Geheimnisvolle Gammastrahlen von der Erde

Über gewaltigen Gewitterwolken arbeitet ein gigantischer Partikelbeschleuniger in der oberen Erdatmosphäre bei Energien, die mit exotischen Bedingungen im Universum vergleichbar sind.

Ein Beitrag von Andreas Tramposch. Quelle: University of California.

Terrestrial gamma-ray flashes (TGFs) (irdische Gammastrahlenblitze) sind Gammastrahlenausstöße, die durchschnittlich nur eine Millisekunde andauern und von der oberen Erdatmosphäre ins Weltall abgegeben werden. Wissenschaftler denken, dass diese Gammastrahlenausstöße von Elektronen die annähernd mit Lichtgeschwindigkeit reisen und in der oberen Erdatmosphäre beim Auftreffen auf verstreute Atome abgebremst werden verursacht werden.

TGFs wurden erstmals 1994 im Rahmen des Burst and Transient Source Experiment (BATSE) vom Compton Röntgenstrahlenobservatorium entdeckt. BATSE konnte die TGFs nur mittels eines speziellen Beobachtungsmodus feststellen und die Messungen waren nur auf die Anzahl der Ausstöße oder deren Spitzenenergien beschränkt. Im Jahr 2002 wurde RHESSI (Reuven Ramaty High Energy Solar Spectroscopic Imager) als kleiner Forschungssatellit von der NASA gestartet um Röntgen- und Gammastrahlen in unserem Sonnensystem zu untersuchen. Nach der Entdeckung von den TGFs in der oberen Erdatmosphäre wurden Forschungspläne entwickelt, die zusätzlich zu den Studien im Sonnensystem auch die Untersuchung der TGFs in der Erdatmosphäre beinhalten. Neue Beobachtungen vom RHESSI konnten durch einen verbesserten Beobachtungsmodus einen um den Faktor 10 erhöhten Rekordenergieausstoß messen. Durchschnittlich werden täglich circa 50 TGFs gemessen. Die Anzahl könnte aber bis zum 100 fachen ansteigen, da die Ausstoßungen nur dann gemessen werden können, wenn sich der Satellit direkt darüber befindet.

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Künstlerische Darstellung eines TGF über Gewitterwolken die für diese Gammastrahlenaussendungen verantwortlich sind. (Quelle:NASA)

“Die Idee, dass die Erde als kleiner und zahmer Planet als Partikelbeschleuniger dienen kann ist wirklich faszinierend,” sagte David Smith, der Assistenzprofessor von Physik an der Universität in Santa Cruz. “Die Energien, die wir messen konnten waren so hoch wie die Gammastrahlen die von Schwarzen Löchern und Neutronensternen abgegeben werden,” fügte Smith hinzu. Der exakte Mechanismus der die Elektronenstrahlen beschleunigt und TGFs verursacht ist noch immer unklar. Möglicherweise könnte aber die Bildung einer elektrischen Aufladungen an der Spitze von Gewitterwolken aufgrund der Blitzentladungen eine Rolle spielen. Ein gewaltiges elektrisches Feld zwischen der Wolkenoberdecke und der Ionosphäre (der stark elektrisch geladenen Außenschicht der Erde) wären das Resultat. Unter Vernachlässigung der exakten Ursache, ist ein enormer Partikelbeschleuniger in der oberen Erdatmosphäre dafür verantwortlich, dass die Elektronen zu diesen hohen Energien beschleunigt werden. Beim Zusammenstoß mit den zerstreuten Atomen in der oberen Erdatmosphäre emittieren diese die Gammastrahlen.

Die Dauer der TGFs wurden durch RHESSI im Bereich von 0,2 bis 3,5 Millisekunden aufgenommen. Die energiereichsten TGFs wurden im Bereich von 10 bis 20 Millionen Elektronenvolt gemessen (ca. 300 mal energiereicher als die medizinischen Röntgenstrahlen). Die Elektronen, die diese Gammastrahlen emittieren haben eine Geschwindigkeit von 99,99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit.

Diese Vorgänge werfen eine Menge interessante Fragen auf. Zum Beispiel ob die Elektronen welche die TGFs emittieren schlussendlich zu den hochenergetischen Elektronen im Erdstrahlungsgürtel beisteuern, sagte Smith. “Das ist ein sehr interessanter Prozess der sich an den Grenzen der Physik abspielt. Wenn wir diesen Prozess hier auf der Erde verstehen würden, würden uns das enorm helfen einen besseren Einblick in ähnliche Vorgänge in nicht so zugänglichen Bereichen des Universums zu erlangen.”

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