Als die Sonde Cassini im Juli am Südpol des Saturnmonds Enceladus vorbeiflog, entdeckte sie vollkommen untypische Eigenschaften dieser Region, die jedoch eine Frage bezüglich des Saturnsystems beantworten.
Autor: Karl Urban.
Der Saturnmond Enceladus ist von wachsendem Interesse für die beteiligten Projektwissenschaftler, die an der Mission Cassini-Huygens der NASA und ESA beteiligt sind. Der im Durchmesser nur 500 Kilometer messende Trabant besitzt eine äußerst sonderbare Südpolregion, die immer mehr in den Fokus der Forscher rückt. Diese fällt neben ihrem geologisch relativ jungen Terrain im Vergleich zum Rest der Oberfläche vor allem durch eine dünne Atmosphäre auf.
Es ist jedoch für Objekte dieser Größer nicht normal, eine Atmosphäre zu besitzen. Die geringe Gravitation reicht kaum aus, die Gaspartikel über längere Zeit zu halten. – Sie gehen nach kurzer Zeit in den Weltraum verloren. Der Saturnmond Titan besitzt eine sehr dichte Atmosphäre, ist aber mit 5150 Kilometern Durchmesser auch ungleich größer als Enceladus. Woher also stammt die dünne Lufthülle des Trabanten? Denn aufgrund der Einflüsse von Mikrometeoriten, die eine Ausdünnung der Gaspartikel verursachen, muss eine Quelle für die Atmosphäre in der Südpolregion von Enceladus selbst existieren.
Die entdeckte Luftschichte besteht zu 65 Prozent aus Wasserdampf. Andere Bestandteile sind molekularer Wasserstoff (20 Prozent) sowie kleinere Anteile von Kohlenstoffdioxid, molekularem Stickstoff und Kohlenstoffmonoxid. Dies ergaben Untersuchungen mit dem Massenspektrometer an Bord von Cassini beim jüngsten Vorbeiflug der Sonde am 14. Juli 2005. Dabei näherte sie sich der Südporegion auf nur 175 Kilometer. Dass die Wasserdampf-Dichte mit zunehmender Höhe stark abnimmt, ist ein Indiz für eine Quelle direkt auf der Oberfläche. Dies könnte laut NASA ein geothermaler Hotspot sein, der durch vulkanische Aktivität gespeist wird.
„Enceladus ist der kleinste bisher entdeckte Körper, der Vulkanismus zu haben scheint“, sagte Dr. Torrence Johnson, Cassini-Teammitglied bei der NASA. „Enceladus‘ lokale Wasserdampf-Atmosphäre erinnert entfernt an Kometen. Warme Punkte auf der Oberfläche sind vermutlich die Auswirkungen von Gezeiten-Energie, ähnlich wie auf dem Jupitermond Io. Seine geologisch recht junge Oberfläche aus Wassereis, geschmolzen durch Hitze aus dem Boden, erinnert an die Jupitermonde Europa und Ganymed.“
Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den erwähnten Jupitermonden und Enceladus. Alle haben einen Radius zwischen 3000 und 5000 Kilometern. Bilder von der Südpolregion des Trabanten zeigen große geologische Unterschiede zwischen ihr und den anderen Regionen auf der Oberfläche auf. Sie war augenscheinlich deutlich jüngeren geologischen Änderungen ausgesetzt. Die Forscher hatten Eisblöcke von der Größe von Häusern entdeckt sowie große Risse.
Ein weiteres Instrument an Bord von Cassini deckte eine weitere Besonderheit des Südpols auf: Die Region ist wärmer als der Rest des Mondes. Erwartet hatten die Forscher eine Temperatur, die unter den 80 K (-193°C) am Äquator liegt. Immerhin erreicht die Sonne die Pole in einem schrägeren Winkel als den Äquator. Jedoch sind einzelne Regionen mit größeren Rissen mit 110 K (-163°C) wärmer. Selbst die Durchschnittstemperatur des Südpols liegt mit 85 K (-187°C) über der Temperatur der Äquatorregion.
„Das ist außergewöhnlich – so als wenn wir über die Erde fliegen und entdecktn, dass die Antarktis wärmer als die Sahara ist“, sagte Dr. John Spencer, Teammitglied am Instrument Composite Infrared Spectrometer an Bord von Cassini.
Die untypischen Temperaturunterschiede sind kaum erklärbar, wenn das Sonnenlicht die einzige Wärmequelle auf Enceladus ist. Vermutlich sind Teile der Südpolregion wärmer aufgrund von Hitze, die aus dem Innern entweicht. Dies führt zu Verdunstung der eisbedeckten Oberfläche und erklärt damit auch die dünne Atmosphäre aus Wasserdampf. Wie jedoch ein im Durchmesser 500 Kilometer Körper eine so starke interne Hitze entwickeln kann, ist bisher völlig ungeklärt.
Die Lufthülle kann aber zumindest nicht nur neue Fragen aufwerfen sondern auch eine Frage beantworten: Sie ist höchstwahrscheinlich die Quelle für den E-Ring des Saturn. Die Forscher vermuten, dass Mikrometeoriten ständig Gaspartikel von Enceladus wegblasen und so den diffusen E-Ring speisen, welcher der Bahn von Enceladus um Saturn sehr nahe ist.
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