Cassini beginnt den Saturnorbit Nummer 153

Am heutigen Tag beginnt der 153. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Wie bereits in den vorherigen Monaten wird sich das Augenmerk der Raumsonde während dieses drei Wochen dauernden Umlaufs fast ausschließlich auf den Saturn richten.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, Wikipedia.

NASA, JPL, Space Science Institute
Der momentane Verlauf der Flugbahn von Cassini ermöglicht es, die Kanten der Saturnringe abzubilden und die vertikale Ausdehnung der Ringe zu ermitteln. Diese Aufnahme des Saturn wurde am 25. Februar 2011 aus einer Entfernung von 2,2 Millionen Kilometern angefertigt. Durch die Verwendung verschiedener Filter wird der Planet dabei in Echtfarben wiedergegeben.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am heutigen Tag erreicht die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum Saturn. Dabei befindet sich Cassini in einer Entfernung von etwa 2,71 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 153. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde wird sich auch in den kommenden neun Monaten weiterhin auf einer Orbitbahn bewegen, welche fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie den Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde verläuft.

Diese gegenwärtige äquatoriale Flugbahn der Raumsonde ermöglicht es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern, die Kanten der Saturnringe abzubilden. Durch die Auswertung dieser Bilder ist es unter anderem möglich, deren vertikale Ausdehnung zu bestimmen. Zudem ist aus dieser Perspektive ein Blick auf die Wolkenschichten in der Saturnatmosphäre möglich, welcher nur minimal durch das Ringsystem des Planeten oder einen von den Ringen auf den Saturn geworfenen Schatten beeinträchtigt ist.

Wie bereits die vorherigen Umläufe wird auch der in diesen Stunden beginnende Orbit, er trägt die Bezeichnung “Rev 152”, von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern überwiegend dazu genutzt werden, den Ringplaneten und den größten seiner 62 bisher bekannten Monde, den etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, mit verschiedenen Instrumenten zu untersuchen und aus unterschiedlichen Entfernungen mit der ISS-Kamera der Raumsonde abzubilden. Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, eines von insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während der kommenden 22 Tage 37 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Der überwiegende Teil dieser Beobachtungen wird das gewaltige Sturmgebiet zum Ziel haben, welches sich seit dem Dezember 2010 über der nördliche Hemisphäre des Saturn ausdehnt (Raumfahrer.net berichtete).

Zuvor befindet sich jedoch erst einmal der Mond Titan im Fokus der Wissenschaftler. Die ISS-Kamera wird ihren wissenschaftlichen Betrieb am 13. August aufnehmen und dabei aus einer Entfernung von rund 2,81 Millionen Kilometern die auf der Mondoberfläche gelegenen Regionen Senkyo und Belet mit den dort befindlichen ausgedehnten Sanddünenfeldern abbilden. Über diesem Gebiet konnte im September 2010 ein massives Sturmgebiet mit einer Ausdehnung von mehreren hundert Kilometern registriert werden. Von Cassini angefertigte Aufnahmen zeigten auf einer Fläche von rund 500.000 Quadratkilometern deutlich erkennbare Veränderungen auf der Oberfläche des Mondes. Diese Veränderungen werden von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern als ein Beleg für einen erfolgten Methanregen interpretiert, welcher unter anderem eine zeitweilige Verdunkelung der Oberfläche auslöste. Durch die für den morgigen Tag vorgesehenen Aufnahmen soll das Ausmaß ermittelt werden, mit dem die Oberfläche mittlerweile wieder zu ihrer ursprünglichen Gestalt und “Farbe” zurückgefunden hat.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Aufnahmen, erstellt zwischen dem 22. Oktober 2007 und dem 15. Januar 2011, zeigen die Veränderungen auf der Oberfläche des Mondes Titan. Unmittelbar nach dem Durchzug des Sturmgebietes färben sich einige Oberflächenbereiche dunkel. Diese Verfärbungen bilden sich dann wieder zurück.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Zwischen dem 13. und dem 17. August soll anschließend die Atmosphäre des Saturn im Rahmen von acht Beobachtungskampagnen über eine Zeitdauer von jeweils mehreren Stunden beobachtet werden. Durch die Dokumentation der Wolkenbewegungen erhoffen sich die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die dortigen Windgeschwindigkeiten und die dabei vorherrschenden Windrichtungen. Diese Beobachtungen werden durch zusätzliche Observationen am 19., 21. und 22. August ergänzt. Hierbei wird die ISS-Kamera den Saturn in Kombination mit einem der Spektrometer an Bord der Raumsonde, dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS), abbilden.

NASA, JPL, University of Arizona
Die Perlenkette in der Saturnatmosphäre konnte erstmals im Frühjahr 2006 beobachtet werden.
(Bild: NASA, JPL, University of Arizona)

Nach einer kurzen Aktivierung der Triebwerke am 22. August, dieses Manöver dient einer Kurskorrektur der Raumsonde, wird Cassini am 23. August um 05:58 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses 153. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde 183.730 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn. Während der Periapsis ist diesmal lediglich eine Beobachtungskampagne vorgesehen.

Das Ziel der entsprechenden Beobachtungen ist die sogenannte “Perlenkette” über der nördlichen Saturnatmosphäre. Dieser Perlenstrang, welcher sich gegenwärtig unmittelbar nördlich des ausgedehnten Sturmgebietes befindet, konnte erstmals im Frühjahr 2006 durch das Visual Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), einem weiteren Spektrometer an Bord von Cassini, beobachtet werden.
Es handelt sich hierbei um Lücken in der obersten Wolkenschicht der Saturnatmosphäre. Besonders auffällig ist die regelmäßige Anordnung dieser mehr als zwei Dutzend Einzelformationen. Zwischen den einzelnen Wolkenlücken liegen Abstände von jeweils 3,5 Längengraden. Cassini ist bereits seit längerem mit der Untersuchung dieses Phänomens beschäftigt. Auch hier erhoffen sich die Wissenschaftler auf lange Sicht neue Erkenntnisse über die verschiedenen Windsysteme und den Thermalhaushalt sowie die Dynamik innerhalb der Saturnatmosphäre.

Am 25. August wird Cassini schließlich um 18:48 Uhr MESZ den Saturnmond Hyperion im Rahmen eines nicht zielgerichteten Vorbeifluges in einer Entfernung von lediglich 24.978 Kilometern passieren. Dabei soll die Raumsonde diverse Aufnahmen dieses unregelmäßig geformten Mondes – seine mittlere Ausdehung beträgt 360 x 280 x 225 Kilometer – anfertigen. Neben der ISS-Kamera wird dabei auch das Composite Infrared Spectrometer (CIRS) eingesetzt werden.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Aufnahme des E-Ringes vom Saturn fertigte die WAC-Kamera von Cassini am 15. September 2006 an. Der im Zentrum erkennbare Mond Enceladus war zu diesem Zeitpunkt etwa 2,1 Millionen Kilometer von der Raumsonde entfernt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Einen Tag später, am 26. August, wird die Raumsonde ihr Augenmerk schließlich auf das Ringsystem des Saturn richten. Dabei werden die ISS-Kamera und das VIMS-Spektrometer zuerst die Ansa des E-Ringes abbilden. Beim E-Ring handelt es sich um einen relativ schwach ausgeprägten Ring, der in erster Linie durch das Material gespeist wird, welches aus den am Südpol des Mondes Enceladus befindlichen Geysiren austritt.

“Ansa” ist die Fachbezeichnung für den Bereich eines Ringes, welcher in einer Fotoaufnahme am weitesten von der Planetenscheibe entfernt ist. In diesem Bereich wird die beste fotografische radiale Auflösung des beobachteten Ringes erreicht. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort für “Henkel” ab und hat einen geschichtlichen Hintergrund. Die Ringe des Saturn wurden bereits im Jahr 1610 von dem italienischen Astronomen Galileo Galilei entdeckt. Dieser erkannte das Ringsystem jedoch aufgrund der geringen Auflösung seines Teleskops nicht als ein Objekt, welches den Saturn umgibt. Vielmehr deutete er die Ringe als zwei Henkel, welche den Saturn berühren. Erst 45 Jahre später beschieb der holländische Astronom Christiaan Huygens die wahre Natur der Ringe wissenschaftlich korrekt.

Unmittelbar im Anschluss werden sich die beiden Instrumente dem G-Ring zuwenden und auch diesen aus einer Entfernung von etwa zwei Millionen Kilometern untersuchen. Der G-Ring weist eine Breite von rund 9.000 Kilometern auf. Sein besonderes Merkmal ist ein mehrere hundert Kilometer breiter “Ringbogen”, welcher sich über etwa ein Sechstel des Gesamtumfanges des G-Ringes erstreckt und dabei durch seine größere Helligkeit im Vergleich zum restlichen Ring auffällt. Am 3. März 2009 meldete das Imaging Science Team der Raumsonde Cassini die Entdeckung eines kleinen, lediglich etwa 600 Meter durchmessenden Mondes, welcher seine Bahn innerhalb dieses Ringes zieht und sich dabei im Zentrum dieses Ringbogens befindet (Raumfahrer.net berichtete). Aegaeon, so der Name des Mondes, wird als Materiallieferant für den G-Ring angesehen.

NASA, JPL, Space Science Institute
Auf diesen drei Bildern wurde Aegaeon endeckt. Die Aufnahmen wurden am 27. Oktober 2008 angefertigt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Durch die permanent erfolgenden Einschläge von Mikrometeoriten wird Material aus der Oberfläche des Mini-Mondes herausgeschlagen und, begünstigt durch die geringe Gravitation auf der Oberfläche von Aegaeon, in das Weltall geschleudert. Die Eigengravitation des kleinen und entsprechend massearmen Satelliten ist nicht groß genug, um diese Partikel dauerhaft in dessen Schwerefeld zu binden. Stattdessen entweichen die Staubpartikel aus dem Gravitationsfeld von Aegaeon und werden anschließend im Laufe der Zeit durch gravitative Wechselwirkungen mit anderen Saturnmonden – speziell mit dem Mond Mimas – und durch eine Interaktion mit der Magnetosphäre des Saturn über den gesamten G-Ring verteilt.

Zwischen dem 25. August und dem 1. September sind zudem insgesamt 13 Beobachtungskampagnen vorgesehen, welche das Sturmgebiet auf der nördlichen Hemisphäre des Saturn zum Ziel haben. Für den 29. August und den 1. September sind des Weiteren zusätzliche Beobachtungen des Titan geplant.

Ebenfalls an diesen beiden Tagen werden verschiedene astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden erfolgen. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgenden Abbildungen der Monde Anthe, Telesto, Methone, Janus, Atlas, Pandora, Polydeuces und Prometheus besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.

Am 3. September wird Cassini schließlich in einer Entfernung von rund 2,8 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und den 153. Orbit um den Ringplaneten beenden. Während des damit beginnenden Orbits Nummer 154 werden am 14. und am 16. September zwei nicht zielgerichtete Vorbeiflüge an den Monden Pallene und Hyperion erfolgen. Den Höhepunkt dieses Orbits bildet allerdings ein gesteuerter Vorbeiflug am Titan. Bereits am 12. September wird Cassini diesen in einer Höhe von 5.821 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 5,8 Kilometern pro Sekunde passieren.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission für das Direktorat für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

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