Superteleskope, nächste Generation

Diesen Monat geht in Arizona ein Teleskop mit Doppelspiegel in Betrieb. 2011 soll das gigantische James Webb-Weltraumteleskop starten.

Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: SpaceRef.

Sowohl erdgebundene als auch im Weltraum stationierte Teleskope der nächsten Generation sollen schwerpunktmäßig nach zwei Typen von Objekten spähen, die die Astronomen besonders interessieren: Extrasolare Planeten um Sterne in der „näheren Umgebung“ sowie Sterne am Rande des Universums, deren Licht noch fast vom Beginn der Zeit stammt. In beiden Kategorien stoßen die heute verfügbaren Teleskope an ihre Grenzen, sind also im einen Fall zu lichtschwach oder können im anderen Fall das Licht nicht fein genug auflösen. Neue vielversprechende Techniken sollen mit diesen Problemen fertig werden.
Zwei Beispiele:

Large Binocular Telescope (LBT)

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Das Spiegelsystem des LBT (Grafik: LBT Corp.)

Das LBT geht bereits diesen Monat in Betrieb. Es wurde auf dem Mount Graham in Arizona/USA errichtet und ist derzeit das technisch fortgeschrittenste erdgebundene Teleskop der Welt. Die Kosten beliefen sich auf 120 Millionen Dollar. Wie der Name schon andeutet, besitzt es nicht nur einen Spiegel, sondern gleich zwei 8,4 Meter große Spiegel in Honeycomb-Verbundbauweise, die nahe beieinander auf einem gemeinsamen Rahmen montiert sind. Dank der Honeycomb-Technik, die durch die exzellenten mechanischen Eigenschaften von Honigwaben in Bienenstöcken inspiriert wurde, sind die Spiegel steifer und dabei doch leichter als herkömmliche Spiegel aus massivem Glas und können zusammen mehr Licht sammeln als jedes existierende einzelne Teleskop.

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Die geöffnete Kuppel des LBT (Bild: LBT Corp.)

Als weitere Innovation ist das Teleskop mit einer adaptiven Optik ausgerüstet, die mit Hilfe von Sekundärspiegeln computergesteuert in Echtzeit die Wellenlängenverzerrungen und Bildunschärfen korrigiert, die durch die Turbulenzen der Erdatmosphäre verursacht werden. Noch schärfere Bilder können gewonnen werden, wenn das Licht der beiden Hauptspiegel im so genannten „interferometrischen Abbildungsmodus“ miteinander kombiniert wird. Die hiermit erzielten Bilder von lichtschwachen Himmelsobjekten sollen zehnmal schärfer sein als jene des Hubble-Weltraumteleskops.
Das LBT ist ein Kooperationsprojekt von zahlreichen astronomischen und akademischen Institutionen in den Vereinigten Staaten und Europa. Den sicher größten technisch/wissenschaftlichen

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Polieren eines Primärspiegels (Bild: LBT Corp.)

Beitrag liefert die Universität von Arizona: Die innovativen Spiegel des Teleskops wurden vom Mirror Laboratory des Steward-Observatoriums der Universität gefertigt und poliert, das bereits Pionierarbeit in der Entwicklung riesiger und doch leichter Spiegel für die neue Generation von optischen und Infrarot-Teleskopen leistete. Das Mirror Lab hat den ersten Spiegel bereits fertig gestellt und poliert gerade den zweiten Spiegel mit einer Genauigkeit von 30 Nanometern, das ist 3000 mal so dünn wie ein menschliches Haar.
Das Steward-Observatorium baut in Zusammenarbeit mit dem weltbekannten Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA auch das „LBT Interferometer“, ein Instrument, das noch nie dagewesene Abbildungsfähigkeiten im Infrarotbereich zur Verfügung stellen soll. Ferner soll dieses Instrument es in seinem „Nullierungs“-Modus ermöglichen, extrasolare Planeten oder Staubscheiben direkt sichtbar zu machen, indem das Licht ihrer Heimatsterne, das an sich millionenmal heller ist und die Planeten somit bei weitem überstrahlt, durch die getrennten Bilder von den beiden Hauptspiegeln zu Null reduziert wird und nur das schwache Reflexionslicht der Planeten übrig lässt.

Darüber hinaus finanziert die Universität das Projekt zu 25%. Weitere Partner:

– LBT Beteiligungsgesellschaft/Deutschland (25 Prozent)

– Istituto Nazionale di Astrofisica/Italien (25 Prozent)

– Universität von Ohio/USA (12,5 Prozent)

– Research Corporation/USA (12,5 Prozent)

James Webb Space Telescope (JWST)
Das für ein Weltraumteleskop gigantische JWST ist der Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops und befindet sich derzeit in der Entwicklung. Der Start ist für August 2011 geplant. Es wird etwa die dreifache Größe des Hubble-Teleskops haben. Sein Hauptspiegel wird etwa doppelt so groß sein. Zwar können die Spiegel von erdgebundenen Teleskopen noch größer sein und somit im Prinzip auch mehr Licht sammeln, doch durch den einzigartigen Vorteil, nicht durch die Erdatmosphäre behindert zu werden, sind die Bilder von Weltraumteleskopen von vornherein schärfer.

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Das James Webb Space Telescope (Grafik: ESA)

Eine der größten Herausforderungen bei der Konstruktion des JWST ist es, das (beim Start) 8 m große Teleskop in einer Rakete von nur 5 m Durchmesser unterzubringen. JWST-Ingenieure haben dies schon scherzhaft mit der Konstruktion eines Flaschenschiffs verglichen.

Eine Schlüsselkomponente des Teleskops wird von Kanada beigesteuert: Wie neulich bekannt gegeben wurde, erhielt die Canadian Space Agency (CSA) einen 5-Millionen-Dollar-Vertrag für das Design des Feinführungssensors, in Partnerschaft mit den Firmen EMS in Ottawa und COM DEV in Cambridge/Ontario. Northrup Grumman in Los Angeles baut das Teleskop unter Überwachung der NASA für geschätzte Kosten von 1,5 Milliarden Dollar. (Zum Vergleich: Die heftig diskutierte unbemannte Mission allein zur Reparatur des alternden Hubble-Teleskops liegt finanziell in ähnlichen Dimensionen.)

„Dieses bedeutende neue Observatorium wird dort weitermachen, wo Hubble, Spitzer und andere Teleskope an ihre Grenzen stoßen“, sagte Dr. Virendra Jha, Vizepräsident der CSA für Wissenschaft, Technologien und Programme. „Es wird von Teams in Kanada, den USA und Europa konstruiert. Das James-Webb-Teleskop wird neue Fenster zu den ersten Sternen und Quasaren des frühen Universums öffnen, wie auch zu entstehenden Sternen und Planeten in nahen Galaxien.“

Der Feinführungssensor ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Teleskops. Er soll die Positionen von sehr schwach leuchtenden Sternen mit extrem hoher Präzision messen, um die erhoffte hohe Qualität der Bilder zu gewährleisten.

Auch die europäische ESA beteiligt sich an Konstruktion und Bau des JWST, indem sie wesentliche Teile des Mid Infrared Instrument (MIRI) beisteuert. Das MIRI ist eines von vier Hauptinstrumenten des JWST.

Wiewohl das JWST ein Mehrzweckteleskop sein wird, stellt die Beobachtung des frühen Universums im Infrarotbereich (also Wärmestrahlung) einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Mission dar. Zur Erzielung optimaler Ergebnisse ist es daher erforderlich, die Instrumente möglichst kalt zu halten. Dazu wird das JWST über einen aus fünf Schichten bestehenden Sonnenschild verfügen, der fast so groß sein wird wie ein Tennisplatz (siehe Bild). Er soll die Instrumente bei einer Temperatur von 37 Kelvin halten und es so dem Teleskop ermöglichen, selbst lichtschwächste, rotverschobene Signale aus den frühesten Phasen des Universums zu entdecken.

Stationierung im zweiten Lagrange-Punkt

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Zweiter Lagrange-Punkt (Grafik: ESA)

Anders als Hubble wird das James-Webb-Teleskop nicht im Erdorbit stationiert, sondern im sogenannten Zweiten Lagrange-Punkt (L2), d.h. in einem Sonnenorbit, der aber nur ca. 1,5 Millionen Kilometer weiter ist als der Sonnenorbit der Erde – das ist ungefähr die vierfache Entfernung des Mondes von der Erde. Da sich am L2 die Kräfte von Erde und Sonne auf das JWST gegenseitig aufheben, braucht das Teleskop weder einen Erdorbit noch ständige Lagekorrekturen, um in der Nähe der Erde zu bleiben, sondern kann permanent im Erdschatten stehen und dort sowohl von Sonnenstrahlung als auch von Erd-Reflexionslicht ungestört bleiben.
Ein besserer Platz für Weltraumteleskope ist kaum denkbar, und so werden sich im nächsten Jahrzehnt außer JWST auch noch weitere Weltraumteleskope an dieser Stelle im Raum tummeln, wie etwa die geplanten ESA-Missionen Darwin und Herschel. Im übrigen gibt es fünf Lagrange-Punkte, und insbesondere der L1, der diesseits der Erde, also zur Sonne hin gewandt liegt, war und ist bereits ein beliebter Aufenthaltsort für Raumsonden, die sich für die Sonne interessieren, nämlich für das Sonnenobservatorium SOHO und den Sonnenwindsammler Genesis.
Für das JWST ist eine Betriebsdauer von fünf bis zehn Jahren geplant. Die Stationierung in vierfacher Mondentfernung bedingt allerdings eine extreme Zuverlässigkeit der Technik, denn Reparaturmissionen wie damals beim Hubble sind beim JWST kaum vorstellbar, seien sie nun bemannt oder unbemannt.

James E. Webb (1906-1992) war der zweite Chef der NASA, in der Zeit von 1961 bis 1968, als die amerikanische Weltraumbehörde ihren größten Triumph vorbereitete und ihren bis heute legendären Ruf begründete.

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