Staubstürme gefährden Opportunitys Überleben

Das schlechteste Marswetter seit Beginn der Aufzeichnungen macht beiden Marsrovern zu schaffen, vor allem Opportunity: Der Rover verbraucht mehr Energie, als seine Solarpaneele noch hergeben.

Ein Beitrag von Axel Orth

Die beiden Marsrover der NASA waren ursprünglich dafür ausgelegt, drei Monate lang “ihre” jeweilige Gegend des Mars´ zu erforschen. Aus den drei Monaten wurden drei Jahre, da stets rechtzeitig eine kräftige Brise den bis dahin angesammelten Staub von den Solarpaneelen der Rover blies. Doch nun zwingen lang anhaltende Staubstürme die Rover dazu, ihren Tagesablauf einzuschränken, und könnten, wenn es noch wochenlang so weiter geht, die bei Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit beliebte Mission gefährden oder ganz beenden.

Zwar bedeutet ein “Sturm” auf dem Mars durch dessen sehr dünne Atmosphäre längst nicht dasselbe wie ein Sturm auf der Erde; vermutlich reicht die Kraft des Windes nicht einmal, einen Marsrover auch nur ein wenig in’s Schwanken zu bringen. Es reicht aber sehr wohl, den sehr feinen, sehr trockenen Staub des Mars´ in großen Mengen vom Boden zu wehen, wochenlang in der Luft zu halten und die Sonne zu verfinstern. Und die Rover sind auf Sonnenenergie angewiesen…

Insbesondere Opportunity ist gefährdet. Gerade als beschlossen worden war, dass der Rover in den “Victoria-Krater” einfahren soll, begann der erste einer Reihe von Staubstürmen, die mittlerweile seit fast einem Monat anhalten. In der “Meridiani-Ebene”, wo Opportunity platziert ist, ist mittlerweile so viel Staub in der Luft, dass nur noch 1 Prozent des direkten Lichtes von der Sonne bis zur Marsoberfläche gelangen. Lediglich Streulicht aus der Atmosphäre sorgt noch für etwas Energie aus den Solarpaneelen.

Entwicklung des Staubsturms aus Bodensicht: Jeder einzelne Streifen ist ein horizontal gestauchtes Echtfarbenbild von Opportunity um die Mittagszeit eines bestimmten Tages im Zeitraum 14. Juni bis 15. Juli 2007. Die Bilder sind helligkeitskalibriert, geben also die Helligkeit korrekt wieder. Am unteren Rand sind die Solnummer und die lokale Marszeit zum Zeitpunkt der Aufnahme aufgetragen, am oberen Rand der an diesem Tag gemessene Tau-Wert, ein Maß für die Undurchsichtigkeit der Atmosphäre. (Bild: NASA/JPL-Caltech/Cornell)

Die Rover sind zwar darauf eingestellt, auch mal eine Zeitlang mit wenig Energie auszukommen, aber mit solchen “Tau-Werten” (ein Maß für die Undurchsichtigkeit der Atmosphäre) konnte kein Konstrukteur rechnen. Die jetzigen Tau-Werte stellen die höchsten je gemessenen Werte dar – selbst in den 1970er-Jahren haben die Viking-Sonden keinen derartigen Sturm erlebt (davon abgesehen waren sie mit Radioisotopengeneratoren bestückt und somit nicht auf Sonnenlicht angewiesen).

Vor dem Sturm betrug Opportunitys Energie-Ausbeute noch um die 700 Wattstunden pro Tag, ein hervorragender Wert. In der ersten Zeit des Sturms sank dieser Wert schon auf um die 400 Wattstunden pro Tag. Letzte Woche Dienstag war der Wert auf 148 Wattstunden gefallen, am Mittwoch schließlich auf 128 Wattstunden.

Damit ist eine kritische Grenze unterschritten: Der Rover, dessen Fahr- und wissenschaftliche Aktivitäten schon seit Wochen ruhen, braucht selbst in seinem “Schlafmodus” noch 130 Wattstunden pro Tag: Seine empfindliche Bordelektronik und die wissenschaftlichen Instrumente dürfen den eisigen Nachttemperaturen des Mars´ nicht ausgesetzt werden, daher sind sie mit Heizelementen bestückt, die sie ständig auf erträglichen Temperaturen halten. Wenn die Heizungen nicht mehr genug Energie erhalten, dann verziehen sich die Platinen und Bauteile durch die Kälte schließlich derart, dass Risse entstehen und die Elektronik irreparabel beschädigen.

Zwar ist Opportunitys Bordbatterie derzeit noch gut gefüllt, da die NASA durch die Mars-Satelliten vorgewarnt war und das Team in weiser Voraussicht den Energieverbrauch schon frühzeitig einschränkte. Dennoch kann Opportunitys Batterie eine solche Phase mit negativer Energiebilanz (also: Verbrauch überwiegt Ausbeute) nicht lange aushalten – von “einigen Wochen” im Höchstfall ist die Rede. Und wenn es schlimm kommt, könnte der Sturm, der mittlerweile den ganzen Planeten erfasst hat, noch so lange dauern.

Das Letzte, woran das Roverteam noch sparen konnte, waren die täglichen Kommunikationssitzungen mit der Erde. Am Mittwoch war es nun so weit: Das Team schickte Befehle zum Rover, am Donnerstag und Freitag keine Verbindung mit einem der Marsorbiter oder direkt mit der Erde aufzunehmen. In der jahrelangen Rovermission war dies ein Novum, dazu war es bisher noch nie gekommen.

Entwicklung des Staubsturms aus dem Orbit: Diese beiden Mosaiken aus Bildern der Kamera MARCI an Bord des MRO zeigen die gesamte Marsoberfläche am 22. Juni – vor dem Sturm – und am 17. Juli 2007. (Bild: NASA / JPL / Malin Space Science Systems)

Im Nachhinein kann sich die NASA glücklich schätzen, dass die Fahrt in den Krater noch nicht begonnen hatte, denn der Kraterhang ist steil, die Solarpaneele hätten folglich in einem ungünstigeren Winkel zum Himmel gestanden und die Energieausbeute wäre folglich noch niedriger, als sie jetzt ohnehin schon ist.

Zwillingsrover Spirit ist nicht so arg betroffen wie Opportunity, da der Staub im “Gusev-Krater” den Himmel nicht so effektiv verfinstert. Zwar sind durch die niedrige Energieausbeute auch hier Einschränkungen nötig, aber dieser Rover bewegt sich noch und kommuniziert auch weiterhin täglich mit der Heimatbasis in Pasadena.

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