RadioAstron liefert – Bonn rechnet

Ab jetzt kann auch das Bonner Max-Planck-Institut Daten von RadioAstron verarbeiten. Während die Planung für die nächste Beobachtungsphase anläuft werden bereits die ersten Ergebnisse veröffentlicht.

Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: ASC/MPIfR.

ASC Lebedew
Spektr-R im All
(Bild: ASC Lebedew)

DiFX verarbeitet RadioAstron-Daten
Das DiFX-System des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn ist ein Großrechner, der dazu dient, Radio-Beobachtungen von einzelnen Teleskopen mathematisch zu überlagern und somit ein Interferenzbild zu erzeugen. Diese Methode erhöht das Auflösungsvermögen deutlich, da hierfür der Abstand der Einzelteleskope rechnerisch etwa der Größe eines Einzelteleskops mit der gleichen Auflösung entspricht. DiFX hat jetzt ein Softwareupdate bekommen, um auch für RadioAstron als Korrelator zur Verfügung zu stehen. Bislang konnte DiFX nur mit festen Positionen von Teleskopen umgehen, seit dem Update können auch bewegte Antennen (wie eben das im Orbit kreisende Spektr-R) verwendet werden. Dadurch dass jetzt auch DiFX die Daten von RadioAstron korrelieren kann ergeben sich für viele am Projekt beteiligte Astronomen deutliche Vereinfachungen. Sie sind gewohnt, mit Ergebnissen von DiFX zu rechnen, aber nur wenige arbeiten bislang mit Ergebnissen des Moskauer Korrelators, das bislang hauptsächlich die Datenanalyse für RadioAstron übernommen hat.

Beim MPIfR zeigt man sich sehr zufrieden mit dieser Neuerung, da man jetzt erstmals für den Radiobereich auf eine Auflösungsgenauigkeit von einigen Mikrobogensekunden kommen kann. Zu Beginn wurde damit eine Aufnahme des 900 Mio Lichtjahre entfernten Aktiven Galaxiekerns (Active Galactic Nucleus, AGN) BL Lacertae berechnet. BL Lacertae gilt als Prototyp für eine ganze Klasse von AGN und ist daher ein hochinteressantes Beobachtungsziel. Verwendet wurden am Anfang Daten, die auch in Moskau bereits ausgewertet wurden, um zunächst einen Vergleich der beiden Korrelatoren durchzuführen.

RadioAstron International Science Council Meeting 2012
Vom 18. bis 20. Juni wurde in Puschkino bei Moskau ein Treffen des RadioAstron International Science Council abgehalten. Beteiligt waren Vertreter von Forschungsinstitutionen und am Projekt beteiligten Observatorien aus aller Welt. In der Rückschau auf die bisherige Mission wurde der Freude über den Erfolg und Fortschritt des Programms Ausdruck verliehen. Vor allem aber wurde über die zukünftige Planung der Mission nach Abschluss des derzeit laufenden “Early Science Programm” diskutiert. Mitte 2013 soll sich an das aktuelle Programm eine “Open Skies Phase” anschließen. Bis August diesen Jahres sollen Forschergruppen, die ihre Beobachtungen mit RadioAstron durchführen sollen ihr Interesse mitteilen, bis Februar 2013 sollen dann die formalen Bewerbungen für Beobachtungszeit vorliegen. Den Vorsitz der Beurteilungskommission, die über die Bewerber entscheidet wird Phil Edwards übernehmen, der für die australische Teleskope verantwortlich ist, die an RadioAstron beteiligt sind.

Ausgewählte Ergebnisse
Nicht nur BL Lacertae, sondern auch andere aktive Galaxienkerne werden von RadioAstron beobachtet. So wurde zum Beispiel das Objekt 0716+714 von RadioAstron unter Beteiligung europäischer, russischer und japanischer Radioteleskope beobachtet. Der Abstand der Teleskope zueinander betrug dabei bis zu 5,2 Erddurchmesser. Trotz einer Phase geringer Aktivität während der Beobachtungen gelang es diesen Blazar im 6cm-Band zu detektieren und zu analysieren. Damit ließ sich die Größe des aktiven Kerns als 40 Mikrobogensekunden bestimmen, was in Verbindung mit dem Abstand einen Durchmesser von 0,65 Lichtjahren entspricht.

RadioAstron wird auch weiterhin aktive Galaxienkerne ins Visier nehmen. Den Rekord für eine solche Beobachtung wurde bei der 6cm-Messung von OJ287 aufgestellt, wo die Teleskope bis zu 7 Erddurchmesser Abstand hatten. Im Vergleich zu rein erdgebundenen Interferometern ist die Genauigkeit bei einer solchen Aufnahme um eine Größenordnung besser. Die Ergebnisse dieses Forschungsprogramms werden helfen, die Natur der relativistischen Jets in aktiven Galaxienkernen besser zu verstehen.

Es wurden auch die ersten Interferenzmuster im 1,35cm-Band für das Sternentstehungsgebiet W51 entdeckt. W51 ist einer der leuchtstärksten Wasser-Maser (Mikrowellen-Laser) unserer Milchstraße, 17.600 Lichtjahre von uns entfernt im Sagittarius-Spiral-Arm. Die Beobachtung wurde von Spektr-R gemeinsam mit dem Effelsberger Radioteleskop bei einem Abstand von rund 1,14 Erddurchmessern im Mai durchgeführt. Die dabei erreichte Winkelauflösung von 0,2 Millibogensekunden ist die beste, die jemals für diesen Spektralbereich erreicht wurde. Dadurch wird es möglich, Maser besser als je zuvor zu untersuchen.

Der Vela-Pulsar sendet seine Pulse Richtung Erde durch ein inhomogenes interstellares Plasma. Dieses verzerrt, streut und bündelt die Wellen, das Plasma funktioniert im Prinzip wie eine Sammlung von gewaltigen Linsen. Dadurch gibt es im Bereich der Erde ein eigenes Interferenzmuster von gestreuten Radiowellen. Dieses Interferenzmuster exakt zu analysieren ist nur mit der extremen Auflösung des RadioAstron-Systems möglich. Für diese Aufnahmen wurden Radioteleskope in Australien und Südafrika verwendet. Diese Daten erlauben eine präzise Analyse des interstellaren Materials, das sonst nur schwer zu beobachten ist. Theoretisch wäre es auch möglich, dass sich die Störungen durch das Plasma im Lauf der Zeit ändern. Sollte man dies beobachten können wäre es möglich den Strom des interstellaren Plasmas durch diesen Teil unserer Milchstraße genau zu bestimmen.

Diskutieren sie mit:

Nach oben scrollen