Am kommenden Donnerstag fliegt die Raumsonde BepiColombo an der Venus vorbei. Geplant sind Messungen in der Magnetosphäre des Planeten. Eine Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen.
Quelle: MPS.
Auf ihrem Weg zum sonnennächsten Planeten Merkur ändert die europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo am kommenden Donnerstag, 15. Oktober, erneut ihren Kurs. Nach dem Erdvorbeiflug im April diesen Jahres steht zu diesem Zweck jetzt der erste von insgesamt zwei Venus-Vorbeiflügen an. Er führt die Raumsonde, die vor zwei Jahren ins All gestartet wurde, in einem Abstand von 10720 Kilometern an unserem Nachbarplaneten vorbei. Einigen der wissenschaftlichen Instrumente an Bord, zu denen auch das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen beigetragen hat, bietet sich dabei die Gelegenheit, Messungen in der Umgebung der Venus durchzuführen.
Als Nachbarplanet der Erde ist die Venus irdischen Besuch unbemannter Raumsonden gewohnt. Seit 1961 haben zahlreiche Missionen den Planeten angesteuert; die europäische Sonde Venus Express untersuchte ihn mehr als acht Jahre lang aus einer Umlaufbahn und seit 2015 ist die japanische Raumsonde Akatsuki vor Ort. „Trotz der erfolgreichen Langzeitbeobachtungen früherer Sonden ist ein Vorbeiflug nicht nur ein kritisches Flugmanöver, sondern auch von wissenschaftlichem Interesse“, erklärt Dr. Norbert Krupp vom MPS, der zum Wissenschaftsteam von BepiColombo gehört. Selbst eine Momentaufnahme wie die bevorstehende kann neue Erkenntnisse liefern oder zumindest ältere Messungen überprüfen oder verfeinern.
Die Möglichkeit dazu bietet sich BepiColombo in den nächsten Tagen. Der kleinste Abstand von 10720 Kilometern zwischen Venusoberfläche und Sonde wird am Donnerstag, 15. Oktober, um 5.58 Uhr (MESZ) erreicht; die Messkampagnen einzelner Instrumente beginnen bis zu zwei Tagen zuvor und dauern bis zu vier Tage.
Zehn der insgesamt 16 Messinstrumente von BepiColombo werden während des Vorbeiflugs Daten sammeln. Zu ihnen gehören das Plasma-Teilchen-Experiment MPPE (Mercury Plasma Particle Experiment), für das Forscherinnen und Forscher sowie Ingenieurinnen und Ingenieure des MPS Teile des Massenspektrometer MSA (Mass Spectrum Analyzer) entwickelt und gebaut haben, sowie das Instrument SERENA (Search for Exospheric Refilling and Emitting Natural Abundances Experiment), zudem das MPS Teile der Ionen-Kamera PICAM beigesteuert hat. Die übrigen sechs Instrumente von BepiColombo bleiben während des Vorbeiflugs ausgeschaltet. Die Raumsonde besteht aus zwei getrennten Sonden, dem Mercury Planetary Orbiter (MPO) und dem Mercury Magnetospheric Orbiter (MIO), sowie einem Transfermodul, die während der Anreise zum Merkur fest miteinander verbunden sind und so die Sicht einzelner Instrumente verdecken.
„BepiColombo wird sich der Venus von der Tagseite nähern und sich nach dem Vorbeiflug noch etwa acht Stunden im Ionenschweif der Venus aufhalten“, beschreibt Dr. Markus Fränz vom MPS die Flugbahn. „Für viele Fragestellungen, die die Magnetosphäre der Venus betreffen, ist das ausgesprochen günstig“, fügt der Wissenschaftler aus dem MPPE-Team hinzu.
Anders als die Erde besitzt die Venus kein starkes Magnetfeld, das tief in ihrem Innern entsteht und den Planeten wie eine Art Schutzschild umgibt. Allerdings wechselwirkt der Sonnenwind, der stetige Teilchenstrom von der Sonne, mit den geladenen Teilchen der Venus-Ionosphäre und erzeugt so ein vergleichsweise schwaches, induziertes Magnetfeld. Die geladenen Teilchen in der Umgebung der Venus sind darin nur schwach gebunden; auf der Nachtseite reichen sie in einer Art Ionenschweif weit ins All.
Die MPS-Forscher hoffen unter anderem darauf, dort Kohlenstoff-Ionen nachzuweisen. Sie dürften allenfalls in sehr kleinen Mengen vorkommen. „Die Messinstrumente von Venus Express konnten keine Kohlenstoff-Ionen identifizieren“, erklärt Fränz, der auch an der früheren Venus-Mission beteiligt war. Die möglicherweise vorhandenen Signale wurden von denen der deutlich häufigeren Sauerstoff-Ionen überdeckt. „BepiColombos Massenspektrometer MSA ist in der Lage, genauer zwischen Ionen ähnlicher Masse zu unterscheiden. Dieses Mal könnte es klappen“, so Fränz.
In welchen Mengen Kohlenstoff-Ionen in der Venus-Magnetosphäre auftreten, ist eine wichtige Information, die hilft, zahlreiche Prozesse in der Atmosphäre des Planeten zu verstehen. Der letzte und einzige Nachweis dieser Ionen gelang vor 24 Jahren dem Instrument CELIAS (Charge, Element and Isotope Analysis System), ebenfalls unter Mitwirkung des MPS, an Bord des erdnahen Sonnenspähers SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) der ESA und NASA. In einem ausgesprochen seltenen Ereignis erlaubte damals ein sehr konstanter Sonnenwind eine Ausdehnung des Ionenschweifes der Venus bis zur Erdbahn, sodass eine Konjunktion mit Venus die Beobachtung mit SOHO ermöglichte. „Wir sind sehr gespannt, ob wir die Kohlenstoff-Messungen von damals bestätigen können“, so Fränz.
Die Nacht des Vorbeifluges dürfte für die MPS-Forscher dennoch eine ruhige werden. „Alle Befehle für die Instrumente sind bereits programmiert, wir greifen während des Vorbeiflugs nicht mehr ins Geschehen ein“, so MPS-Wissenschaftler Dr. Harald Krüger, Mitglied des Wissenschaftsteams von BepiColombo. Die Messdaten von SERENA und MPPE werden erst einige Tage später die Erde erreichen.
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum: