China startet erste eigene Raumstation

Am 29. September 2011 um 15:16 Uhr MESZ startete von Jiuquan aus eine Langer-Marsch-2G-Rakete. An deren Spitze befand sich die erste chinesische Raumstation, Tiangong 1.

Ein Beitrag von Daniel Maurat & Günther Glatzel. Quelle: CCTV, CNSC, NSF. Vertont von Peter Rittinger.

Start von Tiangong 1. (Video: CCTV)

Der Start erfolgte um 21:16 Uhr Ortszeit (15:16 Uhr MESZ) vom Jiuquan Satellite Launch Center (JSLC) in der Inneren Mongolei von Startplattform SLS-1 der Launch Area 4 des Weltraumbahnhofes. Dabei startete eine Rakete vom Typ Langer Marsch 2F / 2G, auch bekannt als Chang Zheng (CZ) 2F / 2G, mit der schon die bemannten Shenzhou-Kapseln gestartet wurden. 157 Sekunden nach dem Start waren die vier Startunterstützungsbooster ausgebrannt und wurden abgetrennt. Die Erststufe wurde wenig später abgeworfen, worauf nach 201 Sekunden die Nutzlastverkleidung folgte. Die Zweitstufe war schließlich nach 461 Sekunden ausgebrannt und trennte ihre Nutzlast auf einem 200 x 347 km hohen Oribt mit einer Inklination von 42,7° ab. Dies war der 145. Start einer Rakete vom Typ Langer Marsch und der achte Start für das bemannte chinesische Weltraumprogramm.

Die Nutzlast der Rakete, das Orbitallabor Tiangong 1 (chin. für Himmlischer Palast) ist die erste in einer Reihe von Raumstationen, mit denen China die Technologien zum Betreiben einer großen Raumstation erarbeiten will. Sie ist 9 m lang, hat einen Durchmesser von maximal 2,8 m und wog beim Start 8,4 Tonnen. Das Modul besitzt zwei Solarpaneele mit einer Gesamtspannweite von 17 m. Es besteht aus zwei großen Sektionen, nämlich dem vorderen Orbitalmodul und dem Servicemodul. Das Orbitalmodul besitzt ein Raumvolumen von 15 m3 und am vorderen Ende einen Kopplungsstutzen, der dem auf der ISS eingesetzten androgynen APAS-89-Kopplungssystem ähnelt. Hier können dann Raumschiffe vom Typ Shenzhou ankoppeln. Im Orbitalmodul wird Platz für bis zu drei Taikonauten sein, die sich etwa zwei Wochen oder länger auf der Station aufhalten können, je nach Menge an mitgebrachter Fracht (Wasser, Nahrung, Luft etc.). Das Servicemodul wurde, im Gegensatz zum Orbitalmodul, von den Shenzhou-Raumschiffen mit geringen Veränderungen übernommen. In ihm sind Tanks für Treibstoff, Luft und Wasser sowie vier Triebwerke für Kurskorrekturen und 36 Lageregelungstriebwerke. Die Triebwerke besitzen einen Schub von jeweils 419 N, deutlich weniger als bei den bemannten Raumschiffen. Auch beherbergt es zwei Solarpaneele, die die Energiezufuhr der Raumstation gewährleisten. Diese sind im Vergleich zum Shenzhou-Raumschiff um je 1 auf 4 Elemente pro Seite vergrößert. Die Lageregelung soll zumindest versuchsweise über ein Drallrad vorgenommen werden.

Die Raumstation Tiangong 1 (links) mit anfliegendem Shenzhou-Raumschiff (rechts).
(Bild: China Manned Space Engineering Office)
Die Raumstation Tiangong 1 (links) mit anfliegendem
Shenzhou-Raumschiff (rechts).
(Bild: China Manned Space Engineering Office)

Die erste Mission, die Tiangong 1 als Ziel hat, wird Shenzhou 8 sein. Sie ist zunächst noch unbemannt und soll das Dockingmanöver an die Station üben. Gestartet werden soll sie Anfang November. Dabei kommen sowohl radargestützte als auch laseroptische Messgeräte zur Bestimmung von Position und Lage zueinander zum Einsatz.

Die erste bemannte Mission zur Station wird dann Shenzhou 9 im Jahr 2012 sein. Die dreiköpfige Besatzung soll auf der Station vor allem den Betrieb der Systeme trainieren und kleinere Experimente durchführen. Shenzhou 10 schließlich wird die vorerst letzte Mission zu Tiangong 1 sein. Auch hier steht das Erlernen des Betriebes einer Raumstation im Vordergrund. Der Start ist ebenfalls für 2012 geplant. Nach zwei Jahren Betrieb soll dann die Station um 2013 gezielt zum Wiedereintritt gebracht werden.

Tiangong 1 ist die erste in einer Reihe von Teststationen. Um 2013 plant man, den Nachfolger Tiangong 2 zu starten. Diese Station hat schon weniger experimentellen Charakter und soll die Fähigkeiten Chinas zum Betrieb einer Raumstation ausbauen. Dabei wird Tiangong 2 gegenüber seinem Vorgänger leicht verbessert.

Tiangong 3 schließlich soll erstmals einen zweiten Kopplungspunkt am Heck bekommen, um so einen Mannschaftswechsel sowie den Betrieb von Frachtraumschiffen zu ermöglichen. Außerdem sollen Luft und Wasser aufbereitet werden können. Die Frachtraumschiffe sollen äußerlich große Ähnlichkeit mit den Tiangong-Modulenhaben und eine Gesamtmasse von 13 t besitzen. Als Trägerrakete ist ab 2015 die in Entwicklung befindliche CZ 7 vorgesehen.

Der Start von Tiangong 3 ist zurzeit nicht vor 2014 geplant. Das eigentliche Ziel aber ist eine modulare Raumstation, deren Hauptbestandteile ab 2016 auf einer in Entwicklung befindlichen CZ 5 mit einer Nutzlast um 25 t starten soll. Der Basisblock hat dabei Ähnlichkeiten mit den russischen DOS-Modulen, auf denen die Raumstationen vom Typ Saljut, der Basisblock der Mir und das ISS-Modul Swesda basieren. Die beiden seitlich anzudockenden Forschungsmodule sind hingegen komplette Neuentwicklungen.

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