Etwas mehr als ein Jahr nach dem spektakulären Abstieg der ESA-Sonde Huygens auf den Saturnmond Titan (Raumfahrer.net berichtete), haben Wissenschaftler vom Descent Imager/Spectral Radiometer (DISR) zwei neue Videos veröffentlicht.
Ein Beitrag von Florian Stremmel. Quelle: ESA.
Diese stellen das bis heute beste visuelle Produkt der Mission dar und ermöglichen es, die Landung detailgetreu nachzuvollziehen. Ein Sprecher erklärt dabei (auf Englisch) die Zusammenhänge.
Die Filme wurden mit Hilfe der vom DISR am 14. Januar 2005 gesammelten Daten erstellt, die während des 147 Minuten dauernden Abstieg durch Titans dichte orange-braune Atmosphäre mit anschließender Landung auf einem sanften sandigen Flussbett aufgenommen worden waren. Monatelang wurden die gewonnenen Daten analysiert.
Das Video „Views from Huygens on 14 January 2005“ zeigt in 4 Minuten und 40 Sekunden, was die Sonde tatsächlich „sah“, während sie dem Boden entgegenraste. „Zuerst sah die Huygens-Kamera nur dichte Wolken über der noch weit entfernten Oberfläche“, so Erich Karkoschka vom DISR-Team der University of Arizona, der zudem Schöpfer der Videos ist.
„Die Wolken begannen sich erst ab einer Höhe von ca. 60 Kilometern zu lichten und machten es möglich, Bodenbegebenheiten im Größenbereich von 100 Metern aufzulösen“, so Karkoschka. Erst nach der Landung konnte die Kamera der Sonde kleinste Objekte wie zum Beispiel kleine Sandkörnchen darstellen. „Ein Film ist das perfekte Medium um diese Veränderung im Auflösungsbereich zu verdeutlichen.“ In der Tat ist das Video sehr sehenswert!
Das zweite, eher technische Video mit dem Titel „DISR movie“, zeigt wiederum den vierstündigen Betrieb der DISR in weniger als fünf Minuten. Die Wissenschaftler analysierten Huygens‘ Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung, Rotation und Schwingen während des Abstiegs. Des Weiteren beinhaltet das Video Aufnahmen von Huygens, die über die unerwarteten Fallschirm-Bewegungen Aufschluss geben, sowie Aussichten, die aus den wechselnden Richtungen resultieren und schließlich eine Uhr, um den Sequenzen der Ereignisse folgen zu können.
Geräusche aus dem linken Lautsprecher stellen Huygens‘ Bewegungen dar, mit Tönen, welche auf eine sich ändernde Rotationsgeschwindigkeit hindeuten und die das Bewegen des Fallschirms hörbar machen. Auch zu hören sind Klicks, die die Umdrehungen zählen, Geräusche von dem Moment, als Huygens‘ Hitzeschild auf die Atmosphäre des Titans traf, die Öffnung des Fallschirms, das Lösen des Hitzeschilds, das Abwerfen der DISR-Abdeckung und schließlich das Aufsetzen auf der Oberfläche.
Die Töne aus dem rechten Lautsprecher gehören zur DISR-Aktivität. Ein fortwährender Signalton gibt Aufschluss über die Stärke der Verbindung zur Muttersonde Cassini.
„Das DISR war ein sehr kompliziertes Instrument“, sagte Karkoschka. „Es musste so programmiert werden, dass seine 3500 Aufzeichnungen den Wissens-Zuwachs maximieren würden. So musste es entscheiden, wo und wann Fotos geschossen werden sollten.“
Dass diese Aufgabe mehr als erfüllt wurde, meint auch Jean-Pierre Lebreton, Huygens-Projekt-Wissenschaftler und Missions-Manager bei der ESA: „Diese Filme demonstrieren in der Tat, dass die Huygens-Kamera für ihren Auftrag sehr gut konzipiert war. Sie zeigen so viele verschiedene Details von einer Landschaft, die nur einen kleinen Teil (ein Tausendstel) der Gesamtoberfläche von Titan ausmacht. Dies veranlasst mich, davon zu träumen, was eine mögliche zukünftige Mission zu Titan über diese wundervolle und faszinierende erdähnliche Welt in Erfahrung bringen könnte.“
Die Filme können auf der Internetseite der ESA angesehen werden.