Neu endeckte Gammastrahlenjets im Milchstraßenzentrum

Astronomen vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (USA) haben mit Daten des US-Weltraumteleskops Fermi zwei Jets nachweisen können, die vom Zentrum der Milchstraße ausgehen und offenbar weit in den Raum hinaus wirken.

Ein Beitrag von Gertrud Felber und Günther Glatzel. Quelle: Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics.

David A. Aguilar, Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics
Die künstlerische Darstellung zeigt einen Blick auf die Kante der Milchstraße. Gammastrahlen-Jets (rosa) erstrecken sich 27.000 Lichtjahre oberhalb und unterhalb der galaktischen Ebene und sind zur Senkrechten um 15 Grad geneigt. Bisher bekannte Gammastrahlen-Blasen werden in violett dargestellt.
(Bild: David A. Aguilar, Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics)

Diese schwachen Jets werden als geisterhaft bezeichnet und sind eine Nachwirkung von Ereignissen die Jahrmillionen zurückliegen. Sie untermauern Argumente für einen aktiven galaktischen Kern in der relativ jüngeren Vergangenheit der Milchstraße. Die beiden Strahlen, oder Jets, erstrecken sich vom galaktischen Zentrum aus bis in eine Entfernung von 27.000 Lichtjahren oberhalb und unterhalb der galaktischen Ebene. Sie sind die ersten derartigen Gamma-Ray-Jets die jemals gefunden wurden, und die einzigen, die nahe genug sind, um mit Fermi erkannt zu werden.

Die neu entdeckten Strahlen sind Strukturen innerhalb der mysteriösen Gammastrahlen-Blasen, die Fermi im Jahr 2010 erkannt hatte. Diese Blasen dehnen sich auch etwa 27.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße aus, allerdings genau senkrecht zur galaktischen Ebene. Die Gammastrahlen-Jets sind dagegen in einem Winkel von 15 Grad gegen diese Senkrechte geneigt. Dies könnte mit einer Neigung der Akkretionsscheibe um das Supermassive Schwarze Loch (SSL) im Zentrum unserer Galaxie zusammenhängen.

Die beiden Strukturen sind unterschiedlich geformt. Die Jets wurden produziert und verstärkt, wenn Plasma aus dem galaktischen Zentrum spritzte. Sie werden von einem Korkenzieher-ähnliches Magnetfeld eng fokussiert. Die Gammastrahlen-Blasen hingegen wurden wahrscheinlich von einem “Wind” aus heißer Materie, der von der Akkretionsscheibe ausgeht, also aus der Umgebung des Supermassiven Schwarzen Loches gespeist. Deshalb sind sie viel breiter als die schmalen Strahlen. Beide aber legen nahe, dass unser galaktisches Zentrum in der Vergangenheit sehr viel aktiver als heute war.

Sowohl Jets als auch Blasen werden von inverser Compton-Streuung im Gammastrahlungsbereich illuminiert und dadurch für Fermi sichtbar. Bei diesem Prozess treffen schnelle Elektronen, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, auf energiearme Strahlung wie Radiowellen oder infrarotes Licht. Dabei übernehmen die Strahlungs-Photonen Energie von den Elektronen und werden dadurch zu Gamma-Quanten.

Die Entdeckung lässt allerdings offen, wann das SSL zuletzt aktiv war. Douglas Finkbeiner, Co-Autor unter Meng Su, sagte dazu: “Diese Jets flackerten wahrscheinlich immer wieder auf, wenn das Schwarze Loch Materie portionsweise aufnahm”. Für eine erneute aktive Phase des Kerns unserer Galaxie wäre seiner Meinung nach Material von etwa 10.000 Sonnenmassen erforderlich.

Das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) ist ein gemeinsames Projekt von Smithsonian Astrophysical Observatory und Harvard College Observatory mit Hauptsitz in Cambridge (Massachussetts, USA). Die Wissenschaftler arbeiten auf unterschiedlichen Gebieten der Astronomie und erforschen Ursprung, Entwicklung und das Schicksal des Universums (ultimate fate of the universe).

Das Gammastrahlenteleskop Fermi (ehemals GLAST für Gamma-ray Large Area Space Telescope) wurde am 11. Juni 2008 gestartet und verfügt über zwei Hauptinstrumente zur großflächigen Erfassung kosmischer Gammastrahlung sowie zur Detektion kurzzeitiger Gammastrahlenausbrüche (Gamma Ray Bursts). Am Teleskop beteiligt sind Organisationen aus den USA, aus Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Schweden.

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