Japans Neuentwicklungen H-II B und HTV

Die japanische Raumfahrtagentur JAXA denkt über die Aufnahme bemannter Flüge nach. Mit dem Frachter für die ISS und einer leistungsstärkeren Rakete ist die nötige Technik dafür vorhanden. Ein Wettlauf oder eine Kooperation mit dem raumfahrtambitionierten China ist denkbar.

Ein Beitrag von Markus Rösken und Karl Urban. Quelle: JAXA.

Die japanische Raumfahrtbehörde JAXA hat Ende 2009 zwei technische Neuheiten in ihr Repertoir aufgenommen, die der Raumfahrtbehörde weiterhin einen Platz unter den Nationen der Welt sichert, die fortgeschrittene Raumfahrt betreiben: zum einen die neue Trägerrakete H-II B, die für schwere Nutzlasten bis zu 19 Tonnen ausgelegt ist und zum anderen das H-2 Transfer Vehicle (HTV), ein Transportmodul, das vor allem für den Betrieb der ISS sehr nützlich sein wird.

JAXA
Die Rakete HII B auf der Startrampe kurz vor ihrem Erststart am 10. September 2009
(Bild: JAXA)

Auf den ersten Blick scheint die H-II B-Rakete lediglich eine Weiterentwicklung der H-II A zu sein. Design und Konstruktion ähneln sehr den Vorläufermodellen und die Antriebsmodule wurden sogar unmodifiziert übernommen. Doch neben der erhöhten Nutzlastkapazität hat die H-II B vor allem das Potential Japan den Einstieg in die bemannte Raumfahrt zu ermöglichen. Das speziell für die H-II B entwickelte HTV Modul besitzt neben einer geräumigen Ladefäche von bis zu sechs Tonnen auch eine Druckkammer mit einer stetigen Atmosphäre von einem bar, was den Transport von Menschen zulässt.

Wenn in diesem Jahr das Space Shuttle in den Ruhestand tritt, wird das HTV das einzige Raumfahrzeug sein, das in der Lage ist Außenbordexperimente und größere Lasten zur ISS zu transportieren – neben dem europäischen Frachter ATV, der ähnliche Kapazitäten bereitstellt. Das HTV, sobald es die Trägerrakete verlassen hat, kann anhand von GPS-Daten unabhängig von der Bodenstation seine genau Position relativ zur ISS erfassen und nähert sich dieser automatisch an bis es mit gleicher Geschwindigkeit wie die ISS selbst unter dem Harmony Modul zum “stehen” kommt und schließlich mit dem Canadarm ergriffen werden kann.

Yoshihiku Torano, Projektmanager des HTV-Teams hebt in einem Interview auch den bemannten Raumflug hervor. Mit der H-II B und dem HTV sei theoretisch auch eine Reise zum Mond möglich. Wie üblich in Japan spielt die Sicherheit jedoch eine große Rolle, so dass diese Option des HTVs vorerst noch getestet wird. Konkrete Pläne für einen bemannten Flug sind bisher noch nicht veröffentlicht. Japan wäre nach der damaligen Sowjetunion, den USA und China das vierte Land, das eigenständig einen bemannten Flug mit selbstentwickelten Raketen durchführt.

Fest steht allerdings, dass Japan mit der Entwicklung und dem Bau dieser Kapazität zu seinem Rivalen China aufgeschlossen hat, der in der Vergangenheit ebenfalls des öfteren laut über bemannte Raumfahrten zum Mond und “zu anderen Planeten” nachgedacht hat. Im Gegensatz zu China hat Japan durch seine Zusammenarbeit mit den Anderen am ISS-Programm beteiligten Staaten jedoch sehr konkrete Nutzungsanwendungen seiner Technik. China hingegen, das in der Raumfahrt weitgehend frei von der Staatengemeinschaft agiert, dienen die jüngsten Entwicklungen seines Weltraumprogramms zuallererst einmal dazu seine technische Macht zu propagieren. Rein wissenschaftliche Missionen ohne direkten finanziellen oder reputativen Nutzen sind kaum zu finden. Dabei wäre China als neue, alte Weltmacht mit seinem enormen finanziellen Potential eine große Chance für die internationale Staatengemeinschaft, die Raumfahrt im Allgemeinen und für die ISS im Besonderen programmatisch voranzutreiben und auch Möglichkeiten für Projekte, die über die ISS hinausgehen, voranzutreiben.

Gerade hinsichtlich großer Projekte, wie einer Rückkehr zum Mond oder gar einem Aufbruch zum Mars in den nächsten Jahrzehnten, sind es die westlichen Staaten, die durch ihre Erfahrungen mit ISS und zahlreichen Sonden und Rovern das Knowhow besitzen. Doch China ist es, welches dies auch finanziell umsetzen könnte. In der Geschichte der Raumfahrt gab es schon einmal eine vergleichbare Situation: So waren die Raketenstarts der Anfangszeit der ISS mit russischen Raketen durchgeführt worden – finanziert von den USA.

Raumcon

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