Verbesserte H-IIA startet mit Telstar 12 VANTAGE

Auf einer verbesserten Variante der japanischen H-IIA-Rakete wurde am 24. November 2015 der kanadische Kommunikationssatellit Telstar 12 VANTAGE in den Weltraum transportiert.

Autor: Thomas Weyrauch. Quelle: Airbus Defence and Space, MHI, Telesat.

Heck der H-IIA F29 mit drei der vier Feststoffbooster im Bild (Bild: JAXA / MHI)

Um 7:50 Uhr MEZ am 24. November 2015 (um 15:50 Uhr japanischer Zeit) startete eine H-IIA-Rakete vom japanischen Raumfahrtzentrum Tanegashima, um den Kommunikationssatelliten Telstar 12 VANTAGE in den Weltraum zu befördern. Das Raumfahrzeug für den kanadischen Kommunikationssatellitenbetreiber Telesat wurde nach einer Flugzeit von rund vier Stunden und 27 Minuten erfolgreich im All ausgesetzt.

Bei der 29. Mission einer H-IIA-Rakete kam die Version 204 zu Einsatz. Diese Version zeichnet sich durch vier seitlich montierte Feststoffbooster vom Typ SRB-A3 aus. Verbesserungen der Rakete erfolgten insbesondere im Bereich der zweiten Stufe, die jetzt für drei Brennphasen vor dem Nutzlast-Absetzen geeignet ist.

Der Flug der Rakete begann von der Rampe Nummer 1 des Yoshinobu-Startkomplexes (YLP-1) an der Südküste der japanischen Insel Tanegashima im ersten Viertel des eine Stunde und 44 Minuten langen Startfensters (7:23 – 9:07 Uhr MEZ). Vor Ort herrschte zum Zeitpunkt des Starts eine Temperatur von 22 Grad Celsius, Wind kam mit einer Geschwindigkeit von rund 31 km/h aus Richtung Nordosten.

H-IIA F29 auf der Startrampe an der Küste (Bild: JAXA / MHI

Zuerst lief das LE-7A genannte, flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff verbrennende Haupttriebwerk der ersten Stufe an. Nachdem dieses die vorgesehenen Betriebsparameter erreicht hatte, zündeten die vier jeweils mit rund 66 Tonnen HTPB (Hydroxyl-terminiertes Polybutadien) gefüllten Feststoffbooster und die von Mitsubishi Heavy Industries (MHI) gebaute Rakete verließ die Rampe.

Der Flugverlauf gestaltete sich laut MHI wie geplant. Rund 116 Sekunden nach dem Abheben waren die Feststoffbooster ausgebrannt und wurden jeweils in Paaren rund 11 und 14 Sekunden später abgeworfen. Der Abwurf der Nutzlastverkleidung an der Spitze der Rakete folgte rund drei Minuten und 25 Sekunden nach dem Abheben.

Nach rund sechs Minuten und 40 Sekunden Flug hatte die erste Stufe ihre Arbeit erledigt und wurde rund acht Sekunden später abgetrennt. Sechs weitere Sekunden später zündete das 137 kN starke LE-5B genannte, ebenfalls flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff verbrennende Haupttriebwerk der zweiten, verbesserten Stufe der Rakete.

H-IIA F29 hebt ab (Bild: JAXA / MHI)

Vier Minuten und 11 Sekunden arbeitete des Haupttriebwerk der zweiten Stufe, bis sein erster Brennschluss erreicht war. Es folgte eine Freiflugphase mit einer Dauer von 11 Minuten und 39 Sekunden, während derer die erstmals weiß gestrichene Stufe langsam rollte – Farbgebung und Rotation dienten der Temperaturkontrolle.

Vor der neuerlichen Zündung der zweiten Stufe wurde im Gegensatz zu früheren Missionen, bei denen ausschließlich separate Hydrazin nutzende Lageregelungstriebwerke eingesetzt wurden, Oxidator verdampft und abgegeben, um mit einem leichten Vorwärts-Schub die Betriebsstoffe an den jeweiligen Tankböden zu konzentrieren.

Die zweite Brennphase der zweiten Stufe begann dann 22 Minuten und 46 Sekunden nach dem Abheben und endete nicht ganz vier Minuten später. Eine fast vier Stunden dauernde Freiflugphase schloss sich an, während der die Versorgung der Stufe mit elektrischer Energie weiter durch einen neu entwickelten Lithiumionen-Akkumulatorensatz erfolgte.

Telstar 12 VANTAGE und Transportcontainer (Bild: Airbus Defence and Space)

Zur dritten und letzten Brennphase vor dem Aussetzen der Nutzlast zündete die zweite Stufe vier Stunden, 22 Minuten und 45 Sekunden nach dem Abheben. Das Triebwerk der Stufe war dabei erstmals auf einem separat einstellbaren niedrigerem Schubniveau von circa 60 Prozent betreibbar – also drosselbar (auf 82 kN), was einer erhöhten Genauigkeit beim Orbiteinschuss dienlich sein sollte. 46 Sekunden später war die dritte Brennphase beendet.

Vier Stunden, 26 Minuten und 56 Sekunden nach dem Abheben erfolgte dann das Aussetzen von Telstar 12 VANTAGE, den Airbus Defence and Space für Telesat nach einem Auftrag aus dem Jahr 2013 gebaut hatte, im Empfangsbereich der Bodenstation Santiago. Erreicht wurde ein geosynchroner Transferorbit (GTO), von dem aus der Satellit den Weg in den Geostationären Orbit (GEO) eigenständig bewerkstelligen muss.

Das Perigäum, also der der Erde nächstliegende Bahnpunkt, des Orbits des Satelliten nach dem Aussetzen, lag bei rund 3.140 Kilometern über der Erde. Das Apogäum, der am weitesten von der Erde entfernte Bahnpunkt, lag bei 35.637 Kilometern über der Erde. Die verbliebene Bahnneigung gegen den Erdäquator betrug 19,2 Grad.

Telstar 12 VANTAGE – Illustration (Bild: Telesat)

Telstar 12 VANTAGE basiert auf der Satellitenplattform Eurostar E3000 und besaß eine Startmasse im Bereich von 4.900 Kilogramm. Der Satellit wird von seinem Betreiber mit Sitz im kanadischen Ottawa insbesondere zur Bereitstellung von Breitbanddatendiensten eingesetzt werden.

Telesats neuer Satellit soll im GEO eine Position bei 15 Grad West beziehen, um von dort Empfänger in Nord- und Südamerika, in Europa, dem Mittleren Osten und in Afrika zu versorgen. Dafür ist er mit einer Kommunikationsnutzlast im Äquivalent zu 52 Ku-Band-Transpondern mit einer Bandbreite von jeweils 36 MHz ausgerüstet.

Die vorgesehene Standzeit des dreiachsstabilisierten, mit Lithium-Ionen-Akkumulatorensätzen ausgestatteten Satelliten im Orbit beträgt mindestens 15 Jahre. Mit elektrischer Energie versorgt werden Kommunikationsnutzlast und raumflugtechnische Systeme von zwei Solarzellenauslegern. Von den Auslegern mit Gallium-Arsenid-Zellen erwartet man am Ende der Auslegungsbetriebsdauer die Bereitstellung von immer noch 11 Kilowatt elektrischer Leistung.

Telstar 12 VANTAGE besitzt einen mit Monomethylhydrazin (MMH) und einer Mischung von Stickstoffoxiden (MON-3, Stickstofftetroxid mit 3% Stickstoffmonooxid) betriebenen Apogäumsmotor. Für die Lageregelung sowie das Halten oder Verändern der Position des Satelliten besitzt er außerdem 14 10-Newton-starke, MMH und MON-3 verwendende, Zweistofftriebwerke des Typs S10-21 von Airbus Defence and Space.

Der neue Satellit ist als Nachfolger und Erweiterung von Telstar 12 gedacht. Letzterer wurde mit 38 Ku-Band-Transpondern ausgestattet und kreist nach Start auf einer Ariane 4 (Flug V122, verwendete Raketenversion 44LP) seit dem 19. Oktober 1999 um die Erde.

Vor Telstar 12 VANTAGE besorgten z.B. Arianespace, International Launch Services (ILS) und Landlaunch den Transport von Satelliten für Telesat in den Weltraum. Der jetzt erfolgte Start war die erste jemals geflogene kommerzielle Mission einer Rakete des japanischen Typs H-IIA mit einem kommerziellen Kommunikationssatelliten an Bord.

Telstar 12 VANTAGE alias Telstar 12V ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.036 und als COSPAR-Objekt 2015-068A. Die zweite Stufe der H-IIA ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.037 und als COSPAR-Objekt 2015-068B.

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