdischen Ozeans würde das astrobiologische Potential des Mondes Dione ungemein steigern und diese bisher anscheinend so „langweilige“ Eiswelt noch weiter in den Fokus der Planetenforschung rücken.
Woher stammen die Hinweise?
Eines der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Raumsonde Cassini, das Dual Technique Magnetometer (kurz „MAG“), konnte in der Vergangenheit mehrfach einen schwachen Partikelstrom nachweisen, der seinen Ursprung anscheinend bei Dione hat. Detailaufnahmen der Mondoberfläche, welche mit dem aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment angefertigt wurden, lieferten zudem Hinweise auf eine flüssige oder feuchte Schicht, welche sich unmittelbar unter der steinharten Eiskruste des Mondes erstreckt. Weitere Aufnahmen zeigten zudem Frakturen auf der Oberfläche, welche eine starke Ähnlichkeit mit der Südpolregion des Enceladus aufweisen.
Zusätzliche Hinweise lieferte die Untersuchung einer etwa 800 Kilometer langen Bergkette namens Janiculum Dorsa, welche sich in der Äquatorregion dieses Mondes zwischen 1.000 und 2.000 Metern über die Oberfläche erhebt. Die Kruste des Mondes Dione scheint sich unter dem Gewicht dieser Gebirgskette um bis zu 500 Meter gesenkt zu haben.
„Die Verformung der Kruste unter Janiculum Dorsa deutet darauf hin, dass die Eiskruste einstmals warm war. Und die beste Möglichkeit, die dafür notwendige Wärme zu erklären ist die Annahme der Existenz eines Ozeans unter der Oberfläche zu dem Zeitpunkt als sich die Bergkette bildete“, so Noah P. Hammond von der Brown University in Providence/USA.
Der Mond Dione umkreist den Saturn auf einer leicht elliptischen Umlaufbahn. Bedingt durch die schwankenden Entfernungen zu dem Saturn wird das Innere von Dione durch die von dem Planeten ausgehenden Gezeitenkräfte regelrecht durchgeknetet, wodurch Wärme entsteht. Wenn sich die äußere Kruste des Mondes dabei unabhängig vom inneren Kern bewegen kann – und dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn sich zwischen Kruste und Kern ein Wasserreservoir befindet – würde die Gravitationswirkung des Saturn praktisch verstärkt und es könnte bis zu zehn Mal mehr Wärme freigesetzt werden. Alternative Erklärungsansätze wie zum Beispiel ein lokaler „Hotspot“ unter der Kruste oder starke Schwankungen in der Umlaufbahn des Mondes erscheinen den Wissenschaftlern dagegen als eher unwahrscheinlich.
Offene Fragen
Neben der Frage der Wärmefreisetzung bei Dione müssen allerdings noch weitere offene Fragen beantwortet werden. Die Planetenforscher suchen immer noch nach einer Erklärung dafür, warum der Mond Enceladus eine deutlich höhere Aktivität entwickeln konnte als Dione. Vielleicht, so die Wissenschaftler, fallen die auf Enceladus einwirkenden Gezeitenkräfte stärker aus. Eine weitere Erklärung wäre, dass sich im Gesteinskern von Enceladus ein höherer Anteil an radioaktiven Elementen konzentriert. Der Zerfall dieser Radionuklide würde dann auch zu einer erhöhten Abstrahlung von Wärmeenergie führen.
Auf jeden Fall, so die Wissenschaftler, wäre die Entdeckung eines unterirdischen Wasserreservoirs auf Dione ein Indiz dafür, dass Ozeane unter der Oberfläche von Eismonden und Zwergplaneten im Bereich des äußeren Sonnensystems deutlich häufiger anzutreffen sind als bisher angenommen.
Dies nährt auch die Hoffung, dass schon bald bei weiteren Welten in unseren Sonnensystem vergleichbare Entdeckungen gelingen könnten, denn bereits im Jahr 2015 werden zwei von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Raumsonden zwei dieser Objekte erreichen. Im Februar 2015 wird die Raumsonde DAWN in eine Umlaufbahn um den Zwergplaneten Ceres einschwenken und diesen über einen Zeitraum von mindestens fünf Monaten hinweg untersuchen. Im Juli 2015 wird zudem die Raumsonde New Horizons den Zwergplaneten Pluto im Rahmen eines Vorbeifluges im Detail studieren.
Die hier kurz vorgestellten Ergebnisse der Untersuchung der Bergkette Janiculum Dorsa und der Kruste des Mondes Dione wurden in der März-Ausgabe der Fachzeitschrift „Icarus“ von Noah P. Hammond et al. unter dem Titel „Flexure on Dione: Investigating subsurface structure and thermal history“ publiziert.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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Verwandte Internetseiten:
- CICLOPS (engl.)
Fachartikel von Noah P. Hammond et al.:
- Flexure on Dione: Investigating subsurface structure and thermal history (Abstract, engl.)