Boeing wird ABS 8 möglicherweise doch nicht bauen

Wegen der zunächst vorübergehenden und teilweisen Schließung der staatlichen US-amerikanischen Ex-Im Bank zum 1. Juli 2015 hat der Kommunikationssatellitenbetreiber Asia Broadcast Satellite (ABS) mit Sitz auf Bermuda und in Hongkong die Bestellung des Satelliten ABS 8 bei Boeing aus El Segundo in Kalifornien vorläufig storniert.

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: ABS, Boeing, Reuters, Spacenews.

ABS 8 über der Erde – Illustration (Bild: ABS)

Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, dass Boeing darum kämpft, eine alternative Finanzierung des Satellitenprojekts im Wert von einigen Millionen US-Dollar zu finden. Der Branchendienst Spacenews spricht von einem Auftragswert von rund 90 Millionen US-Dollar und schreibt, dass ABS nach eigenen Angaben mit Boeing auch nach dem 1. Juli 2015 zusammenarbeitete, um alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu untersuchen.

Wegen des aus Fragen der Wettbewerbsneutralität der Export-Import Bank der Vereinigten Staaten von Amerika (Ex-Im Bank) entzogenen Rechts, Geld zu verleihen, und der unsicheren Zukunft der Bank hatte ABS im Juli 2015 die erst im Juni 2015 offiziell bekannt gegebene Bestellung über ABS 8 vermutlich erst einmal zurückgezogen.

Laut Reuters ist der Fall der erste, der im Zuge der Diskussionen im US-Kongress über die Zukunft der Ex-Im Bank, deren Aufgabe es unter anderem ist bzw. war, US-Unternehmen und deren ausländische Kunden mit Krediten zu versorgen, zu einer Vertragsstornierung führte.

Reuters berichtete weiter, dass Boeing nach Angaben einer nicht konkret genannten Quelle durch ABS davon unterrichtet wurde, dass ABS angesichts der ausfallenden Finanzierung durch die Ex-Im Bank jetzt den Bau von ABS 8 durch einen nicht US-amerikanischen Partner in Erwägung ziehe.

Die französische Exportkreditagentur COFACE (Compagnie Francaise d’Assecurance pour le Commerce Extérieur) beispielsweise unterliegt derzeit keinen Einschränkungen wie die Ex-Im Bank. Sie wäre in der Lage, Projekte mit den in Frankreich ansässigen Satellitenherstellern Airbus Defence and Space und Thales Alenia Space zu unterstützen.

Zusätzlich macht der derzeitige Anstieg des Dollar-Preises gegenüber dem Euro europäische Anbieter interessanter, da ihre Produkte gegenüber solchen aus den Vereinigten Staaten von Amerika nun günstiger zu haben sind, urteilt Peter B. de Selding von den Spacenews.

Boeing hätte ABS 8 den ursprünglichen Plänen zufolge im Jahre 2017 liefern sollen. Den Start des Satelliten auf einer Falcon-9-1.2-Rakete von SpaceX visierte man für Ende 2017 oder Anfang 2018 an. ABS hat vor, mit dem neuen Satelliten sein Geschäft mit Fernseh- und Rundfunkausstrahlungen und Diensten für große Unternehmenskunden und Regierungsstellen auszubauen. Adressieren möchte man Nutzer in Australien, Neuseeland, dem mittleren Osten, in Russland sowie im Süden und Südwesten Asiens.

ABS 8 hat außerdem die Aufgabe, den auf Basis des Bus A2100 von Lockheed Martin aufgebauten ABS 7 zu ersetzen. Letzterer wurde als Koreasat 3 (Mugungwha 3) für die Koera Telecom am 4. September 1999 von Kourou in Französisch Guayana aus ins All transportiert und befindet sich seit 2010 im Besitz von ABS. Dementsprechend ist ABS 8 für eine Stationierung bei 116,1 Grad Ost im Geostationären Orbit gedacht.

Die von ABS und Boeing besprochene Version besitzt insgesamt 50 Transponder, darunter solche für das C, das Ka– und das Ku-Band. Die anvisierte Leistung der Kommunikationsnutzlast beziffert ABS auf über neun Kilowatt. Für Antrieb und Lageregelung des auf Boeings Satellitenbus 702SP aufzubauenden Raumfahrzeugs sind ausschließlich elektrische Triebwerke vorgesehen.

Im Unterschied zu dem jüngst auf einer Falcon-9-Rakete von SpaceX gestarteten Satelliten für ABS (ABS 3A) gab es für ABS 8 laut ABS wegen eines unterschiedlichen Geschäftsszenarios keine Abhängigkeit von einem gleichzeitig zu startenden anderen Kommunikationssatelliten. Trotzdem ist natürlich ein Start gemeinsam mit einem anderen Satelliten möglich.

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