Mikroben in der Venus-Atmosphäre?

Ein an der Universität von El Paso (Texas) lehrender deutscher Wissenschaftler hält die Existenz von Mikroben in den oberen Schichten der Venus-Atmosphäre, wo gemäßigte Temperaturen herrschen, trotz des sauren Milieus für möglich, was seiner Ansicht nach auch einige bis heute nur schwer zu erklärende Eigenheiten der Venus-Atmosphäre erklären könnte.

Ein Beitrag von Michael Stein, bearbeitet von Star-Light, Quelle: New Scientist.

Während der Schwesterplanet der Erde gerne als ein Prototyp für eine lebensfeindliche Umgebung genannt wird – Atmosphärendrücke von mehreren hundert Bar und Temperaturen, bei denen Blei schmelzen würde, an der Planetenoberfläche sowie eine chemisch saure Zusammensetzung der Atmosphäre lassen den Gedanken an Leben gar nicht erst aufkommen -, hat der an der Universität von Texas arbeitende Wissenschaftler Dirk Schulze-Makuch einem Artikel des Wissenschaftsmagazins New Scientist zufolge nun die Hypothese aufgestellt, dass in den oberen Schichten der Venus-Atmosphäre durchaus Leben existieren könnte.

Er hat dabei die Bedingungen in etwa 50 km Höhe vor Augen, wo die Temperaturen der Atmosphäre bei nur noch 70° C liegen und die Druckverhältnisse in etwa denen an der Erdoberfläche gleichen. In diesem Bereich liegt außerdem noch die höchste Konzentration von Wassertropfen in der gesamten Venus-Atmosphäre vor, wenngleich dort immer noch ein sehr saures Milieu herrscht. “Aus astrobiologischer Sicht ist die Venus kein hoffnungsloser Fall”, fasst Dirk Schulze-Makuch seine Interpretation der Situation zusammen.

Zudem führt der Wissenschaftler verschiedene ungewöhnliche Merkmale der Venus-Atmosphäre an, die durch die Annahme der Existenz von Mikroben erklärt werden könnten. So sind dort beispielsweise nur geringe Spuren von Kohlenmonoxid zu finden, was darauf hindeuten könnte, dass irgendetwas dieses Gas verbraucht – aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung sollte der Anteil dieses Gases in der Venus-Atmosphäre viel höher sein, als er es tatsächlich ist. Noch mysteriöser sei das Vorhandensein von Carbonylsulfid in der Atmosphäre der Venus: Dieses Gas wird nur unter derartig speziellen Bedingungen durch nicht-organische Prozesse erzeugt, dass es von einigen Wissenschaftlern als Indiz für das Vorhandensein biologischer Aktivität angesehen wird. “Auf der Erde sind die effizientesten Katalysatoren [für dieses Gas] Mikroben”, fasst Schulze-Makuch zusammen.

Schulze-Makuch kann sich vorstellen, dass Mikroben in den Wolken der Venus leben und ultraviolette Strahlung der Sonne als Energiequelle nutzen. Das würde unter Umständen auch dunkle Flecken erklären, die sich auf UV-Aufnahmen des Planeten finden.

Erwartungsgemäß teilen nicht alle Forscher seine Theorie, die er auf einem astrobiologischen Kongress in Graz (Österreich) vor einigen Tagen präsentiert hat. So weisen einige Forscher darauf hin, dass für die Entstehung von Leben mehr als nur einige Tropfen Wasser notwendig seien. Diesem Einwand begegnet Schulze-Makuch mit dem Hinweis darauf, dass es auf dem Planeten Anzeichen für kühlere Temperaturen und damit auch das Vorhandensein von Wasser in größerem Ausmaß vor langer Zeit gebe. Das Leben hätte sich dort entwickeln können und sich dann bei zunehmender Verschlechterung der Umweltbedingungen in solche Nischen wie die jetzt von ihm genannte Atmosphärenschicht zurückziehen können, so Schulze-Makuch.

Im Jahr 2005 soll höchstwahrscheinlich (eine endgültige Entscheidung fällt spätestens im nächsten Monat) die ESA-Raumsonde Venus Express zu unserem inneren Nachbarplaneten fliegen, um von einer Umlaufbahn aus die Atmosphäre näher zu untersuchen. Die Schwedische Raumfahrtagentur plant für das Jahr 2010 sogar eine Mission zur Venus, die Proben der Atmosphäre nehmen und zur Erde zurückbringen soll. Für dieses Vorhaben werden allerdings noch Partner gesucht, um es verwirklichen zu können.

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