Seltene Wolken in großer Höhe

Planetenwissenschaftler haben rekordverdächtige Wolken in der Marsatmosphäre gefunden. Sie befinden sich in größerer Höhe über der Planetenoberfläche als alle bisher beobachteten Wolken auf anderen Planeten.

Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: ESA.

Gefunden wurden die Wolken mit Hilfe des SPICAM-Instrumentes an Bord der ESA-Sonde Mars Express. Die Ergebnisse sind ein weiteres Puzzlestück zum Verständnis der Marsatmosphäre.

ESA/Mars Express
Wolken hoch über dem Mars
(Bild: ESA/Mars Express)

Bislang wussten Wissenschaftler nur von Wolken in den unteren Schichten der Marsatmosphäre. SPICAM, ein Spektrometer für den infraroten und ultravioletten Wellenlängenbereich, entdeckte eine flüchtige Wolkenschicht in einer Höhe von 80 bis 100 Kilometern. Die Wolken bestehen wahrscheinlich aus Kohlendioxid.

SPICAM konnte die Wolken entdecken, indem es Sterne beobachtete, die kurze Zeit später durch den Mars verdeckt wurden. Durch die Untersuchung des Sternenlichts, das sich durch die Marsatmosphäre bewegt hatte, konnten Molekülprofile der Marsatmosphäre erstellt werden. Jede Durchsicht der Marsatmosphäre entspricht einem Profil.

Die ersten Hinweise auf eine Wolkenschicht tauchten auf, als in einigen Profilen die Sterne hinter der Schicht in 90 bis 100 Kilometern Höhe merklich schwächer leuchteten. Das kam zwar nur bei etwa einem Prozent der Profile vor, aber nachdem etwa 600 Profile gesammelt waren, konnte das Team einen Irrtum weitgehend ausschließen.

„Wenn Sie die Wolken von der Oberfläche des Mars aus betrachten wollen, müssen Sie wahrscheinlich bis nach Sonnenuntergang warten“, erklärt Franck Montmessin, SPICAM-Wissenschaftler und verantwortlicher Autor des Forschungsberichts. Die Wolken sind sehr dünn und können nur gesehen werden, wenn sie Sonnenlicht vor einem dunklen Himmel reflektieren. Darin ähneln sie den nachts leuchtenden (noctilucent) Wolken der Mesosphäre der Erde. Diese finden sich 80 Kilometer über der Erdoberfläche, wo die Dichte der Atmosphäre der des Mars in nur 35 Kilometern Höhe entspricht. Die neu entdeckten Wolken kommen also in einer wesentlich dünneren Atmosphäre vor.

In 90 bis 100 Kilometern Höhe über der Marsoberfläche beträgt die Temperatur -193 Grad Celsius. Es ist also unwahrscheinlich, dass die Wolken aus Wasser bestehen. „Wir beobachten die Wolken in einer extrem kalten Umgebung, in der hauptsächlich Kohlendioxid vorkommt, das unter seinen Kondensationspunkt gekühlt wird. Daraus schließen wir, dass die Wolken aus Kohlendioxid bestehen“, sagt Montmessin.

Aber wie entstehen diese Wolken? SPICAM lieferte die Antwort durch die Entdeckung von bisher unbekannten winzigen Staubteilchen, die oberhalb von 60 Kilometern in der Marsatmosphäre vorkommen. Die Staubkörner haben die Größe von 100 Nanometern.

Sie bilden wahrscheinlich den Kern, an denen sich Kohlendioxidkristalle bilden und so Wolken formen können. Es sind möglicherweise mikroskopische Teilchen, die von der Oberfläche des Mars stammen und in die obere Atmosphäre getragen wurden. Eine andere Erklärung sind Überreste von Meteoriten, die in der Atmosphäre des Mars’ verbrannt sind.

Die neu entdeckten Wolken haben Auswirkungen auf Landemissionen, denn die Marsatmosphäre könnte dichter sein als bisher angenommen. Das könnte eine wichtige Information für zukünftige Landemissionen sein, welche den Widerstand der äußeren Atmosphäre zum Abbremsen nutzen, um anschließend zu landen oder in eine Umlaufbahn einzuschwenken.

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