Von Wüsten und Oasen

Obwohl die Oberfläche unseres Nachbarplaneten einer neuen Analyse von Messdaten des europäischen Orbiters Mars Express zufolge anscheinend seit mehreren Milliarden Jahren eine trockene Wüste ist, bleiben für die Existenz primitiver Organismen lebensfreundliche Refugien auf dem Mars weiterhin denkbar.

Autor: Michael Stein. Vertont von Karl Urban.

Globale Verteilung verschiedener, auf frühere Wasservorkommen hindeutender Minerale. Vor allem die rot markierten Gebiete mit erhöhten Vorkommen von Phyllosilikaten könnten für die Suche nach früheren Lebensformen interessant sein.
(Foto: IAS/OMEGA/ESA)

Französische Wissenschaftler haben seit der Ankunft von Mars Express beim Roten Planeten die wüstenhafte Oberfläche mit dem Instrument OMEGA auf ihre Zusammensetzung hin eingehend untersucht. Das Observatoire pour la Mineralogie, l‘Eau, les Glaces et l‘Activité (= „Observatorium für Mineralogie, Wasser, Eisflächen und die [geologische] Aktivität“) hat in dieser Zeit eine Karte der Oberflächenzusammensetzung mit einer Auflösung von rund 100 Metern erstellt. OMEGA analysiert dazu das von der Marsoberfläche zurückgeworfene Sonnenlicht im sichtbaren und infraroten Spektralbereich (von 0,5 bis 5,5 Nanometern Wellenlänge). Darüber hinaus verrät OMEGA den Wissenschaftlern auch einiges über die Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten, da das von der Oberfläche reflektierte Licht auf dem Weg zu Mars Express zwangsläufig die Marsatmosphäre durchqueren muss.

Während eines Marsjahres (das 687 Erdentagen entspricht) hat OMEGA rund 90 Prozent der Planetenoberfläche untersucht und dabei Informationen über verschiedenste Gesteinsschichten gesammelt. Im Ergebnis hat das OMEGA-Team unter Leitung von Prof. Jean-Pierre Bibring vom „Institut d’Astrophysique Spatiale“ (IAS) in Orsay bei Paris drei geologische Zeitalter auf dem Mars identifizieren können. Darüber hinaus haben die Messdaten von OMEGA neue Hinweise auf Gebiete geliefert, die potentiell interessant für die zukünftig geplante Suche nach Spuren früherer Lebensformen sind.

Einer Kernaussage des OMEGA-Teams zufolge haben größere Wasservorkommen an der Marsoberfläche nur in der Frühgeschichte des Planeten für längstens 500 Millionen Jahre existieren können. Seit knapp vier Milliarden Jahren, so die Forscher weiter, ist unser äußerer Nachbar also im Wesentlichen der trockene Wüstenplanet, als der er sich heute den Kameraaugen der Raumsonden und Mars-Rover präsentiert.

Anhand der Vorkommen verschiedener Minerale und Gesteine haben die Wissenschaftler die Marsgeschichte in drei Zeitalter unterteilt und nach den griechischen Namen der für diese Phasen charakteristischen Minerale benannt. Das „Phyllosianische Zeitalter“ umfasst der Zeitraum von vor 4,5 bis 4,2 Milliarden Jahren unmittelbar nach der Planetenentstehung. Möglicherweise gab es zu jener Zeit ein warmes und feuchtes Klima auf dem Planeten, in dem sich unter anderem große Ton- und Lehmschichten am Grund von Flüssen und Seen ablagerten. Der für dieses Zeitalter gewählte Name leitet sich von den so genannten Phyllosilikaten (oder auch Schichtsilikaten) ab, zu denen unter anderem auch Tonminerale zählen.
Das zweite, „Theiikianischen Zeitalter“ folgte danach in der Zeit von 4,2 bis 3,8 Milliarden Jahren vor unserer Zeit. Kennzeichen dieser Epoche sind planetenweite Vulkanausbrüche, die globale Klimaveränderungen zur Folge hatten. Der dabei in die Atmosphäre geblasene Schwefel reagierte mit dem Wasserdampf und führte zu saurem Regen, der auf die Planetenoberfläche niederregnete und dabei die Zusammensetzung der Oberflächengesteine veränderte.
Die dritte und zeitlich bei weitem längste geologische Entwicklungsphase des Mars begann irgendwann vor etwa 3,8 bis 3,5 Milliarden Jahren und dauert bis heute an. Wesentliches Kennzeichen dieser „Siderikianisches Zeitalter“ genannten Epoche ist die fast vollständige Abwesenheit von Wasser in der Atmosphäre und an der Oberfläche des Planeten. Die heute beobachtbaren Strukturen an der Planetenoberfläche gehen zu einem großen Teil auf den geringen, aber dafür äonenlangen Einfluss der dünnen Marsatmosphäre zurück.

Doch immerhin schließen auch die Wissenschaftler um Prof. Bibring nicht vollkommen aus, dass es in einer der beiden ersten geologischen Zeitalter zur Entwicklung einfacher Lebensformen auf dem Mars gekommen ist. So hat OMEGA verschiedene Gebiete identifizieren können, die mit den bereits erwähnten Ton- und Lehmschichten bedeckt sind. Dabei könnte es sich um ehemalige Fluss- oder Seeböden handeln, die für zukünftige Mars-Lander potentiell interessante Untersuchungsgebiete darstellen – zumal das kalte und trockene Marsklima der letzten Milliarden Jahre grundsätzlich günstige Rahmenbedingungen für die Konservierung prähistorischer Lebensformen geboten hat. Allerdings, so betonen die Wissenschaftler, könnten die Ton- und Lehmablagerungen sich auch unter der Oberfläche gebildet haben, so dass es eventuell zu keiner Zeit lebensfreundliche, feuchte Gebiete an der Marsoberfläche gegeben hat.

Eine marsianische „Schnellstrasse“, die aus an die Oberfläche tretenden Gesteinsformationen gebildet ist.
(Foto: NASA/JPL)

Über mögliche lebensfreundliche Areale unter der harschen Marsoberfläche sagen die OMEGA-Daten allerdings nichts aus. Ganz im Gegenteil lassen frühere Messdaten anderer Mars Express-Instrumente sogar die Vermutung zu, dass es noch heute dem Leben wohlgesonnene Nischen auf oder besser: im Inneren des Roten Planeten gibt (siehe hierzu beispielsweise den Artikel Neue Zeiten auf dem Mars).

Die beiden Mars-Rover Spirit und Opportunity sind weiterhin im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten aktiv. Spirit erfreut sich in seinem Winterquartier an den gut 50 Wattstunden zusätzlicher Energie, die durch den leicht Richtung Norden geneigten Standplatz täglich gewonnen werden können, und hat damit begonnen, ein hochauflösendes Panorama seiner Umgebung zu erstellen. Mit dieser Aufgabe wird der Rover einige Wochen lang beschäftigt sein: die nur eingeschränkt verfügbare elektrische Energie und Limitierungen beim Datentransfer zur Erde verhindern ein schnelleres Vorankommen. Aber sei es drum, lange genug für die Fertigstellung der Panoramaaufnahme wird Spirit auf jeden Fall vor Ort verweilen.

Opportunity fährt unverändert auf den Viktoria-Krater zu, allerdings konnte der Rover wegen ungünstig liegender Überflugzeiten von 2001 Mars Odyssey nur jeden zweiten Tag fahren: Die Aufnahmen der Rover-Navigationskameras nach den jeweiligen Fahrten erreichten das Missionsteam auf der Erde so spät, dass die Planung der nächsten Route nicht mehr rechtzeitig zum Beginn des nächsten Sol an den Rover übermittelt werden konnte – das führte dann nach einem Fahrttag jeweils zu einem Tag „Zwangspause“. Ab der kommenden Woche jedoch sind die Überflugzeiten von 2001 Mars Odyssey über die Position von Opportunity – über den fast die gesamte Kommunikation mit den Rovern läuft – wieder günstiger, so dass dann die Distanz zum Fernziel „Viktoria-Krater“ wieder täglich reduziert werden kann. Doch wirklich beschweren kann sich die Navigationsmannschaft nicht, denn momentan rollt der Rover zeitweise geradezu über eine „marsianische Autobahn“ hinweg, die aus felsigem Untergrund gebildet ist und meist ein sehr gutes Fortkommen ermöglicht.

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