NASA vor Budgetkürzungen – Boldens Streichliste

Trotz der Beteuerungen aller Politiker im zurückliegenden US-Wahlkampf, dass die Raumfahrt eine Schlüsselstellung bei der Aufrechterhaltung amerikanischer Technologieführerschaft einnehme, ist die NASA wieder einmal zum Sparen aufgefordert – rund 700 Millionen US-Dollar im laufenden Haushaltsjahr. NASA-Chef Bolden erstellte vor Wochen vorab schon mal eine Liste der Grausamkeiten.

Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: NASA, Tagespresse.

Bereits im August 2011 wurden angesichts einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der USA für den US-Bundeshaushalt unter den Stichwort „Sequester“ Zwangskürzungen vereinbart. Diese sollten greifen, wenn sich Regierung und Kongress bis zum 28. Februar 2013 nicht auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Haushaltsdefizites einigen. Die Einigung kam selbst „in der Nachspielzeit“ am 1. März nicht zustande, so dass die US-Regierung im laufenden Haushaltsjahr bis Ende September 2013 rund 85 Milliarden. US-Dollar einsparen muss. Bis zum Haushaltsjahr 2021 müssen insgesamt 1,2 Billionen US-Dollar (rund 920 Mrd. Euro) eingespart werden.

NASA
Titelbild der noch optimistisch gehaltenen NASA-Präsentation zum Budget 2013
(Bild: NASA)

Wie NASA-Chef Charles Bolden bereits Anfang Februar gegenüber dem US-Senat schriftlich darlegte, entfallen auf die NASA im Haushalt 2013 Sequester-Kürzungen in Höhe von rund 727 Mio. US-Dollar. Er bezieht sich dabei wie im Folgenden auf die Budgetanforderung 2013 des US-Präsidenten für die NASA in Höhe von 17,7 Mrd. US-Dollar vor Kürzung.

Bei der NASA war man sich offenbar schon länger der drohenden Einschnitte bewusst. So erklärte Lesa Roe, Direktorin des Langley Research Center der NASA, kürzlich vor ihren Mitarbeitern, man arbeite bereits mit den um vermutete Zwangskürzungen korrigierten Budgetansätzen. Das nimmt den nun in nur noch sieben Monaten umzusetzenden Kürzungen etwas Schärfe, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die NASA einige ihrer Vorhaben aufgeben, abspecken oder zeitlich strecken muss.

Bolden skizzierte in seinem Brief an den Senat, wo seine Behörde im Falle des Inkrafttretens der Zwangskürzungen mit dem Rotstift ansetzen könnte:

  • Das Commercial Crew Program könnte um sagenhafte 332 Mio. US-Dollar auf 388 Mio. US-Dollar gekürzt werden. Betroffen wären der Test des CST-100 von Boeing im Juli, die im Herbst 2013 geplanten vorbereitenden Maßnahmen für den Flugabbruchtest von SpaceX im April 2014 und die System- und Sicherheitsanalyse des Dream Chaser von Sierra Nevada Corp. im Oktober 2013.
  • Im Space Technology Program müssten nach Boldens Vorstellung 149 Mio. US-Dollar eingespart werden. Es beläuft sich danach auf 550 Mio. US-Dollar. Die Kürzung könnte zu Lasten von Projekten wie Deep-Space Atomic Clock (Start 2015), optische Kommunikation, fortgeschrittener Strahlenschutz, Aeroshell-Konzepte oder Nuklearsysteme gehen. Neun weitere Vorhaben könnten sich verzögern.
  • Dem Science-Budget droht lediglich eine Kürzung um 51 Mio. US-Dollar auf 4,86 Mrd. US-Dollar. Starts wie jener der Sonde IRIS Interface Region Imaging Spectrograph, des Röntgen-Satelliten Astro-H und das Orbiting Carbon Observatory 2 könnten sich verschieben. Die Forschungsförderung externer Institutionen wird eventuell um fünf Prozent gekürzt.
  • Das Budget für Anlagen, Gebäude und Umweltmaßnahmen könnte um 252 Mio. US-Dollar auf 368 Mio. US-Dollar sinken. Das würde die notwendige Bodeninfrastruktur unter anderem für das Space Launch System, das Orion-Raumschiff, Raketenantriebstests, den 21. Century Launch Complex und das Weltraum Kommunikations- und Navigationsprogramm tangieren.

Das sind wie gesagt nur Möglichkeiten, die Bolden im Vorfeld der Zwangskürzungen zur Debatte gestellt hat. Was tatsächlich umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Bei den privaten Raumfahrt-Partnern der NASA dürfte allerdings schnell Ernüchterung eintreten, wenn Boldens Vorschläge wahr werden. Für knapp kalkulierte Projekte könnte das schnell das Aus bedeuten, insbesondere wenn jetzt noch ein Fehlschlag hinzukommt. Und die Abhängigkeit von russischen Transportkapazitäten für amerikanische ISS-Astronauten bliebe erheblich länger bestehen, wie Bolden sicher nicht ganz ohne Hintergedanken an den US-Senat schrieb.
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