Seit ihrer Entdeckung im Jahr 1967 werfen Pulsare, kleine, schnell rotierende Neutronensterne, mit Massen größer als die Sonnenmasse, aber lediglich einer Ausdehnung einer Kleinstadt, immer wieder neue Fragen auf. Beobachtungen des Teams um Joanna Rankin von der Universität von Vermont zeigen eine neue, bizarre Seite dieser Objekte.
Ein Beitrag von Gertrud Felber & Oliver Karger . Quelle: University of Vermont, Science 339, 436 (2013).
Die schon generell exotischen Eigenschaften von Pulsaren wurden um eine weitere, bisher noch unbekannte Eigenschaft erweitert. Bekannt sind Pulsare als Leuchttürme im All. Neutronensterne mit extrem hohen Magnetfeldstärken (bis zu 10.000 Tesla) rotieren sehr schnell und strahlen dabei von den Magnetpolen intensive Strahlung ab, besonders im Radiobereich. Kurz nach ihrer Entdeckung wurde beobachtet, dass sich das Emissionsverhalten im Radiobereich auf Zeitskalen der Rotationsperiode ändern kann.
Am Pulsar PSR B0943 10 stellten Wissenschaftler der Universität Vermont um Joanna Rankin fest, dass dieser innerhalb weniger Sekunden sein Emissionsverhalten nicht nur im Radiobereich dramatisch ändert. PSR B0943 10 ist nun einer von zehn bisher bekannten, alten (> 1 Millionen Jahre) Radiopulsaren, an denen bisher Röntgenemission festgestellt werden konnten. Bekannt war, dass der Pulsar innerhalb von ein paar Stunden von starker („heller“) auf schwache („ruhige“) Radioemission wechselt. Bei gemeinsamen Beobachtungen mit dem europäischen Röntgenteleskop XMM-Newton und zwei bodengestützten Radioteleskopen, dem Giant Meter Wave Telescope (GMRT) in Indien und dem Low Frequency Array (LOFAR) in den Niederlanden, wurde nun die abwechselnde Emission von Radio- und Röntgenstrahlung festgestellt. Wird ein starkes Radiosignal gemessen, kann kein signifikantes Röntgensignal detektiert werden. Umgekehrt, bei einem deutlichen Röntgensignal im Bereich von 0,5 bis 2 keV nimmt die Intensität im Radiobereich deutlich ab.
Es ist das erste Mal, dass ein Intensitätswechsel der Röntgenemission bei Pulsaren gemessen wurde. Dieses veränderte Verhalten dieser beiden extremen Zustände, einer dominiert von Röntgenpulsen, der andere von Radioemission, „ist sehr überraschend“, so Joanna Rankin. Zum einen konnte an einem weiteren Pulsar die Emission von Photonen im Röntgenbereich festgestellt werden, zum anderen, dass es sich um einen Umschaltprozess zwischen zwei verschiedenen Modi zu handeln scheint. Kein aktuelles Modell ist in der Lage dies zu erklären.
Über den Ursprung der Radiostrahlung an Pulsaren herrscht allgemein Einigkeit: hochenergetische Elektronen, Positronen und Ionen werden in der Magnetosphäre des Pulsars entlang der Feldlinien beschleunigt und emittieren Strahlung im Radiobereich. Wie die Partikel von der Oberfläche des Neutronensterns in dessen Magnetosphäre gelangen, ist jedoch unklar.
Mit dem Studium der Emissionen bei unterschiedlichen Wellenlängen hatte das Team herausfinden wollen, welche verschiedenen physikalischen Prozesse in der Nähe der magnetischen Pole von Pulsaren stattfinden.
Die Tatsache, dass der Pulsar nicht nur einmalig, sondern dauerhaft mit einer Periode von wenigen Sekunden zwischen beiden Modi, Radio- und Röntgenemission, wechselt, legt den Schluss nahe, dass hier etwas Grundsätzliches vorhanden sein muss, dass bisher nicht verstanden wurde.
Nach den Ausführungen von Rankin deuten die neuen Ergebnisse darauf hin, dass sehr plötzlich eine globale Dynamik der Magnetosphäre auftritt, die nicht nur auf die Pole oder andere Hotspots an der Neutronensternoberfläche beschränkt ist.
Um dieser Vermutung auf den Grund zu gehen, plant das Team in der zweiten Hälfte des Jahres 2013 die gleiche Studie bei einem weiteren Pulsar, PSR B1822 09, zu wiederholen, welcher ähnliche Eigenschaften der Radiostrahlung aufweist, aber eine andere Magnetfeldgeometrie hat.
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Fachartikel von W. Hermsen et al.: