Einzigartiger Blick auf Saturns Ravioli-Monde

Messungen aus der letzten Phase der Cassini-Mission zeigen, wie dynamische Prozesse im Saturnsystem die Monde Pan, Daphnis, Atlas, Pandora und Epimetheus formten. Eine Information des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.

Quelle: MPG.

28. März 2019 – Die meisten der 62 Saturnmonde kreisen in großem Abstand außerhalb des Hauptringsystems um ihren Riesenplaneten. Nur etwas mehr als eine Handvoll kleiner, unregelmäßig geformter Körper, so genannte Ringmonde, bilden eine Ausnahme. In den letzten Monaten der NASA-Mission Cassini gelang der gleichnamigen Raumsonde der bisher genaueste Blick auf fünf dieser bizarren, zum Teil Ravioli-förmigen Körper und ihre Umgebung. Die Ergebnisse der Messungen präsentiert ein Forscherteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen in dieser Woche in der Fachzeitschrift Science. Form, Dichte, Oberflächenbeschaffenheit und -zusammensetzung sowie die Verteilung geladener Teilchen in der Umgebung erlauben Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte der Ringmonde. Messungen der geladenen Teilchen in der Umgebung der Monde ergab eine Überraschung: eine stark begrenzte Ansammlung hochenergetischer Elektronen, die im Bereich des F-Rings einen bisher unbekannten Mikrostrahlungsgürtel bilden.

NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute
Ringmonde des Saturn
(Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute)

Besonders drei der innersten Saturnmonde sind bizarre Welten: Mit ihren wulstartigen Verdickungen entlang des Äquators erinnern Pan, Daphnis und Atlas in gewisser Weise an kosmische Ravioli. Während sich Pan und Daphnis innerhalb des von der Erde gut sichtbaren A-Rings jeweils eine Umlaufbahn freigeräumt haben, findet sich Atlas am äußersten Rand desselben Rings. Pandora und Epimetheus, beide eher kartoffel- denn Ravioli-förmig, kreisen nur wenig außerhalb des weiter außen angrenzenden, deutlich dünneren und staubreicheren F-Rings um den Saturn.

Die letzte Phase der NASA-Saturnmission Cassini bot die Gelegenheit, diese ungewöhnlichen Körper, deren Durchmesser zwischen 8 und 120 Kilometern betragen, aus bisher unerreichter Nähe zu studieren. In sechs Vorbeiflügen in der Zeit von Dezember 2016 bis April 2017 konnten fünf Kameras und Spektrometer einzigartige Messdaten sammeln. Etwas später beteiligte sich auch der Teilchendetektor LEMMS (Low Energy Magnetospheric Measurement System), ein Teil des Instrumentenpakets MIMI (Magnetospheric Imaging Instrument), den ein Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung entwickelt und gebaut hatten, an der Messkampagne: Diese lief, als Cassini zwischen April und September 2017 die wagemutigsten Manöver flog und in den Bereich zwischen dem Planeten und seinem innersten Ring eintauchte. In dieser Zeit überwachte LEMMS die Plasmaumgebung der Ringmonde erstmals systematisch und im Detail.

Die gesamte Messkampagne zeichnet das bisher genauste Bild der fünf Monde und ihrer Umgebung. Mit räumlichen Auflösungen zwischen 36 und 170 Metern pro Pixel lassen sich Volumen und somit Dichte der Körper deutlich genauer bestimmen als zuvor. Auch detailliertere Aussagen zu den Verdickungen am Äquator sind so möglich. Während bei Pan dieser Wulst etwa zehn Prozent des Gesamtvolumens ausmacht, sind es bei Daphnis lediglich ein Prozent, bei Atlas hingegen 25 Prozent. In allen drei Fällen ist der Wulst deutlich glatter und von weniger Kratern durchzogen als der Rest der Oberfläche, was auf ein jüngeres Alter schließen lässt. Dies gilt auch für die eher flache Äquatorregion des Mondes Pandora. Insgesamt erscheint die Oberfläche der fünf Trabanten sehr porös; ihre mittleren Dichten sind mit maximal 640 Kilogramm pro Kubikmetern vergleichbar mit der von Kork.

All dies deutet auf einen mehrstufigen Entstehungsprozess, in dem sich nach und nach lockeres Material aus den Saturnringen am Äquator der Ringmonde ablagerte. Darunter könnte sich ein dichterer Kern verbergen – möglicherweise ein Bruchstück eines größeren Körpers, der einst den Saturn umkreiste und durch Zusammenstöße zerbrach.

Ebenfalls für die Ablagerung von Ringmaterial spricht die Oberflächenzusammensetzung der Monde, die sich erstmals mit dem Spektrometer VIMS (Visible and Infrared Mapping Spectrometer) untersuchen ließ. Je näher die Monde am Saturn liegen, desto rötlicher erscheinen sie. Dieser Färbung überwiegt auch im Ringmaterial selbst. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten dort organische und eisenreiche Verbindungen. Die weiter außen liegenden Ringmonde, besonders Epimetheus, erscheinen hingegen bläulicher. Ursächlich dafür sind winzige Eiskörnchen, die der weiter außen kreisende Saturnmond Enceladus ins All spuckt. „Beide Prozesse wirken zusammen und bestimmen so das Erscheinungsbild der Ringmonde in Abhängigkeit von ihrem Abstand zum Saturn“, sagt Max-Planck-Forscher Elias Roussos, einer der Hauptautoren der Veröffentlichung.

Auch hochenergetische Teilchen können einen Einfluss auf die Oberflächeneigenschaften der Monde haben. Doch die LEMMS-Daten belegen, dass dieser Effekt vernachlässigbar ist. „Unsere Daten zeigen, dass die Umgebung aller fünf Monde weitgehend frei von hochenergetischen Protonen ist“, so Roussos. Die Monde Pandora und Prometheus absorbieren diese Protonen zusammen mit dem F-Ring so effektiv, dass sich in ihrer Umgebung keine nennenswerte Menge aufbauen kann. Ähnlich verhält es sich mit den Monden, die innerhalb des A-Rings um den Saturn kreisen.

In ihren Messdaten stießen die Forscherinnen und Forscher zudem auf eine Überraschung: eine Ansammlung energetischer Elektronen entlang des F-Rings. Diese Ergebnissen wurden in einem Artikel im Journal Geophysical Research Letters veröffentlicht. Die Ansammlung betrifft nicht den gesamten Ring, sondern findet sich nur wenige Stunden nach der lokalen Mittagszeit ausgedehnt über einen Winkel von 15 Grad. Die Fachleute bezeichnen diese Verteilung als Mikrostrahlungsgürtel. Sie deutet auf komplexe Plasmaströme in der Nähe des Planeten hin. Besonders überraschend ist jedoch, dass sie mit dem F-Ring zusammenfällt. „Ringe sind allgemein dafür bekannt, Partikelstrahlung zu absorbieren. Im Gegensatz dazu scheint der F-Ring einen eigenen, winzigen Strahlungsgürtel zu erzeugen. Wie das passiert, ist immer noch ein Rätsel“, sagt Roussos.

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