Expedition 24

Die Mission der ISS-Expedition 24

Autor: Günther Glatzel & Ralf Möllenbeck.

Beginn: 2. Juni 2010
Ende: 25. September 2010
Dauer: 115 Tage
EVA: 4


Besatzungsmitglieder

Am 31. Mai erfolgte die Kommandoübergabe von Oleg Kotow an Alexander Skworzow, zwei Tage später kehrte die Besatzung von Sojus-TMA 18 zur Erde zurück. Damit begann die Mission der ISS-Expedition 24. Am 5. und 8. Juni wurde die Bahn der Internationalen Raumstation im Verlaufe von drei Bahnmanövern um mehr als 10 km angehoben. Dabei wurde eine Geschwindigkeitsänderung von zusammen fast 6 m/s realisiert. Am 5. Juni wurden dazu die Triebwerke am Heck des Servicemoduls Swesda verwendet, am 8. Juni die des an Pirs angedockten Frachters Progress-M 05M.

Die Mannschaft führte etliche Wartungsarbeiten durch. Alexander Skworzow prüfte täglich die Aerosol-Filter des “Elektron”-Sauerstoffgenerators, Michail Kornijenko ersetzte Staubfilter, wechselte Batterien an Dosimetern und erledigte eine vorbeugende Wartung des Lüftungssystems im Swesda-Modul. Zusammen demontierten beide das russische Fahrradergometer Velo VB 3 und ersetzten es durch ein neues mit der Bezeichnung VB 3M. Dieses wurde mit dem Raumfrachter Progress M-04M zur ISS geliefert, war im MIM 2Poisk zwischengelagert und wird nun für seine Nutzung ausgerüstet. Im Modul Rasswjet (MIM 1) deinstallierte Alexander Skworzow die Elektronikausrüstung des automatischen Steuerungssystems, welche für das Kopplungsmanöver während STS 132 benötigt wurde. In Vorbereitung auf die Ankunft von Sojus-TMA 19 testeten Alexander Skworzow und Michail Kornijenko das automatische Kurs-Annäherungssystem.

Tracy Calwell-Dyson an der Microgravity Science Glovebox im Labormodul Columbus
(Bild: NASA)
v.l. Douglas Wheelock, Tracy Caldwell-Dyson, Alexander Skworzow, Michail Kornijenko, Shannon Walker und Fjodor Jurtschichin
Bilder: NASA

Tracy Caldwell-Dyson befasste sich unter anderem mit den Notfallanweisungen an Bord, einem tragbaren Beatmungsapparat und dem Feuerlöscher im Modul Destiny. Im Columbus-Modul konfigurierte sie die Hardware im BioLab, einem europäischen Biologie-Laboratorium. Weiterhin arbeitete Tracy an einer fehlerhaften Pumpe im Sauerstoffgenerator in Destiny, um diese mit Hilfe der Bodenkontrolle wieder zu aktivieren. Sie führte die alltägliche Oberflächen- und Luftprobenentnahme in verschiedenen Bereichen der Station durch, um diese auf Mikroben untersuchen zu können. Auf dem Programm standen zwei TV-Termine, ein Interview mit ESPN 2 in Johannesburg anlässlich der Fußball-WM in Südafrika und ein Gespräch mit Studenten vom „Cradle of Aviation Museum“ in Garden City (USA).

Auch auf der ISS geht mal etwas verloren. Tracy Caldwell-Dyson fand am Donnerstag die vermissten 17 Abwassertaschen für das Wasseraufbereitungssystem (WRS) in dem TOCA-Hardware-Kit wieder. TOCA ist notwendig, um die Trinkwasserqualität zu überprüfen. Ein Verschwinden von Gegenständen darf eigentlich nicht vorkommen, zumal täglich das Inventar-Verwaltungssystem von einem Besatzungsmitglied aktualisiert wird. Die dabei erzeugte Datei aller Staupositionen und Vorräte wird automatisch an die Datenbanken der drei Bodenstationen (Houston, Moskau, Baikonur) gesendet.

Die Mannschaft absolvierte ihr tägliches zweistündiges Trainingsprogramm mit den sechs in der Station vorhandenen Übungsgeräten. Dies ist nötig, um dem Muskelabbau durch die fehlende Gravitation während einer Langzeitmission entgegenzuwirken. Es gibt auf der ISS zwei Laufbänder, zwei Fahrradergometer, ein Fitness-Rudergerät und ein Universal-Trainingsgerät. Eines der beiden Laufbänder mit Namen TVIS und das Fahrradergometer VELO befinden sich im Swesda-Modul. Das zweite Laufband mit dem Namen COLBERT und das Universal-Trainingsgerät ARED haben ihren Platz in Tranquility. Im Destiny-Modul befindet sich das zweite Fahrradergometer CEVIS. Columbus beherbergt das ESA-Schwungrad-Übungsgerät FWED (FlyWheel Exercise Device).

Am 15. Juni startete das Raumschiff Sojus-TMA 19 mit Douglas Wheelock, Fjodor Jurtschichin und Shannon Walker und komplettierte zwei Tage später die ISS-Expedition 24. Diese stand unter dem Motto “Science for six”, womit die Wissenschaft stärker ins Zentrum der Mission gerückt wurde. Dazu wurden insgesamt 167 Experimente im Auftrag der kanadischen Raumfahrtorganisation CSA (4), der ESA (38), der japanischen JAXA (15), der NASA (68) und der russischen Roskosmos (43) auf den Gebieten Biologie & Medizin (87), Technikerprobung und Technologie (32), Physik, Chemie und Materialwissenschaft (23), Erderkundung und Atmosphärenforschung (10), Bildung (8) sowie Astronomie und Astrophysik (7) durchgeführt.

Die erste gemeinsame Woche der Langzeitbesatzung 24 startete wie üblich mit der zweistündigen Sicherheitseinweisung der Mannschaft. Kommandant Alexander Skworzow ging mit der Besatzung die Verfahren und Fluchtwege im Notfall durch. Er hatte dabei die Unterstützung eines Fachmanns am Boden. Weiterhin wurden die Rollen bei einem Unfall zwischen alten und neuen Besatzungsmitgliedern besprochen, die auch in den Bodentrainings geübt wurden.

Unter anderem machte sich Douglas Wheelock in seiner Funktion als medizinischer Offizier an Bord, unterstützt von Shannon Walker, mit dem Crew Medical Restraint System vertraut. Dies ist eine Vorrichtung, auf der Patienten für Behandlungen, Defibrillationen und andere Notfälle in der Schwerelosigkeit befestigt werden können. Das CMRS kann in zwei Minuten an der ISS-Struktur befestigt werden und könnte auch als Transportmittel von Patienten zwischen Station und Shuttle dienen.

Zum Thema Sicherheit passte auch eine Meldung vom Abend des 20. Juni. Nachdem sich an diesem Tage schon drei Teile Weltraumschrott der Station genähert hatten, wurden die Flugkontrolleure von einer neuen Kollisionswarnung überrascht. Die Zeit der größten Annäherung von Objekt 81.875 war um 18:38 Uhr UTC und ein Ausweichen der ISS wäre in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen. Es wurde erwogen, die Besatzungen zur Sicherheit in ihre Sojus-Raumschiffe zu schicken. Nach einer eingehenden Prüfung und Beobachtung des Objektes wurde allerdings Entwarnung von der Bodenstation gegeben.

Die Betreuung der Experimente und etliche Forschungsaufgaben wurden fortgesetzt. So fertigte ISS-Kommandant Alexander Skworzow 30 Minuten lang Fotos für das russische Ozean-Beobachtungsprogramm Seiner an, Tracy Caldwell-Dyson betreute das CSLM-2-Experiment zur Erforschung von Fest-Flüssig-Mischungen für die Herstellung von Metalllegierungen auf der Erde im europäischen Raumlabor Columbus. Weiterhin begann sie mit der dritten Reihe des Experimentes zur Untersuchung der Sauerstoffaufnahme des Menschen im Verlaufe von Langzeitaufenthalten im Weltall, während sich Michael Kornijenko im russischen Segment mit Rusalka beschäftigte, einem Experiment zur Ermittlung des Methan- und Kohlenstoffdioxidgehaltes der Erde aus der Ferne. Fjodor Jurtschichin arbeitete an Pilot-M, welches die Fähigkeit eines Probanden, unter Stress im All ein Raumfahrzeug zu steuern, untersucht.

Die sechs Besatzungsmitglieder nahmen weiterhin an der routinemäßigen Messung der Körpermasse in der Schwerelosigkeit teil. Um Körpermasse bei Null g zu bestimmen, wo Dinge schwerelos aber nicht masselos sind, ermittelt eine spezielle russische Vorrichtung die Trägheitskräfte, die während der Schwingungsbewegung einer Masse entstehen. Den Zeitabschnitt jeder Schwingung der unbekannten Masse (Besatzungsmitglied) messend und es mit der Periode einer bekannten Masse vergleichend, wird die Masse des Besatzungsmitgliedes durch den Computer berechnet und angezeigt. Flugingenieur Michail Kornijenko baute die Vorrichtung im Swesda-Modul auf und demontierte sie nach Abschluss der Messreihe.

Danach begannen Douglas Wheelock und Shannon Walker mit dem Einbau von WORF (Windows Orbital Research Facility), einer kastenartigen Vorrichtung zur Erdbeobachtung durch das erdzugewandte 20-Zoll-Fenster von Destiny. Sie verbrachten 6,5 Stunden damit, die von STS 131 gelieferte Forschungseinrichtung zu installieren. In WORF können diverse Kameras und multispektrale Scanner befestigt werden, wobei gleichzeitig Strom- und Datenverbindungen zur Verfügung stehen. Sie wurde so entworfen, dass schnelle Änderungen der Ausrüstung durch die Mannschaft erfolgen können. Die Vorrichtung bietet Haltemöglichkeiten für 35- und 70-mm-Kameras, Camcorder, etliche andere Geräte und schirmt diese vor Lichteinflüssen aus dem Inneren der Station ab. Anschließend wurde ein Laptop an WORF installiert, und eine Überprüfung der Funktionen via S-Band erfolgte durch die Bodenstation der NASA.

Da sich die Umlaufbahn der ISS Ende Juni ständig im Sonnenlicht befand, gab es Beschränkungen bei der Stromerzeugung aus thermischen Gründen. Zu diesem Zweck wurde der Backbord-Solarzellenausleger durch die Drehvorrichtung (SARJ) in einen anderen Winkel zur Sonne gestellt. Die dadurch verringerte Energieerzeugung erfordert ein sorgfältig geplantes Energie-Management durch die ISS-Partner innerhalb ihrer zugewiesenen Energieniveaus. Es gab einen vereinbarten Abschaltplan für Bordsysteme, welcher am 23. Juni in Kraft trat und am 29. Juni endete. Weiter wurde der amerikanische Anteil Fracht aus Sojus-TMA 19 entladen, die russischen Besatzungsmitglieder testeten das TORU-Andockkontrollsystem im Swesda-Modul für das Umsetzen von Sojus-TMA 19, es wurden einige private medizinische Konferenzen mit der Bodenstation abgehalten, die Station wurde gereinigt und das tägliche zweistündige Training wurde absolviert.

Wiederandocken nach kurzem “Rundflug”
(Bild: NASA-TV)

Am 28. Juni legte das Raumschiff Sojus-TMA 19 mit seiner Besatzung vom Heck der Station ab und koppelte 25 Minuten später am neuen Modul Rasswjet wieder an. Rasswjet (MIM 1) war erst im Mai an die Station angekoppelt worden und noch nicht vollständig für Fernanflugmanöver vorbereitet. Der Heck-Kopplungsstutzen musste aber für die Ankunft des nächsten russischen Frachtraumschiffs freigemacht werden. Dieser traf am 2. Juli an der Station ein. Er war zwei Tage zuvor gestartet und brachte 1.210 kg Trockenfracht (Ersatzteile, Lebensmittel, Ausrüstungsteile), 870 kg Treibstoff, 100 kg Wasser und 50 kg Sauerstoff zur Station. Im zweiten Anlauf, nach vier Tagen Flugzeit, erreichte Progress-M 06M sein Ziel, die ISS. Der erste Kopplungsversuch musste wegen eine Interferenz zwischen dem Progress-TV-Übertragungssystem und dem manuellen Steuerungssystem TORU abgebrochen werden. Nach eingehender Prüfung aller Systeme entschloss man sich, am 4. Juli einen neuen Versuch zu starten. Im Vorfeld wurden alle relevanten Systeme getestet und dabei keine Fehlfunktionen festgestellt. Trotzdem wurde auf die Aktivierung des TORU-System verzichtet und das Manöver wurde automatisch durchgeführt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass durch einen Bedienungsfehler eines Kosmonauten ein normalerweise abgeschaltetes System aktiviert war und die Interferenzen verursachte.

Mehrere Problemfälle wurden anschließend auf der ISS und mit den Bodenstationen bearbeitet. Dazu zählte der Ausfall des amerikanischen Sauerstoffgenerators (Oxygen Generator Assembly) im Labormodul Destiny. Zur Verbesserung der Stationsatmosphäre wurden am 8. Juli die Sauerstoffvorräte des gekoppelten Raumfrachters Progress-M 06M angezapft. Auch das amerikanische Sanitär- und Hygieneabteil (Waste and Hygiene Compartment) machte wieder Probleme. Nach mehreren Reparatureinsätzen war die Toilette wieder funktionsfähig. An einer endgültigen Zusammenschaltung von Sanitär- und Hygieneabteil (WHC) mit der Urin-Verarbeitungsanlage (Urine Processor Assembly) wurde aber auch später gearbeitet. Eine weitere Fehlfunktion trat bei der Übertragung von Urin aus der Station zum BV1-Rodnik-Tank von Progress-M 06M auf. Eine Vorab-Dichtigkeitsprüfung mit Luft zeigte ein Leck im Bereich des leeren Progress-Tanks. Die Maßnahme wurde daraufhin verschoben.

Skworzow bereitet das Plasma-Kristall-Experiment der ESA vor.
(Bild: NASA)

Viele Experimente liefen in den Labor-Modulen fast ohne das Zutun der Raumfahrer. Einige Forschungsaufgaben erforderten aber die aktive Betreuung durch sie. Alexander Skworzow und Michail Kornijenko widmeten dem Experiment Plasma-Kristall 3 Plus im Modul Poisk etwas Zeit. Mit PKE 3+ der ESA wird das Verhalten elektrisch geladener Staubteilchen in der Schwerelosigkeit erforscht. Beobachtbar sind Strömungen und Zusammenballungen. Shannon Walker kümmerte sich derweil um die akustischen Dosimeter, welche von Kommandant Alexander Skworzow sowie den Flugingenieuren Michail Kornijenko und Tracy Caldwell-Dyson getragen werden sollten. Diese Dosimeter zeichneten einen ganzen Tag lang den Geräuschpegel auf, dem die drei Besatzungsmitglieder während dieses Zeitraumes ausgesetzt waren. Diese Aufzeichnung diente der Kontrolle und Sicherung des Geräuschpegels innerhalb vorgegebener Parameter an Bord der ISS. Fjodor Jurtschichin betreute inzwischen das russische Experiment Relaksazija, mit dem Strahlungsmuster der Erdionosphäre beobachtet wurden. Shannon Walker arbeitete am VO2max-Experiment, einer Studie zur Sauerstoffaufnahme eines Menschen vor, während und nach seinem Aufenthalt im Weltraum. Verglichen und bewertet wurden die Veränderungen in seiner aeroben Kapazität über einen längeren Zeitraum.

Doug Wheelock und Tracy Caldwell-Dyson führten die Wartung der Kohlenstoffdioxid-Filteranlage (CDRA) durch, einer Komponente des Lufterneuerungssystems, mit der der Stationsluft das Kohlenstoffdioxid entzogen wird. In Vorbereitung auf die im August stattfindenden Außeneinsätze fanden einige Arbeiten an der Ausrüstung und den Raumanzügen im Schleusenmodul Quest statt. Es wurde einiges an Ausrüstung verstaut, Schalter zurückgesetzt und die Kühlmittelleitungen der Raumanzüge routinemäßig gespült. Außerdem wurde der Hauptstationsmanipulator von der Halterung am Destiny-Modul zum mobilen Transportsystem (Mobile Base System) bewegt und am Haltepunkt 3 angedockt sowie eine turnusmäßige Notfallübung durchgeführt.

Tracy Caldwell-Dyson widmete sich dem EarthKAM-Experiment. EarthKAM ermöglicht Schülern auf der Erde, eine Digitalkamera an Bord der ISS zu programmieren, um geografische Ziele aufzunehmen und in den Klassenräumen ihrer Mittelschulen auszuwerten. Mehr als 50 Schulen hatten sich für dieses Bildungsexperiment angemeldet. Die EarthKAM-Komponenten wurden erstmals in WORF (Windows Orbital Research Facility), einer kastenartigen Vorrichtung zur Erdbeobachtung am erdzugewandten 20-Zoll-Fenster von Destiny, eingebaut. Leider kam es beim Verbinden der EarthKAM-Komponenten mit dem A31p-Laptop zu Störungen und das Experiment konnte nicht in Betrieb genommen werden. Alle Reparaturversuche von Tracy Caldwell-Dyson mit Hilfe der Bodenstation blieben zunächst erfolglos. Der Fehler wurde in der EarthKAM-Software oder dem SSC (Station Support Computer) vermutet. Am 16. Juli, fand eine Bahnanhebung des Orbitalkomplexes mit Hilfe der Triebwerke von Progress-M 06M statt. Diese waren 17 Minuten und 45 Sekunden lang in Betrieb und ermöglichten eine um 3,7 km höhere Umlaufbahn.

Die NASA-Astronautin Tracy Caldwell-Dyson gab am 25. Juni eine erste Videokonferenz in der amerikanischen Zeichensprache ASL (American Sign Language). Es ist die in den USA am vierthäufigsten genutzte Sprache. In dem fast sechsminutigen Video sprach die amerikanische Astronautin direkt zu den tauben Menschen darüber, welche Aufgaben sie auf der Raumstation hat und wie ihr Interesse an ASL geweckt wurde.

Außenbordarbeiten am russischen Teil der ISS
(Bild: NASA-TV)

Am 27. Juli stiegen Fjodor Jurtschichin und Michail Kornijenko für 6 Stunden und 43 Minuten ins All aus. Bei ihrem Einsatz demontierten und entsorgten sie eine ältere Kamera am Heck der Raumstation und ersetzten sie durch eine neue. Außerdem verlegten sie ca. 90 Meter Kabel an der Außenseite des neuen Moduls Rasswjet. Dadurch wurde dieses an das Daten- und Versorgungsnetz der Station angeschlossen. Zudem wurden Komponenten des automatischen Annäherungssystems Kurs montiert und angeschlossen. Dadurch wurden für die Folgezeit automatische Rendezvous- und Kopplungsmanöver möglich. Während der Außenbordarbeit hielten sich die vier anderen Mitglieder der Stationsbesatzung in der Nähe ihrer Raumschiffe auf.

Am 29. Juli gelang nach langwierigen Arbeiten unter Beratung von Ingenieuren auf der Erde die Reparatur und Wiederinbetriebnahme des Sauerstoffgenerators im Labormodul Destiny. In der Nacht zum 1. August weckte ein Alarm die sechs Besatzungsmitglieder, da im Kühlkreislauf A des Ammoniak-Thermalssystems des US-basierten Teils der ISS ein Fehler gemeldet wurde. Dieser führte zur automatischen Abschaltungen von etlichen Geräten in der Station. Davon waren auch die Lageregelung, das Kommunikationssystem und die Energieversorgung betroffen. Zunächst wurde ein Kurzschluss in einem Steuergerät der Pumpe des Kühlkreislaufes vermutet. Das Kühlsystem des US-Teils wurde daraufhin, wie für solche Fälle vorgesehen, umkonfiguriert und verschiedene, notwendige Systeme reaktiviert, andere dafür abgeschaltet. Die Lageregelung über Kreiselsysteme konnte nach kurzer Übernahme durch ein triebwerksbasiertes System im russischen Teil der ISS, bereits einen Tag nach dem Kühlsystemausfall wieder in Betrieb genommen werden. Nachdem man das Pumpenmodul selbst als Ursache für das Versagen des Kühlkreislaufs A ausgemacht hatte, wurde mit den Planungen für mehrere Außenbordeinsätze begonnen. Dazu wurden diese Arbeiten zuvor in einem großen Wasserbassin der NASA auf der Erde geprobt und Handlungsabläufe protokolliert.

Die Raumfahrer an Bord der Station waren in keiner unmittelbaren Gefahr. Allerdings würde der Ausfall eines weiteren Kühlkreislaufs die Situation enorm zuspitzen. Deshalb genoss die Reparatur des ausgefallenen Kühlsystems Priorität vor allen anderen Arbeiten. Da sich 6 Personen an Bord der ISS befanden, konnten alle notwendigen Routinearbeiten ebenfalls ausgeführt werden. Dazu gehörte auch eine Reihe automatisch ablaufender wissenschaftlicher Experimente.

Beim ersten Außenbordeinsatz (8 Stunden und 3 Minuten) von Douglas Wheelock und Tracy Caldwell-Dyson am 7. August konnte die Demontage eines defekten Pumpenmodul im Steuerbord-Kühlkreislauf des US-basierten Segments der Internationalen Raumstation nicht komplett erfolgen. Schuld war ein Schnellverschluss für eine der 4 Kühlmittelleitungen. Dieser ließ sich nicht so schnell schließen, wie es das Wort Schnellverschluss eigentlich suggeriert. Als es schließlich doch gelang, trat eine geringe Menge Ammoniak aus und verdampfte weitgehend. Gegen Ende des Einsatzes setzten die beiden Astronauten möglichst alle Bereiche ihrer Raumanzüge nacheinander der intensiven Sonnenstrahlung aus, damit sich eventuell vorhandene Reste des giftigen Kühlmittels verflüchtigen konnten. In der Luftschleuse wurden später keine Grenzwerte überschritten.

Das neue Pumpenmodul wird angeschlossen.
(Bild: NASA-TV)

Am 11. August wurden die restlichen Kühlmittel- und Kabelverbindungen gelöst, die defekte Pumpe demontiert und das neue Pumpen-Modul für die Montage präpariert. Der Ausstieg dauerte 7 Stunden und 23 Minuten. Am 16. August schließlich konnte das neue Pumpenmodul zur Steuerbordseite der Gitterstruktur bewegt und am vorgesehenen Ort montiert werden. Elektrische und Kühlmittelanschlüsse konnten problemlos vorgenommen werden, ein erster Test bestätigte die Funktionsbereitschaft. Nach 7 Stunden und 20 Minuten endete dieser dritte Reparaturausstieg, der gleichzeitig der 150ste Außenbordeinsatz an der Internationalen Raumstation war. Das Pumpenmodul hatte etwa 80.000 Stunden funktioniert, das sind umgerechnet mehr als 9 Jahre Dauerbetrieb. Bis zum 21. August war die Station auch im Inneren wieder vollständig einsatzbereit.

Jurtschichin arbeitet am Experiment Aseptik
(Bild: NASA)

Drei Tage zuvor wurde die Bahn der ISS mit den Triebwerken von Progress-M 06M am Heck um 2,2 km angehoben. Neben etlichen Wartungsarbeiten waren die russischen Besatzungsmitglieder auf der Station mit Forschungsaufgaben beschäftigt. Fjodor Jurtschichin beendete die letzte von drei Durchläufen des biologischen Experiments Aseptik im russischen Handschuhkasten Glavboks-S. Dabei geht es um die Entwicklung von Methoden und technischen Einrichtungen für die Durchführung biotechnologischer Experimente unter aseptischen Bedingungen zur Unterstützung der bemannten Raumfahrt. Bei einer Inkubation mit konstanter Temperatur wurden aus der Luft und von den Oberflächen dreimal Proben entnommen, um die Qualität der Sterilisation zu bewerten, die erste Probe zu Beginn der Forschungsreihe, die zweite nach zwölf Tagen und die dritte am Ende des Testlaufs. Eine weitere Beurteilung erfolgte visuell mit fotografischer Dokumentation. Die im Kasten gesammelten Proben wurden in der Kriogem-03-Gefriereinheit zwischengelagert. Sie kehrten mit Sojus-TMA 18 zur Erde zurück, und wurden dort auf Mikroorganismen untersucht. Weiter wurden die russischen Experimente Matrjoschka-R, Rusalka (Atmospärenforschung), MBI-15 “Pilot-M”/Neuro (Psychologie) und Uragan (Erderkundung) betreut oder neue Versuchsreihen durchgeführt.

Nach den drei anstrengenden Ausstiegen und der Rückversetzung der Station in den Normalzustand konnten die amerikanischen Besatzungsmitglieder zwei Tage leichterer Arbeit genießen. Dazu gehörte die Entfernung der Überbrückungsleitung zum russischen Stationsteil sowie die Wartung und Pflege der Außenausrüstung. Im weiteren Wochenverlauf führte Shannon Walker Wartungstätigkeiten am Wasserrückgewinnungssystem (WRS) im Knotenmodul Tranquilty durch, welches Frischwasser aus Brauchwasser, Urin und Luftkondensat erzeugt. Douglas Wheelock und Tracy Caldwell-Dyson hatten die Aufgabe, US-Abfälle in den Transporter Progress-M 06M zu verladen, dabei wurden sie von Michail Kornijenko unterstützt, welcher Urin aus acht EDV-U-Behältern in den leeren BV2-Rodnik-Tank pumpte. Im Gegenzug wurde Progress-M 06M auch entladen. So wurden Brennstoff (UDMH/Unsymmetrisches Dimethylhydrazin) und Oxydationsmittel (NTO/Stickstofftetraoxid) in die Niederdrucktanks des Sarja-Moduls transferiert. Diese Operation wurde ausschließlich von der russischen Missionskontrolle aktiviert, ein Eingreifen der ISS-Mannschaft war nicht nötig. Diese Treibstoffe werden für das Swesda-Modul benötigt, welches in der Lage ist, Bahnkorrektur- und Lageregelungsmanöver durchzuführen. Nach dem Okay von der russischen Missionsleitung öffnete Michail Kornijenko ein Ventil des Transporters und ließ den restlichen Stickstoff aus dessen Tanks in die Stationsatmosphäre ab.

Shannon Walker führte eine weitere Versuchsreihe mit SPHERES durch. Dabei geht es um eine Studie mit Experimental-Satelliten, um Techniken zu studieren, die zur Verbesserung bei automatischen Anlegemanövern, Satellitenreparaturen, dem Zusammenbau von Raumfahrzeugen und Notfallreparaturen geeignet sind. Weiterhin arbeitete sie mit dem VO2max-Experiment. Alle Besatzungsmitglieder nahmen am Hörtest (On-Orbit Hearing Assessment) der NASA teil. Dieser 30-Minuten-Test wird mit einer speziellen Software auf dem medizinischen Ausrüstungscomputer (MEC-Laptop) durchgeführt. Jedes Ohr wird in minimalen Hörbarkeitsstufen zwischen einer Frequenz von 250 Hz und 10 kHz sowie einem definiertem Schalldruckpegel getestet. Dazu wurden die individuell-spezifischen Prophonics-Ohrhörer, neue Bose-ANC-Kopfhörer, und ein Schallpegelmesser (Sound Level Meter) verwendet. Die Untersuchungsintervalle betragen einen Monat, wobei die erste Messung innerhalb von 14 Tagen nach Ankunft auf der ISS durchgeführt werden muss. Bei früheren Missionen von amerikanischen und russischen Besatzungsmitgliedern wurden Defizite beim Hören dokumentiert, die sich nach der Rückkehr zur Erde als nicht dauerhaft herausstellten. Zu den regelmäßigen Arbeiten auf der Station gehören zudem Schallpegelmessungen an verschiedenen Stellen der ISS. Alexander Skworzow führte diese durch und übertrug die Messdaten zu den Spezialisten auf der Erde. Dort werden sie analysiert und dienen unter anderem dazu, die Ergebnisse des Hörtests besser zu bewerten und entsprechende Geräuschpegel-Standards festzulegen.

Am 31. August koppelte der unbemannte Frachter Progress-M 06M nach 58 Tagen vom Heck der Station ab. Das Kommando zum Ablegen wurde um 11:21 Uhr UTC gegeben und drei Minuten später löste sich das Fahrzeug von der ISS. Damit endete die Mission von Progress-M 06M an der Station und der Platz am hinteren Andockstutzen des Swesda-Moduls war frei. Das Frachtraumschiff entfernte sich langsam vom Heck des Orbitalkomplexes und führte anschließend einen sechstägigen autonomen Flug durch, in dessen Verlauf sechs Messreihen des Radar-Progress-Experimentes durchgeführt wurden. Durch Bodenbeobachtungen wurden Dichte, Volumen und Reflexionsvermögen der ionisierten Umgebung des Raumschiffes bei Testläufen seiner Triebwerke untersucht. Am 6. September verglühte der Raumfrachter planmäßig in der Atmosphäre der Erde.

Anfang September konnte das stillgelegte Laufband TVIS im russischen Swesda-Modul wieder in Betrieb genommen werden. Grund der kurzzeitigen Stilllegung waren ungewöhnliche Geräusche bei der Benutzung, die von einer losen Schraube verursacht wurden. Nach eingehender Prüfung der Bauteile auf Folgeschäden konnte das Laufband zum Training freigegeben werden.

Vorbereitend auf die Rückkehr zur Erde begannen Alexander Skworzow, Michail Kornijenko und Tracy Caldwell-Dyson mit dem Verladen einiger Fracht. Weiter wurde die Batterie des Iridium-Satellitentelefons geladen und das Gerät sicher verstaut, um bei einer Landung außerhalb des geplanten Bereiches eine Kontaktaufnahme mit den Bergungsmannschaften zu erleichtern. Sojus-TMA 18 befindet sich am Docking- und Schleusenmodul Poisk (MIM 2).

Alexander Skworzow widmete sich dem russischen Experiment Seiner, bei dem er bestimmte vorher festgelegte Gebiete der Ozeane fotografierte und damit ermöglichte, den aktuellen Zustand aber auch Veränderungen in den Weltmeeren zu erkennen. Ein weiteres russisches Erdbeobachtungs-Programm nennte sich Uragan. Dabei werden die Auswirkungen von natürlichen oder von Menschen verursachten Katastrophen beobachtet und dokumentiert. Anfang September wurde das Hauptaugenmerk auf den Verlauf des Hurrikans Earl gelegt, etliche Fotoreihen angefertigt und zur Erde gesandt.

Weitere russische Experimente waren Pnevmokard und Pilot-M. Ersteres hat die Vorhersage der physischen Reaktionen von Raumfahrern bei der Rückkehr zur Erde zum Gegenstand. Alexander Skwortsow widmete einen Teil seiner Zeit dieser Forschungsreihe. Fjodor Jurtschichin und Michail Kornijenko führten gemeinsam das russischen Experiment Pilot-M durch.

Arbeit mit BISE
(Bild: NASA)

Die amerikanischen Flugingenieure Tracy Caldwell-Dyson und Shannon Walker nahmen an einem Experiment mit Namen BISE teil. BISE (Bodies in the Space Environment) umfasst die Erforschung von Wahrnehmungsänderungen im Verlaufe langer Raumflüge. Dieses kanadische Experiment ermittelt und vergleicht Daten, über die Wahrnehmung von Unten und Oben eines Besatzungsmitgliedes, während seines Aufenthaltes in der Schwerelosigkeit. Die Daten werden vor, während und nach der Langzeitmission ermittelt. Shannon Walker führte zudem ihre zweite Sitzung für das Biorhythmus-Experiment der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA durch. Dafür trug sie einen Tag lang ein EKG-Aufzeichnungsgerät. Es wurde hier der Einfluss des Langzeitaufenthaltes im All auf den Biorythmus anhand von auftretenden Schlafstörungen und der Schwächung des Herz-Kreislauf-Systems bewertet.

Ein Problem trat am Express-Rack 3 im europäischen Columbus-Labormodul auf. Es wurde ein Leck und eine dadurch verursachte Korrosion an der Rückseite des Schrankes entdeckt. Tracy Caldwell-Dyson erhielt die Aufgabe, mit Hilfe des Columbus-Kontrollzentrums in Oberpfaffenhofen, ein Niedertemperatur-Wasserventil auf der Rückseite von des Racks zu fotografieren und manuell zu betätigen. Die Betätigung gelang allerdings nicht. Des Weiteren wurde eine grünliche Substanz an dem Ventil festgestellt. Tracy wurde angewiesen, bei ihren Arbeiten Handschuhe, Schutzbrille und Mundschutz zu tragen.

Das Kommando wechselt.
(Bild: NASA-TV)

Am 12. September koppelte der zwei Tage zuvor gestartete Frachter Progress-M 07M automatisch am Heck der ISS an. An Bord befanden sich 2.515 kg feste und flüssige Fracht. Diese teilte sich in 880 kg Treibstoff für die Tanks der Raumstation, 49 kg Sauerstoff, 210 kg Wasser sowie 1.376 kg feste Anteile auf. Unter letzteren befanden sich 389 kg Ausrüstung für das amerikanische Segment, 59 kg in Päckchen für die russischen Besatzungsmitglieder und Formulare zur aktuell laufenden Volkszählung in Russland. Die Ergebnisse dieser Volkszählung auf der ISS gelangten via E-Mail zur Erde. Der Frachter wurde außerdem am 15. September für eine Bahnanhebung um etwa 2 km genutzt. Durch das Anheben der ISS wurde die Bahn für die Landung von Sojus-TMA 18 sowie das Andocken von Sojus-TMA 01M optimiert.

Am 22. September wurde das Kommando über die Internationale Raumstation offiziell von Alexander Skworzow an Douglas Wheelock übergeben. Zwei Tage später sollte das Raumschiff Sojus-TMA 18 mit Skworzow, Kornijenko und Calwell-Dyson von der Station abkoppeln. Hierbei gab es allerdings ein technisches Problem. So erfolgten Abkopplung und Rückkehr erst am 25. September, womit das Inkrement 24 endete.

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