Sojus

Die russische Sojus-Kapsel ist seit fast 40 Jahren im Einsatz und während dieser Zeit immer wieder modernisiert worden.

Autor: Michael Schumacher & Mandy Kobs & Günther Glatzel

Sojus-TMA 4 angedockt an der Internationalen Raumstation (ISS).
(Bild: NASA)

Seit 1967 ist das Sojus-Raumschiff das Arbeitspferd für die bemannten sowjetisch-russische Raumflüge. Es wurde ursprünglich in drei Formen entwickelt: erdorbital, mondorbital und als das mondorbitale Element für das bemannte Mondlandeprogramm. Nach der Streichung der Anstrengungen für eine Mondlandung wurde die erdorbitale Version vereinfacht, um als “Zwei-Tage-Zubringer” zu dienen, um Besatzungen zu Raumstationen zu befördern und diese am Ende ihrer Flüge zur Erde zurückzubringen.

Seither wurde es durch mehrere Versionen hindurch entwickelt um seine Fähigkeiten zu erweitern. Es besitzt eine Masse um 7.250 Kilogramm, hat eine Länge von etwa 7,5 Metern, misst im Durchmesser maximal 2,7 Meter und verfügt über zwei Solarzellenflügel mit einer Spannweite von 10,6 Metern. Das russische Wort “Sojus” (russische Bezeichnung: Союз) bedeutet im deutschen “Union, Vereinigung”. Das Raumschiff Sojus-TM, das eingeführt wurde, um der russischen Raumstation Mir zu dienen, übernahm bei der International Space Station (ISS) anfangs eine ähnliche Rolle. Es wurde ebenso als Rückkehrfahrzeug während der frühen Langzeitaufenthalte in der Raumstation eingesetzt. Jederzeit müssen immer genügend Sojus-Raumschiffe an die Raumstation angekoppelt sein, um die Besatzung im Notfall evakuieren zu können. Um die Operabilität der Raumschiffe garantieren zu können, mussten diese alle sechs Monate ausgetauscht werden. Besuchsbesatzungen erreichten in der Anfangszeit der Station in neuen Raumschiffen die ISS und kehrten mit dem alten Raumschiff zurückkehren. Sojus-TM wurde in der Folgezeit vom verbesserten Sojus-TMA abgelöst, welches seinerzeit erneute Modifikationen erfuhr und ein zusätzliches M in seiner Bezeichnung führt. Das erste Sojus-Raumschiff mit komplett digitaler Raumschiff startete im Jahre 2010 zur ISS.

Modulaufbau Raumtransporter Sojus (Skizze).
(Bild: Austromir-91)

Das Sojus-Raumschiff besteht aus drei Modulen. Das vordere Aufenthaltsabteil (russische Bezeichnung: бытового отсека-БО), das einen unter Druck stehenden Wohnraum für die Besatzungen bei den früheren Einzelflügen bot. Das Kopplungssystem befindet sich an der Spitze. Die Kopplungssonde kann beiseite geklappt werden, um einen direkten Durchgang zu einer Raumstation zu ermöglichen.

Der Landeapparat (russische Bezeichnung: спускаемого аппарата-СА) dahinter besitzt die Hauptflugkontrollen und die Konturensessel für die drei Besatzungsmitglieder. Es ist der einzige Teil des Raumschiffes, der zur Erde zurückkehrt. Seine Glockenform und sein ausgeglichener Schwerpunkt erlauben es ihm, in einem kleinen Ausmaß aerodynamischen Auftrieb zu erzeugen, so dass es zu einem speziellen Landeort gesteuert werden kann. Obwohl das Raumschiff die Fähigkeit zur Wasserung besitzt, wird die Landung bevorzugt.

Die abschließende Bremsung wird durch den Hauptfallschirm bewerkstelligt. Unmittelbar vor dem Aufsetzen wird der untere Hitzeschild abgetrennt und eine Reihe von Bremsraketen zünden, um den Aufprall abzumildern. Das Geräte- und Antriebsabteil (russische Bezeichnung: приборно-агрегатного отсека-ПАО) hinten beherbergt das orbitale Manövrier- und Lagekontrollsystem sowie die Solarzellenflügel, die das Raumschiff mit Energie versorgen. Sowohl das Geräte- und Antriebsabteil als auch das Aufenthaltsabteil werden nach der Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn abgetrennt und lassen den Landeapparat auf dem Kurs für den Wiedereintritt.

Da sich herausstellte, das einige NASA-Astronauten zu groß oder zu klein für das TM-Raumschiff waren, wurde der Landeapparat modifiziert. Diese Version trug die Bezeichnung Sojus-TMA wobei sich deren äußere Ausmaße nicht von denen der Version Sojus-TM unterscheiden. Nach der Neugestaltung bekam der Sojus-TM-Nachfolger größere Sitze, ein neues Steuerpult und zahlreiche Geräte samt Leitungen wurden neu verlegt. Das Raumfahrzeug war nach diesen Arbeiten in der Lage, maximal 1,90 m große Raumfahrer aufzunehmen und konnte ein Gewicht von bis zu 95 kg kompensieren (Sojus TM max. Größe: 1,82 m; max. Gewicht: 85 kg). Weitere Änderungen wurden am Bordrechner und am Landesystem vorgenommen. Die Feststofflandetriebwerke konnten schließlich, je nach Masse der Landekapsel, unterschiedlichen Schub liefern, was für bis zu 30 Prozent niedrigere Bremsbeschleunigungen beim Aufsetzen der Kapsel auf der Erde sorgte.

Blick in das Cockpit der Sojus TM (oben) und Sojus TMA (unten)
(Bild: First African in Space)

Der Start von Sojus-TMA 15 am 27. Mai 2009 leitete die Ära der 6-Mann-Langzeitbesatzung auf der Internationalen Raumstation ein. Zwei Sojus-Raumfahrzeuge stehen jederzeit für den Abflug bereit, um je drei Besatzungsmitglieder evakuieren zu können. Des Weiteren gewährleistet eine Erhöhung des Startzyklus, von zwei auf vier pro Jahr, den regelmäßigen Besatzungsaustausch nach jeweils 6 Monaten im All.

Trotz der Zuverlässigkeit schreitet die Weiterentwicklung und Anpassung an die Gegebenheiten der bemannten Raumfahrt voran. Am 7. Oktober 2010 startete mit Sojus-TMA 01M die modernste Variante eines Sojus-Raumfahrzeuges. Das Raumfahrzeug der neuen Baureihe, das auch unter der Typenbezeichnung Sojus-TMA-Z (russische Bezeichnung Z: Цифровая = digital) bekannt ist, erfuhr Modernisierungen in den Bereichen der Steuerungs-, Strom- und Temperaturkontrollsysteme. Es wurden 36 analoge Steuersysteme durch 19 digitale ersetzt. Die Masse des Gesamtsystems beträgt am Ende der Arbeiten 7.150 kg (70 kg Einsparung), trotz größerem Innenraum. Der Energieverbrauch und die Herstellungskosten konnten gesenkt werden, womit das Ziel einer erhöhten Effektivität erfüllt wurde. Außerdem kann damit mehr Fracht transportiert werden. Weiterhin findet ein neuer Bordcomputer Anwendung, der in der Lage ist, 8 Millionen Operationen pro Sekunde auszuführen und über einen Arbeitsspeicher von 2.000 KB verfügt. Ein neues russisches Dockingsystem (Kurs-N), ein zentrales Funksystem und ein modifiziertes Treibstoffkühlsystem gehören zu weiteren technischen Errungenschaften dieser Sojus-Version. Das komplett modernisierte Raumschiff kann komplett von einem einzigen Besatzungsmitglied gesteuert werden und die Lebensdauer im All hat sich von ehemals 6 Monaten auf bis zu 1 Jahr erhöht.

Auch für die nächsten Jahre sind weitere Anpassungen geplant. Dazu gehören die Satellitennavigationsausrüstung, das Kontroll- und Kommunikationssystem sowie das Rendezvoussystem KURS. Außerdem soll das optische Periskop zur Annäherungsüberwachung durch ein System mehrerer Kameras ersetzt werden. Einige neu entwickelte Komponenten werden auch in die Konstruktion eines neuen Raumschifftyps einfließen.

Nach der Einstellung des Space-Shuttle-Programms wird das fleißige und zuverlässige Raumfahrzeug allein den Personenverkehr zwischen Erde und Internationaler Raumstation gewährleisten. Eine große Verantwortung, doch die nun 33-jährige Bewährungsprobe des Arbeitspferdes Sojus hat dieses Vertrauen verdient. Der sich derzeit in der Entwicklung befindliche leistungsstarke Sojus-Nachfolger „Rus“, ist frühestens für das Jahr 2018 geplant.

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