Ein warmer Südpol auf Neptun

Es kann einen warmen Südpol geben? Was auf der Erde erst im Entstehen ist (mit freundlicher Mithilfe der Erdbewohner), ist am Neptun bereits normal: der Planeten-Südpol ist heißer als der Rest des Planeten. Was es mit dem warmen Südpol auf sich hat und warum dieser trotzdem ideal für die Erde wäre, lesen Sie hier…

Ein Beitrag von Martin Ollrom. Quelle: NASA/JPL.

„Die Temperaturen sind so hoch, dass Methangas, welches eigentlich gefroren im oberen Teil der Neptun-Atmosphäre sein sollte, aus der Atmosphäre in den Weltraum entweichen kann“, sagt Glenn Orton vom Jet Propulsion Laboratory in Pasadena. Sie ist leitender Autor einer Studie, die am 18. September im Astronomie-Journal Astronomy and Astrophysics veröffentlicht wurde. Die Untersuchungen wurden mit dem Very Large Telescope des ESO in Chile gemacht.

In der Studie erläutern Orton und ihre Kollegen die Funde und Entdeckungen bei den jüngsten Neptun-Untersuchungen. Eine der wesentlichsten Erkenntnisse ist die nachgewiesene Tatsache, dass die Temperatur auf dem Südpol von Neptun derzeit um zirka zehn Grad Celsius höher ist als irgendwo anders auf der Planetenoberfläche. Dabei muss erwähnt werden, dass die Durchschnittstemperatur auf dem Neptun bei ungefähr minus 200 Grad Celsius liegt. Also kann man die zehn Grad wärmer durchaus verschmerzen – dies wäre eigentlich ideal für die Pole auf unserem Heimatplaneten.

NASA/JPL
Diese Bilder zeigen thermische Bilder des Planeten Neptun. Hellere Bereiche repräsentieren wärmere Bereiche auf dem Planeten
(Bild: NASA/JPL)

Neptun ist der von der Sonne am weitesten entfernte Planet unseres Sonnensystems und ungefähr 30 Mal weiter von der Sonne entfernt als unsere Erde. Das eintreffende Sonnenlicht liegt beim Neptun um den Faktor Tausend unter der Sonneneinstrahlung, die wir hier auf der Erde (mehr oder weniger) genießen dürfen. Das Tausendstel der Sonneneinstrahlung hinterlässt trotzdem signifikante Spuren in der Planetenatmosphäre. Das Astronomenteam fand heraus, dass die Temperatur regelmäßigen Änderungen unterliegt. Man könnte hier die Jahreszeiten auf der Erde als Vergleich heranziehen – hier sind Wetter und Temperatur auch von der Jahreszeit abhängig. Allerdings sprechen wir beim Neptun von „etwas“ längeren Jahreszeiten, denn ein Neptunjahr dauert 165 irdische Jahre. Mittlerweile ist es seit 40 Jahren Sommer auf dem Südpol des Neptun, der Winter wird erst in 80 Jahren zurückkommen. Allerdings ist die Jahreszeit nicht auf jedem Teil der Oberfläche zu merken, denn der Sommer macht sich nur in der Nähe des Südpols bemerkbar, der Winter naturgemäß dann in der Nähe des Nordpols. Ein Atmosphärenaustritt von Methan zeigt an, welche Jahreszeit gerade auf welchem Pol herrscht beziehungsweise welcher Pol von der Sonne bestrahlt wird.

„Neptuns Südpol ist derzeit voll der ‚Sonneneinstrahlung‘ ausgesetzt, ähnlich dem Südpol auf der Erde während des Sommers in der südlichen Hemisphäre“, erklärt Orton. „Aber auf Neptun dauert der Sommer bereits seit 40 Jahren an und wird noch weiter andauern, dagegen sind unsere paar Monate nichts. Eine mehr als 40-jährige dauerhafte Sonneneinstrahlung kann natürlich, für Neptun-Verhältnisse, gewaltige Temperaturunterschiede ausmachen. Die Unterschiede sind vor allem zwischen Regionen zu messen, die einerseits dauerhaft von der Sonne bestrahlt werden und andererseits einem ständigen Tag-Nacht-Wechsel obliegen. Diese Temperaturunterschiede könnten zusätzlich ein Grund für die extrem starken Stürme auf Neptun sein, denn dieser Planet hat die schnellsten und heftigsten Winde im Sonnensystem (Geschwindigkeit von ungefähr 2.000 Kilometern pro Stunde).“

Die Forschungen lieferten aber nicht nur Antworten, sondern auch neue Fragen. Eine dieser Fragen ist das Mysterium um die „Hot-Spots“, die man in höheren Teilen der Stratosphäre ausgemacht hat. Hier fehlt jeglicher Zusammenhang mit irgendeinem anderen Phänomen auf Neptun. Eine erste Vermutung lautet, dass das Gas von den darunterliegenden Atmosphärenschichten dafür verantwortlich sein könnte.

Methan ist nicht unbedingt der Hauptbestandteil der Neptun-Atmosphäre, welche als Atmosphäre eines großen Gasriesen logischerweise großteils aus leichten Gasen besteht. Beispiele dafür sind Wasserstoff und Helium. Das Methan ist jedoch dafür verantwortlich, dass Neptun nach außen hin blau wirkt, denn es absorbiert das rote Licht der Sonne und reflektiert das dann überwiegend blaue zurück in den Weltraum.

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