Astrophysiker haben die energiereichste Supernova beobachtet, die jemals gesehen wurde. Ihre Daten könnten dabei helfen, supermassereiche Sterne besser zu verstehen.
Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: Universität Berkeley. Vertont von Karl Urban.
Am 18. September 2006 entdeckte Robert Quimby, Doktorand der Universität Texas, in der Galaxie NGC 1260 eine Supernova. Diese extrem auffälligen Leuchterscheinungen entstehen, wenn ein Stern in der letzten Phase seines Lebens kollabiert und dabei riesige Mengen an Energie freisetzt. Eine Pressemitteilung der Universität Berkeley vom 7. Mai 2007 enthält nun neue Informationen über das Ereignis: Danach sei die 240 Millionen Lichtjahre von uns entfernte SN 2006gy (wie der explodierte Stern nun offiziell heißt) die hellste jemals beobachtete Supernova. Heute eher selten, seien vergleichbare Explosionen im jungen Universum an der Tagesordnung gewesen. Eine Supernova dieses Typs konnte bisher noch nie beobachtet werden.
Allein ihr beginnendes Aufleuchten war eine Besonderheit: Anders als bei gewöhnlichen Supernovae, die auch in unserer Milchstraße beobachtet wurden, brauchte SN 2006gy 70 Tage, um ihre maximale Leuchtstärke zu erreichen. Das Abflauen dauerte mehr als drei Monate. Selbst heute, rund acht Monate nach dem Ereignis, leuchtet sie noch immer so hell wie gewöhnliche Supernovae an ihrem Maximum. Diese dauern in der Regel nicht länger als einige Tage bis wenige Wochen. Die beiden Wissenschaftler der Universität Berkeley Nathan Smith und David Pooley schätzen die Masse des Sterne auf zwischen 100 und 200 Sonnenmassen. Solch gigantische Sterne sind so selten, dass in unserer eigenen Milchstraße nur etwa ein Dutzend unter einer Sternpopulation von 200 Milliarden existiert.
„Dies war eine wirklich gigantische Explosion, hundertmal energiereicher als gewöhnliche Supernovae“, sagte Smith, der Leiter des Forscherteams der amerikanischen Universitäten Berkeley und Texas ist. „Das bedeutet, der Stern hatte die 150 fache Masse unserer Sonne. So etwas haben wir noch nie zuvor gesehen.“
Die Forscher verwendeten Daten der erdgebundenen Teleskope Lick in Kalifornien und Keck auf Hawaii sowie des Röntgen-Weltraumteleskops Chandra, um ihre Theorie eines supermassereichen Sterns zu stützen. Sie gehen davon aus, dass hier keine gewöhnliche Supernova, sondern eine so genannte Paarinstabilitätssupernova stattfand.
Ein Stern „stirbt“, wenn sein Brennstoffvorrat an Wasserstoff für die Erzeugung von Energie mithilfe von Kernfusion zu Helium erschöpft ist. Dann reicht der Strahlungsdruck aus dem Kern, dem Brennofen des Sterns, nicht mehr aus, um der Gravitationskraft entgegenzuwirken: der Stern kollabiert. Gewöhnliche Sterne fusionieren in diesem Stadium auch schwere Elemente. Neben Helium entstehen schwerere Elemente bis hin zum Eisen. Danach kollabiert der Stern komplett und je nach Masse der verbleibenden Kernmaterie bildet sich ein Weißer Zwerg, ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch. Die äußeren Schichten der Sternatmosphäre werden davor in den Raum geblasen.
In größeren Sternen mit 150 bis 250 Sonnenmassen wird während des Todeskampfes jedoch die Temperatur im Kern so groß, dass hochenergetische Gammastrahlung spontan Paare von Materie- und Antimaterieteilchen erzeugt, die sich ständig gegenseitig wieder vernichten. Dadurch verringert sich jedoch der Strahlungsdruck, der in den äußeren Bereichen des Sterns ankommt, die dann in sich zusammenfallen. Das Ergebnis wäre eine thermonukleare Reaktion, die heller ist als jede gewöhnliche Supernova. Dies zumindest sagt die Theorie – denn bis zur Entdeckung von SN 2006gy hatte man ein solches Ereignis noch nicht beobachtet.
„Diese Entdeckung zwingt uns zurück an die Theorie supermassereicher Sterne, um ihren Tod besser zu verstehen“, sagte Smith. „Statt sich einfach schnell in ein Schwarzes Loch zu verabschieden, produzieren sie diese enormen Explosionen, die im gesamten Universum gesehen werden können. Da sie so hell sind und lange sehr hell bleiben, vergrößern sich unsere Chancen, sie auch im jungen Universum zu beobachten.“
Paarinstabilitätssupernovae sollten theoretisch auch Elemente produzieren, die schwerer als Eisen sind. Laut Smith entsteht ein Großteil der Strahlung einer gewöhnlichen Supernova durch den radioaktiven Zerfall des Isotops Nickel-56. Bei SN 2006gy dürften allein rund 20 Sonnenmassen an Nickel produziert worden sein. Bei den hellsten gewöhnlichen Supernovae sind es nur 0,6 Sonnenmassen Nickel. Die Existenz solcher enormen Sternexplosionen würde erklären, warum es im Universum überhaupt schwerere Elemente als Eisen gibt. Denn Physiker gehen davon aus, dass alle schwereren Elemente – auch alle, die für Leben wichtig sind – in Sternen „ausgebrütet“ wurden. Wenn Paarinstabilitätssupernovae im jungen Universum häufiger waren als heute, dürften sie Urheber der schweren Elemente sein, die heute einen Teil aller festen Planeten des Sonnensystems aufbaut.
Vor einer so energiereichen Supernova wird viel Masse in die Umgebung des Sterns abgegeben. Dies legt den Schluss nahe, dass auch ein bekannter Stern in der Milchstraße auf diese Art sein Leben beenden wird: eta Carinae, der nur 7.500 Lichtjahre von uns entfernt liegt, könnte auf ähnliche Weise explodieren wie SN 2006gy.