In wenigen Stunden beginnt der mittlerweile 187. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Saturn. In den kommenden 10 Tagen sollen dabei die Atmosphäre, das Ringsystem und verschiedene Monde des Saturn näher untersucht werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
Um 19:49 Uhr MESZ wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Cassini in einer Entfernung von rund 1,3 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren 187. Umlauf um den Ringplaneten. Aktuell verfügt die Raumsonde auf ihrer Saturnumlaufbahn über eine Inklination von 61,7 Grad.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des diesmal lediglich 10 Tage andauernden Orbits – dieser trägt die Bezeichnung „Rev 186“ – insgesamt 20 Beobachtungskampagnen vorgesehen.
Am 8. und 9. April wird sich die ISS-Kamera dabei in Zusammenarbeit mit einem der Spektrometer der Raumsonde, dem Composite Infrared Spectrometer (CIRS), zuerst auf den größten von den bisher 62 bekannten Saturnmonden, den 5.150 Kilometer durchmessenden Mond Titan, ausrichten und dessen obersten Atmosphärenschichten abbilden. Durch diese beiden jeweils 15 Stunden andauernden Beobachtungskampagnen sollen erneut aktuelle Daten über das Wettergeschehen auf der Südhemisphäre des Titan gesammelt werden. Durch die Beobachtung von markanten Wolkenformationen lassen sich zum Beispiel Aussagen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen.
Für den 10. April ist eine Beobachtung der im Ringsystem des Saturn gelegenen Encke-Teilung vorgesehen. Hierbei wird auch der dort befindliche, etwa 35 x 32 x 21 Kilometer durchmessende Saturnmond Pan in den Aufnahmebereich der NAC-Kamera gelangen.
Für den 11. und 12. April sind dann mehrere Beobachtungen des äußeren A-Ringes eingeplant. Mit den entsprechenden Aufnahmen sollen zum wiederholten Mal sogenannte „Propellerstrukturen“ in diesem Ring dokumentiert werden. Bei diesen entfernt an Flugzeugpropeller erinnernden, lediglich etwa 15 bis 25 Kilometer großen Strukturen handelt es sich um kleine „Hohlräume“ innerhalb des A-Ringes, welche durch die gravitativen Einflüsse von vermutlich lediglich wenige Dutzend Kilometer durchmessenden Mini-Monden – so genannten Moonlets – verursacht werden (Raumfahrer.net berichtete über den bei der Entstehung solcher „Propellerstrukturen“ zugrunde liegenden Prozess). Durch die anzufertigenden Aufnahmen sollen die bisher bekannten Bahnparameter dieser Moonlets noch weiter verfeinert werden.
Wenige Stunden nach der Beendigung dieser Kampagne wird Cassini um 14:35 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 187, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 316.440 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Kurz zuvor wird sich die ISS-Kamera auf den Mond Enceladus richten und aus einer Entfernung von etwa 450.000 Kilometern dessen Südpolregion abbilden. Hierdurch sollen erneut die von den dort gelegenen „Tigerstreifen“ ausgehenden Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln abgebildet werden.
Nach dem Passieren der Periapsis wird die ISS-Kamera eine Sternokkultation dokumentieren. Hierbei wird der im Sternbild Schwertfisch (lateinischer Name „Dorado“) gelegene veränderliche Rote Riesenstern R Doradus von Teilen den Ringsystems bedeckt. Durch die sich dabei ergebenden Helligkeitsschwankungen und deren Intensität in der Lichtkurve von R Doradus erhoffen sich die beteiligten Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau, die Materialdichte und die Struktur der den Stern bedeckenden Ringe.
Im sichtbaren Licht erreicht der Stern R Doradus lediglich eine Helligkeit zwischen 4,8 und 6,6 mag. Im nahen Infrarotbereich des Lichtes handelt es sich dagegen um den zweithellsten Stern am Himmel, welcher mit einer maximalen Helligkeit von -2,6 mag sogar heller als der Stern Sirius, der Hauptstern des Sternbildes „Großer Hund“, erstrahlt. Aus diesem Grund wird zur Beobachtung der Bedeckung neben der ISS-Kamera auch ein weiteres Spektrometer der Raumsonde, das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), eingesetzt. Eine weitere Dokumentation einer Sternokkultation wird am 13. April den Stern W Hydrae im Sternbild „Wasserschlange“ zum Ziel haben.
Kurz vor dieser zweiten Okkultation wird sich die ISS-Kamera erneut auf den zu diesem Zeitpunkt 1,79 Millionen Kilometer von der Raumsonde entfernt befindlichen Titan richten, um erneut Wolkenformationen in der oberen Atmosphäre dieses Mondes abzubilden. Bis zum Abschluss des Orbits 187 sind dann noch mehrere solcher Beobachtungen vorgesehen. Vergleichbare Observationen werden zudem auch die Atmosphäre des Saturn zum Ziel haben. Weitere Abbildungen am 13. April werden die Saturnringe D und F wiedergeben.
Am 15. April gilt das Interesse der an der Mission beteiligten Wissenschaftler schließlich den inneren Monden des Saturn. Hierbei sollen mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann. Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Parameter über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.
Am 16. April wird sich die ISS-Kamera schließlich auf den kleinen, äußeren Saturnmond Siarnaq richten. Außer den Daten von dessen Umlaufbahn um den Saturn und seinem Durchmesser von rund 40 Kilometern ist über diesen erst im Jahr 2000 entdeckten Mond bisher nur sehr wenig bekannt. Die ISS-Kamera soll Siarnaq über einen Zeitraum von mehreren Stunden aus einer Distanz von rund 10,9 Millionen Kilometern mehrfach abbilden.
Anhand der Variationen in der sich bei dieser Beobachtungssequenz ergebenden Lichtkurve und einem Abgleich mit vorherigen Beobachtungen sollen dessen Helligkeitsvariationen und die sich daraus ergebende Rotationsperiode dieses Mondes näher bestimmt werden. Vergleichbare Beobachtungen in den Jahren 2009 und 2010 führten zu widersprüchlichen Resultaten. Die jetzt geplante Messung wird – zusammen mit weiteren für den Sommer 2013 vorgesehenen Beobachtungskampagnen – diese Widersprüche hoffentlich bereinigen. Die Beobachtung des Mondes Siarnaq ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus jeweils mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden.
Am 17. April 2013 wird die Raumsonde Cassini schließlich um 09:26 MESZ in einer Entfernung von rund 1,3 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und auch diesen 187. Orbit um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 188 sind erneut verschiedene Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn vorgesehen.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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