Die meisten Astronomen glauben, dass die Mehrheit der Sonnensysteme mehr als einen Stern enthält. Dieser Glaube ist falsch. Eine neue Forschungsarbeit zeigt, dass die Mehrzahl der Sternsysteme nur einen einzigen Stern beherbergt. Da Planeten vermutlich eher in Einzelsternsystemen entstehen, könnten Planeten häufiger sein als bisher angenommen.
Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: UCLA. Vertont von Guido Schumann.
Astronomen wissen seit langem, dass schwere, helle Sterne, zu denen auch unsere Sonne gehört, meist in Mehrfachsternsystemen vorkommen. Diese Tatsache führte zu der Annahme, das Sterne seltener allein auftreten. Neuere Beobachtungen von Sternen mit geringer Masse haben jedoch gezeigt, dass diese Objekte meist einzeln auftreten. Es ist außerdem seit langem bekannt, dass Sterne mit niedriger Masse, auch Rote Zwerge oder M-Klasse-Sterne genannt, wesentlich häufiger vorkommen als massereichere Sterne.
Durch die Kombination dieser beiden Tatsachen kam Astronom Charles Lada vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics zu der Erkenntnis, dass die meisten Sternsysteme aus einzelnen Roten Zwergen bestehen.
Unter den sehr massereichen Sternen der Typen O und B sind 80 Prozent der Systeme Mehrfachsysteme, sie sind jedoch sehr selten. Etwas mehr als die Hälfte der leichteren, sonnenähnlichen Sterne sind ebenfalls Mehrfachsysteme. Daneben haben nur etwa 25 Prozent aller Roten Zwerge einen Begleiter. Kombiniert man dies mit der Tatsache, dass 85 Prozent aller Sterne in der Milchstraße Rote Zwerge sind, kommt man unausweichlich zu der Erkenntnis, dass zwei Drittel aller Sterne der Galaxie einzelne Rote Zwerge sind.
Das häufige Vorkommen von Einzelsternen deutet darauf hin, dass die Mehrheit der Sterne vom Moment ihrer Geburt an in diesem Zustand vorkommen. Sollten weitere Studien die Ergebnisse bestätigen, könnte dies die Anwendbarkeit von Theorien über die Entstehung von Einzelsternen wie unserer Sonne verbessern. Andere Theorien, die davon ausgehen, dass Sterne in Mehrfachsystemen entstehen, würden dadurch gleichzeitig weniger bedeutend.
„Es ist sicherlich möglich, dass durch stellare Begegnungen aus binären Systemen zwei Einzelsysteme entstehen,“ sagte Frank Shu von der National Tsing Hua University in Taiwan. „Es ist aber nicht sehr wahrscheinlich, dass die Ergebnisse von Lada durch solche stellaren Begegnungen erklärt werden können.“
Ladas Ergebnisse bedeuten, dass auch Planeten häufiger vorkommen als bislang angenommen. Die Entstehung von Planeten ist in Doppelsternsystemen schwieriger, da die Gezeitenkräfte der Sterne die protoplanetarischen Staubscheiben zerreißen. Zwar sind auch in Binärsystemen einige Planeten gefunden worden, jedoch müssen sie entweder sehr weit entfernt von einem Sternenpaar kreisen, oder aber einen der beiden weiter voneinander entfernten Begleiter in einer engen Umlaufbahn umfliegen. Staubscheiben um Einzelsternsysteme sind den zerstörerischen Kräften nicht ausgesetzt und bieten daher bessere Bedingungen für die Entstehung von Planeten.
Erst vor kurzem haben Astronomen die Entdeckung eines relativ kleinen Planeten mit der fünffachen Masse der Erde entdeckt, der einen einzelnen Roten Zwerg umkreist.
„Dieser neue Planet könnte die Spitze eines Eisbergs sein,“ sagte Lada. „Rote Zwerge könnten ein ergiebiger Jagdgrund für die Entdeckung von erdähnlichen Planeten werden.“
„Die Entdeckung ist besonders interessant, da sich bei diesen Sternen die bewohnbaren Zonen – also die Region um einen Stern, in der Wasser auf Planeten in flüssiger Form vorkommen kann – näher am Stern befinden und dort Planeten auch besser zu finden sind. Der erste wirklich erdähnliche Planet, den wir entdecken, könnte sich in der Umlaufbahn eines Roten Zwerges befinden,“ sagte CfA Astronom Dimitar Sasselov.