Astrophilie: Das Sternenpaar Altair & Wega

Astrophilie beschreibt die besondere Faszination für den Nachthimmel und die Objekte des Universums. In dieser Serie werfen wir einen Blick auf kosmische Phänomene, die durch ihre Form, Struktur oder Symbolik die Romantik des Weltraums hervorheben. Im Fokus des vierten Teils der Serie: Die Sterne Altair und Wega.

Beitrag von Anna-Janina Stöhr, Quellen: ChinaCulture, Cornell University, Harvard University Press, Astronomy & Astrophysics, 23. Dezember 2025.

Niulang und Zhinu auf der Brücke der Elstern, Darstellung im Sommer-Palast in Beijing. Credit: shizhao

Für die Liebe braucht es immer zwei Menschen und auch am Himmel scheint es ein legendäres Liebespaar zu geben: Altair und Wega, die in verschiedenen Kulturen, besonders in China, als Sternenliebende gelten.
In diesem Teil der Astrophilie-Reihe werden die Geschichte der zwei sowie ein paar astronomische Fakten zu den Sternen erzählt.

Die Geschichte der ewigen Liebenden: Altair & Wega

Zunächst müssen wir die beiden Protagonisten kennenlernen. Altair ist der hellste Stern im Sternbild Aquila (Adler); Wega (auch Vega) ist der Hauptstern des Sternbildes Leier (Lyra). Zusammen mit dem Stern Deneb bilden sie auch das bekannte Sommerdreieck. In der chinesischen Volkssage “Kuhhirte und Weberin” werden die beiden Sterne personifiziert als Zhinu (織女), die Weberin (Vega), und Niulang (牛郎), der Kuhhirte (Altair). Die Geschichte ist bereits über 2000 Jahre alt und entwickelte sich langsam während der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.)1. Wie für solche Volkssagen üblich, gibt es entsprechend nicht „die eine“ offizielle Version und die verschiedensten Überlieferungen variieren in Details. Grundsätzlich lasen die Menschen damals jedoch das folgende aus dem Sternenhimmel:

Die Elsterbrücke (Magpie Bridge), die die Sterne verbindet. Credit: OperaJoeGreen

Der Kuhhirte Niulang begegnete eines Tages sieben Feenschwestern, die in einem See badeten. Mit Hilfe seines schelmischen Ochsen stahl er ihre Kleider. Die jüngste und schönste Schwester, Zhinu, sollte daraufhin die Kleidung der Feen wieder zurückholen. Da Niulang sie somit jedoch nackt gesehen hatte, stimmten die zwei einer Heirat zu. Sie lebten glücklich zusammen und bekamen zwei Kinder.
Doch die Himmelsgöttin (oder in manchen Versionen Zhinus Mutter) erfuhr, dass die Fee einen sterblichen Mann geheiratet hatte, und befahl Zhinu, zurück in den Himmel zu kehren, wo sie wieder ihrer Aufgabe des Wolkenwebens nachgehen musste.
Niulang war verzweifelt. Sein sprechender Ochse riet ihm, ihn zu töten, die Haut anzuziehen und so in den Himmel zu gelangen. Niulang folgte dem Rat, nahm die Kinder mit und suchte seine Frau im Himmel.
Die Göttin entdeckte dies und war wütend. Mit ihrer Haarnadel zog sie einen breiten Fluss am Himmel (die Milchstraße) um die Liebenden für immer zu trennen. Zhinu sitzt nun auf einer Seite des Himmelsflusses und webt traurig, während Niulang sie von der anderen Seite aus beobachtet und sich um ihre Kinder kümmert.
Doch einmal im Jahr haben die Elstern Mitleid mit ihnen, und zwar am siebten Tag des siebten Monats des Mondkalenders: Sie bilden über der Milchstraße eine Brücke aus Flügeln, sodass Niulang und Zhinu für eine Nacht vereint sein können. Zur Feier der Liebenden wird in China jährlich das Qixi Fest veranstaltet2.

Die Protagonisten im Überblick

Doch wer genau steckt hinter den beiden Liebenden, und was ist an diesen Sternen so besonders?

  • Vega liegt nördlich (bzw. „auf der einen Seite“) der Milchstraße, Altair liegt südlich („auf der anderen Seite“) davon. Um den siebten Tag des siebten Mondmonats stehen Altair und Vega besonders hoch, die Milchstraße wirkt schmaler zwischen ihnen und die Sterne erscheinen visuell auffällig nah beieinander. Entsprechend entstand die Legende, dass die Elstern eine Brücke für die zwei gebaut haben.
  • Vega ist ein schnell rotierender Stern, etwa 25 Lichtjahre von der Erde entfernt. Interferometrische Messungen zeigen, dass Vega ein sogenannter Rapid Rotator ist, der fast am Rotationsabbruchlimit rotiert und stark abgeplattet ist3.
  • Vega hat eine Staub-/Trümmerscheibe um sich herum. Diese wurde erstmals als Infrarot-Überschuss entdeckt4.
  • Altair rotiert ebenso als Rapid Rotator extrem schnell, mit äquatorialer Rotationsgeschwindigkeit von etwa 250–290 km/s, und ist etwa 17 Lichtjahre von der Erde entfernt5. Dadurch ist er ebenfalls abgeplattet.
  • Altair ist ein Delta Scuti-Stern, das heißt, er zeigt schwache Helligkeitsschwankungen durch innere Pulsation6.
  • In der chinesischen Raumfahrt wird der Mythos der zwei Sternenliebenden als Namensgeber für ein Relais-Satellitensystem zur Kommunikation genutzt: Elsterbrücke, oder auch Queqiao (鹊桥).

Der nächste Teil der Astrophilie-Serie wird sich mit dem Asteroiden Eros beschäftigen.

Die Liebe zum Universum

Wer sich für Himmelsobjekte begeistert oder auch einfach gerne in den Nachthimmel schaut, trägt oft eine besondere Form der Faszination in sich. Vielleicht schwingt sogar etwas Astrophilie mit, also die Liebe zu Sternen und dem Weltall im Allgemeinen. Der Begriff setzt sich aus dem altgriechischen ἄστρον (ástron, “Stern”) und dem Suffix „-philia“ (Liebe) zusammen. Wer genau ihn prägte, ist unklar. Laut Oxford English Dictionary tauchte er erstmals 1631 in einem Text des britischen Astrologen John Booker auf.

Diese kleine Definition bildet den Kern unserer Reihe: die Neugier und Anziehungskraft, die Menschen seit jeher mit dem Universum verbinden.

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  1. Mark Edward Lewis, The Early Chinese Empires: Qin and Han, Harvard University Press. ↩︎
  2. https://en.chinaculture.org/focus/focus/2010qixi/2010-08/16/content_391106.html ↩︎
  3. https://arxiv.org/abs/astro-ph/0603327 ↩︎
  4. https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2010/10/aa14574-10/aa14574-10.html ↩︎
  5. https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2024/07/aa49833-24/aa49833-24.html ↩︎
  6. https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2024/07/aa49833-24/aa49833-24.html ↩︎

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