Die NASA beauftragt SpaceX, SNC & Orbital mit dem ISS-Frachttransport ab 2019. Die US-Luftwaffe vergibt Entwicklungsaufträge für Raketenantriebe. SpaceX bekommt Geld für die Entwicklung des Raptor-Triebwerks und Orbital ATK für neue Feststofftechnologie.
Ein Beitrag von Tobias Willerding. Quelle: USAF, spacenews, SpaceX, SNC, Orbital ATK.
ISS-Frachtransportprogramm CRS-2
Die NASA hat die Gewinner des ISS-Frachttransportprogramms CRS-2 bekanntgegeben. Gewonnen haben die Firmen SpaceX, Sierra Nevada Corporation (SNC) und Orbital ATK. SpaceX und OrbitalATK beliefern bereits aktuell die ISS mit Fracht. Neu dazugekommen ist jetzt der Dreamchaser von SNC. Jede Firma bekommt mindestens 6 Missionen garantiert.
Der genaue monetäre Wert der Aufträge wurde von der NASA noch nicht veröffentlicht, dies soll erst später geschehen. Das „source selection statement“, also die Begründung für die Auswahl der Gewinner, muss ebenfalls noch veröffentlicht werden. Sehr wahrscheinlich wartet man bei der NASA erstmal die Zeit ab, in der ein Verlierer der Ausschreibung Widerspruch einlegen könnte, wie es bereits bei CCtCap und anderen NASA-Programmen der Fall war. Im Gegensatz zu CRS-1 soll jede ISS-Frachtmission jetzt durch die NASA individuell im Rahmen dieses Auftrages vergeben werden. Dadurch erhofft man sich seitens der NASA eine höhere Flexibilität.
Dreamchaser
Im Gegensatz zu der Dragonkapsel von SpaceX und dem Raumfrachter Cygnus von Orbital ATK ist der Dreamchaser ein Liftingbody-Design, dass eine Art kleines Space Shuttle ist. Der Dreamchaser hat kleine Flügel und Steuerflächen mit denen er wie das Shuttle auf einer Landebahn landen kann. Die Flügel lassen sich beim Start einklappen, sodass Dreamchaser unter eine bestehende Nutzlastverkleidung mit 5 Metern Durchmesser passt und theoretisch mit diversen Raketen starten kann. Konkret soll der Dreamchaser aber mit der Atlas V von Florida aus fliegen. Die Atlas V hat auch die letzte Cygnus-Mission zur ISS gestartet, da Orbital ATKs eigene Rakete, die Antares, wegen Änderungen am Design derzeit nicht zur Verfügung steht.
Dreamchaser wird noch um ein Orbitalmodul erweitert um die Frachtkapazität zu maximieren. Dreamchaser soll gleichzeitig 5500 kg Fracht unter Druck und unter Vakuum zur ISS bringen. Angeblich soll Dreamchaser auf der Atlas V 552 starten, was die teuerste aber auch die stärkste Atlas-V Version ist. Dreamchaser setzt komplett auf nicht-toxische Treibstoffe, also z.B. nicht auf Hydrazin oder Distickstofftetroxid, was die Handhabung signifkant vereinfacht. Weiterhin soll Dreamchaser wiederverwendbar sein für 15 Flüge.
Dragon & Cygnus
SpaceX und Orbital ATK liefern das bereits Bekannte. Die Cygnus-Kapsel von Orbital ATK soll jetzt sowohl auf der eigenen verbesserten Antares Rakete als auch weiter auf der Atlas V gestartet werden. Die Wahl der Rakete bestimmt die mögliche Nutzlast und wird durch die Auftragsvergabe durch die NASA festgesetzt.
SpaceX bietet jetzt sowohl Dragon 1 als auch Dragon 2 an. Dragon 2 ist die bemannte Kapsel, die auch in einer unbemannten Frachtversion geflogen werden kann. Dragon 2 kann an Land landen und selbst an die ISS andocken ohne dass dazu der Roboterarm notwendig ist. Dragon 2 bietet auch schnelleren Zugriff auf die Experimente nach der Landung.
Orbital ATK bastelt an einer neuen Feststoffrakete
Orbital ATK bekommt von der US-Luftwaffe (USAF) dafür 47 bis zu 180 Millionen Dollar. Orbital ATK investiert 31 bis 125 Millionen Dollar. Auf jeden Dollar der USAF kommen also 66 Cent von Orbital ATK. Das Geld soll dabei für den GEM 63XL strap-on Feststoffbooster, einen „Common Booster Segment (CBS)“ Feststoffmotor und eine ausfahrbare Düse für Blue Origins BE-3U Oberstufentriebwerk eingesetzt werden. Orbital möchte eine neue Rakete entwickeln, um damit auf dem lukrativen Markt für US-Militärsatelliten mitzubieten.
SpaceX bekommt Geld von der USAF für Raptor-Prototyp
Es ist offiziell: SpaceX plant offenbar eine neue Oberstufe für die Falcon-Familie. Diese neue Oberstufe soll vom Raptortriebwerk angetrieben werden. So sagen es Pressemitteilungen des amerikanischen Verteidigungsministeriums zu der Mittelvergabe für Triebwerksentwicklungen. Um das RD-180 zu ersetzen, startet die US-Luftwaffe (USAF) ein Programm, in dem es sowohl Haupt- als auch Oberstufentriebwerke in der Entwicklung unterstützt.
SpaceX bekommt mindestens ca. 30 bis maximal ca. 60 Millionen Dollar von der USAF und investiert selber mindestens 60 bis maximal 120 Millionen Dollar. Für jeden Dollar von der USAF muss SpaceX also zwei Dollar selber investieren. Das Programm läuft bis Ende 2018 und am Ende soll ein Raptor-Prototyp stehen.
Bereits seit vielen Jahren ist bekannt, dass SpaceX ein Sauerstoff/Methan-Triebwerk mit dem Namen Raptor entwicklen möchte. Es sind auch schon diverse Details durchgesickert, so macht SpaceX gerade bei der NASA in Stennis Tests mit Vorbrennkammern. Elon Musk verkündete letztes Jahr, dass das Triebwerk 2300 kN Schub haben soll. Ob das noch aktuell ist, ist unklar.
Im Gegensatz zu dem Merlin Triebwerk, was ein Gas-Generator Triebwerk ist, soll das Raptor ein „full flow staged combustion“ (FFSC)-Triebwerk sein, also ein Triebwerk mit gestufter Verbrennung, allerdings mit 2 Vorbrennkammern. Eine Vorbrennkammer verbrennt ein oxidatorreiches Gemisch, während die andere Vorbrennkammer ein brennstoffreiches Gemisch vebrennt. Der komplette Treibstoff fließt also entweder durch die eine oder die andere Vorbrennkammer.
Dadurch ist es möglich den Brennkammerdruck (und damit Schub) in schwindelerregende Höhen zu treiben oder alternativ die Temperatur in den Vorbrennkammern zu senken, weil durch den hohen Massenstrom eine enorme Menge Energie für die Turbinen bereitsteht (der komplette Treibstoff fließt durch die Turbinen), die ihrerseits die Pumpen antreiben.
Eine Triebwerk mit gestufter Verbrennung und einer brennstoffreichen und einer oxidatorreichen Vorbrennkammer ist noch nie geflogen. Das Shuttle-Haupttriebwerk hat zwei brennstoffreiche Vorbrennkammern. Russische Triebwerke wie das RD-180 haben nur oxidatorreiche Vorverbrennung.
Es gibt auf dem Boden bisher nur zwei Demonstratortriebwerke mit oxidatorreicher und brennstoffreicher Vorverbrennung, das russische RD-270 und der „integrated powerhead demonstrator“ (IPD) aus den USA. Diese haben es jedoch nicht bis zur Flugqualifikation geschafft.
Darüber hinaus soll das Raptor-Triebwerk natürlich auch drosselbar und wiederzündbar sein. Laut Pressemitteilung soll es ja in der Oberstufe eingesetzt werden. SpaceX versucht sich also jetzt am heiligen Gral der Flüssigtriebwerktechnik. Mittels moderner Techniken (z.B. 3D-Druck-Technologie aus Deutschland) möchte man bei SpaceX das erreichen, woran andere bisher gescheitert sind. Das Triebwerk soll wohl bei der NASA in Stennis getestet werden.
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