ISS-Langzeitbesatzung 29 nun länger nur zu Dritt

In ihren ersten beiden Wochen als Drei-Personen-Crew hatte die ISS-Besatzung vielfältige Aufgaben zu bewältigen. Durch die zeitweilige Verminderung der Personenstärke im All kam es zu einigen Umplanungen im Tagesablauf der Raumfahrer Sergej Wolkow, Michael Fossum und Satoshi Furukawa. (Newsbild: Derzeitige ISS-Besatzung)

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Raumfahrer.net, Roskosmos. Vertont von Peter Rittinger.

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Sergej Wolkow kontrolliert die Pflanzen von PLANTS 2
(Bild: NASA)

Im japanischen Forschungsmodul wurde in der vorangegangenen Woche erneut das Marangoni-Experiment gestartet. Dieses physikalische Experiment untersucht die sogenannte Marangoni-Konvektion, also Strömungen und Verwirbelungen in Flüssigkeiten unter Mikrogravitation. Die hierbei erzeugte Flüssigkeitsbrücke ist trotz der Oberflächenspannung so empfindlich, dass dieses Experiment während der Schlafperiode der Raumfahrer laufen muss, um Schwingungen in den Modulen weitgehend zu vermeiden. Es sind diesmal höchstens 4 Tage pro Woche und 24 Läufe insgesamt bis Ende November angesetzt. Sergej Wolkow beschäftigte sich in der letzten Woche mehrfach mit dem Gewächshaus-Experiments PLANTS 2 im Swesda-Modul. Dies beinhaltete die Beobachtung, Pflege und Bewässerung der gezüchteten Pflanzen. Die hier gewonnenen Erkenntnisse über Wachstum und Entwicklung von Pflanzen in einem Gewächshaus in der Schwerelosigkeit könnten zukünftigen bemannten Raumfahrtmissionen bei der Selbstversorgung zugute kommen.

Ebenfalls in der vorangegangenen Woche arbeitete Michael Fossum am Wasserrückgewinnungssystem (WRS) im Knotenmodul Tranquilty. Nach der Leerung des Schmutzwassertanks (WSTA = Wastewater Storage Tank Assembly) in einen EDV-U Behälter tauschte er im Rahmen einer großen Wartung die FCPA (Fluids Control & Pump Assembly), also ein Flüssigkeitsregel- und Pumpenmodul, im WRC aus. Da die FCPA toxische Flüssigkeiten enthielt, behandelter Urin, Schwefelsäure H2SO4 und Chromsäure CrO3, mussten alle Tätigkeiten mit Schutzausrüstung, bestehend aus Sicherheitsschutzbrille, Staubmaske und Handschuhen, durchgeführt werden. Vorbereitend auf das Abkoppeln von Progress-M 10M im Oktober fand der Übertrag von Brennstoff und Oxydationsmittel zur ISS statt. Dafür wurden die Tanks des Transporter unter Druck gesetzt, einen Tag später wurden 170 Kilogramm Brennstoff und 102 Kilogramm Oxydationsmittel zum Sarja-Modul übertragen. Eine Auffrischung der Stationsluft aus den Sauerstofftanks des Transporters nahm Sergej Wolkow am selben Tag vor.

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Die Solarzellenausleger SAW (Solar Array Wing) im Bild
(Bild: NASA)

Sergej Wolkow wurde am letzten Wochenende angewiesen, den Verbindungsring zwischen dem Orbitalmodul (OM) und dem Rückkehrmodul (RM) von Sojus-TMA 02M zu prüfen und zu fotografieren. Grund dafür war, dass russische Techniker nach der Rückkehr von Sojus-TMA 21 vor zwei Wochen festgestellt haben, dass zwei Sicherungsschrauben an dem Strukturring vor dem Start nicht entfernt wurden. Eine Erklärung wäre eine geänderte Vorbereitungsprozedur, resultierend aus der Beschädigung einer Sojus im letzten Jahr beim Transport nach Baikonur. Diese beiden M6-Schrauben hätten bei Sojus TMA-21 zu einer außernominellen Trennung von OM & RM führen können. Nun müssen alle Raumfahrzeuge am Boden und im All geprüft werden, ob diese Schrauben zum richtigen Zeitpunkt entfernt wurden. Die Kontrolle im All durch Sergej Wolkow ergab, dass bei Sojus-TMA 02M diese Schrauben, welche sich hinter zwei Steckern des Thermal-Kontrollsystems befanden, ordnungsgemäß am Boden entfernt wurden.

Zu Beginn dieser Woche fand ein zweitägiger Leistungstest der NASA-Solarzellenausleger (SAW = Solar Array Wing) statt. Zur Unterstützung des Batterietests der SAW wurden der Stationsarm Canadarm2 (SSRMS=Space Station Remote Manipulator System), die mobile Plattform (MBS=Mobile Base System), die Robotikhand Dextre (SPDM = Special Purpose Dexterous Manipulator) und der Mobile Transporter (MT) aktiviert, um weitere Stromverbraucher im Außensegment zu erhalten. Der von der Stationskontrolle in Houston durchgeführte Test verlief innerhalb der erwarteten Parameter und erlaubt nun eine bessere energetische Ressourcenplanung. Sergej Wolkow arbeitete in dieser Woche für das russische Ozean-Beobachtungsprogramm SEINER, indem er Fotos erstellte. Hierbei werden die Verbindungsprozeduren zwischen den Besatzungsmitgliedern im russischen Segment und den staatlichen Fangschiffen bei der Suche und Erschließung von Fischgebieten erprobt.

NASA
Michael Fossum arbeitet am Combustion Integrated Rack (CIR) in Destiny
(Bild: NASA)

Im US-Teil der Station verbrachte Kommandant Michael Fossum einige Zeit mit dem kanadischen Experiment VASCULAR. Dafür nutzte er Videoequipment in der Quest-Luftschleuse zur Aufzeichnung einer Nachricht zum Experiment. Ursprünglich sollte der bereits zur Erde zurückgekehrte Ronald Garan diese Sitzung durchführen. Es werden bei VASCULAR die kardiovaskulären Gesundheitsfolgen für Raumfahrer bei Langzeitaufenthalten im All bewertet, um Entzündungen der Arterien, Änderungen der Blutgefäßeigenschaften und die kardiovaskuläre Fitness zu erforschen. Weiterhin ersetzte und konfigurierte er Ausrüstung im Experimentalschrank für Verbrennungsexperimente (CIR = Combustion Integrated Rack) und der Vorrichtung für Flüssigkeitsexperimente (FIR = Fluids Integrated Rack). Mit diesen beiden im Destiny-Modul befindlichen Einheiten kann von den Forschern am Boden das Verhalten von Flammen und Flüssigkeiten in der Mikrogravitation, mit oder ohne die Mitarbeit der Besatzung, untersucht werden.

Während einer Videoschaltung zur Erde führte Satoshi Furukawa eine Lehrveranstaltung mit LEGO-Steinen durch. Er demonstrierte hier Kindern und Schülern, wie schwer es ist, Dinge in der Schwerelosigkeit zu händeln und zusammenzubauen. Ebenfalls hatte er die Aufgabe, die Lukendichtungen im amerikanischen Segment zu reinigen und zu untersuchen. Das Ziel der Inspektion war es, die Lukendichtungen zu fotografieren und somit zu ermitteln, wie oft diese zu reinigen sind. Am gestrigen Tag erfolgte eine außerplanmäßige Anhebung der Umlaufbahn der ISS mit den Swesda-Triebwerken, um Trümmerteilen einer Zyklon-3-Rakete auszuweichen. Das Manöver wurde um 18:45 Uhr MESZ gestartet, dauerte 169 Sekunden und hob die Umlaufbahn der ISS um rund 4,7 Kilometer an. Dadurch kam diese 10 Kilometer über die Bahn des Trümmerteils. Das geplante Anhebungsmanöver am 5. Oktober kann nunmehr entfallen, da die gewünschten Werte bereits erreicht wurden.

Mittlere Bahnhöhe der ISS am 28.09.2011:

382,8 km bei einem Höhenverlust von rund 140 Metern in den letzten 24 Stunden

Zukünftige Ereignisse:

  • 19. Oktober, Bahnanhebung durch die Triebwerke von Swesda
  • 26. Oktober, Bahnanhebung durch die Triebwerke von Swesda
  • 29. Oktober, Progress-M 10M verlässt die ISS
  • 02. November, Progress-M 13M erreicht die ISS

Raumcon:

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