Was passiert auf der Erde, wenn ein Asteroideneinschlag droht?

Aktueller Artikel untersucht Gefahren für Wirtschaft, Geopolitik und Diplomatie. Eine Presseaussendung des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF).

Quelle: ÖWF 12. Dezember 2023.

Dr. Laura Jamschon Mac Garry. (Foto: ÖWF)
Dr. Laura Jamschon Mac Garry. (Foto: ÖWF)

12. Dezember 2023 – Zusammen mit Dr. Laura Jamschon Mac Garry, Professorin an der Universität für internationales Recht Belgrano, Argentinien und Dr. Sergio Camacho Lara, Professor am Instituto Astrofisico, Optica y Electronica de Mexico und vormaliger Direktor des UN Büros für Weltraumangelegenheiten, widmete sich der ÖWF-Experte Dr. Rudolf Albrecht der Frage, welche geopolitischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Auswirkungen auf Grund eines drohenden Asteroideneinschlags zu erwarten wären.

Denn bereits ab Bekanntwerden des drohenden Einschlags – bis zu 10 Jahre vor dem tatsächlichen Ereignis – ist im voraussichtlichen Einschlagsgebiet von enormen wirtschaftlichen und demografischen Verwerfungen auszugehen. Unter anderem würden Investitionen ausbleiben, Grundstückspreise drastisch fallen, Banken und Industriebetriebe würden insolvent, die Nahrungsmittelproduktion käme zum Erliegen. Die Bevölkerung würde versuchen, das Gebiet zu verlassen, die öffentliche Sicherheit erodieren. Die drohende Gefahr hätte aber auch Auswirkungen, die über das voraussichtliche Einschlagsgebiet hinausgingen.

Dr. Rudolf Albrecht als technischer Experte der österreichischen Delegation bei einer Sitzung des UN-COPUOS. (Foto: ÖWF)
Dr. Rudolf Albrecht als technischer Experte der österreichischen Delegation bei einer Sitzung des UN-COPUOS. (Foto: ÖWF)

Folgen über das Einschlagsgebiet hinaus
Dr. Rudolf Albrecht: „Die Annahme, dass das Leben bis kurz vor dem Einschlag seinen gewohnten Gang nehmen würde, ist vollkommen unrealistisch. Je nach Einschlagsort könnten die wirtschaftlichen Verwerfungen sogar dazu führen, dass technische Gegenmaßnahmen unmöglich werden- etwa durch den Zusammenbruch der Lieferketten und durch die Flucht der erforderlichen Arbeitskräfte. In unserem Artikel beleuchten wir die zu erwartenden möglichen Folgen, die zu erwarten sind und wie die internationale Gemeinschaft im Rahmen des Völkerrechts darauf reagieren könnte. Welche Verpflichtungen haben betroffene und nicht betroffene Staaten? Wie ist umzugehen mit der zu erwartenden riesigen Zahl von Flüchtlingen? Die steigende Bedrohung beeinflusst sicher auch das Wahlverhalten in vielen Ländern. In welche Richtung? Auch geopolitische Rivalitäten könnten eine Rolle spielen.“

Diese Gedanken wurden von Dr. Lindley Johnson, Leiter des NASA Planetary Defense Coordination Office, aufgenommen und sollen zum Gegenstand eines internationalen Koordinationsplans werden.

Dr. Jamschon Mac Garry, Dr. Albrecht. (Foto: ÖWF)
Dr. Jamschon Mac Garry, Dr. Albrecht. (Foto: ÖWF)

Der ganze Artikel
Laura Jamschon Mac Garry, Rudolf Albrecht, Sergio Camacho-Lara: „Diplomatic, geopolitical and economic consequences of an impending asteroid threat“ (Diplomatische, geopolitische und wirtschaftliche Folgen eines drohenden Asteroideneinschlags), Acta Astronautica, Volume 214, 2024, Seiten 496 bis 504, ISSN 0094-5765,
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S009457652300560X

Was die internationale Gemeinschaft bereits tut
Die potentielle Zerstörungskraft eines Asteroideneinschlags ist nicht zuletzt durch das Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren bekannt. 2013 brachte ein 20-Meter großer Gesteinsbrocken fast alle Fensterscheiben in Chelyabinsk zum Bersten als er noch vor seinem Einschlag explodierte. Ähnliche Ereignisse wie vor 65 Millionen Jahren könnten heute unsere gesamte Zivilisation gefährden. Daher richteten die Vereinten Nationen 2013 die Arbeitsgruppen „International Asteroid Warning Network” und „Space Mission Planning Advisory Group” ein, um Konzepte und Strategien zur Planetaren Verteidigung zu entwickeln. Parallel dazu findet alle zwei Jahre die Planetary Defense Conference (PDC) statt, ein Forum von Spezialist*innen, die das breite Spektrum zwischen wissenschaftlicher Forschung, technischer Entwicklung bis hin zum Zivilschutz abdecken.

Über die Autor*innen
Dr. Laura Jamschon Mac Garry hat einen LL.M. Abschluss (Universität Wien) und Ph.D. (Universität Sapienza Rom). Sie ist Professorin an der Universität Belgrano und der Universität del Salvador in Buenos Aires. Als Berufsdiplomatin war sie in Wien stationiert und integrierte die nationale Delegation in COPUOS-Sitzungen von 2013 bis 2019. Sie war amtierende Vorsitzende des Rechtsunterausschusses von COPUOS (Committee on the Peaceful Uses of Outer Space; Ausschuss der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums) und Leiterin der Task Force der Gruppe lateinamerikanischer und karibischer Länder (GRULAC) und der Gruppe der 77+China (G77+China). Sie ist Mitglied des International Institute of Space Law (IISL).

Dr. Rudolf Albrecht promovierte in Astrophysik an der Universität Wien, Österreich. Er arbeitete in Wien, am Lowell Observatory in Flagstaff, Arizona, am European Southern Observatory und am Cerro Tololo Interamerican Observatory in Chile. Er war Gründungsmitglied des Space Telescope Science Institute und ordentlicher Professor an der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland. Nach seinem Ausscheiden aus der Europäischen Weltraumorganisation ESA als Leiter der Space Telescope European Coordinating Facility wechselte er als Senior Science Advisor zum Österreichischen Weltraum Forum ÖWF. Er fungiert als technischer Experte in der österreichischen Delegation bei UN-COPUOS und in der Space Mission Planning Advisory Group (SMPAG).

Dr. Sergio Camacho ist Professor im Graduiertenprogramm für Weltraumwissenschaft und -technologie am Nationalen Institut für Astrophysik, Optik und Elektronik in Mexiko und ehemaliger Direktor des Büros der Vereinten Nationen für Weltraumfragen UNOOSA. Er war Vorsitzender der Arbeitsgruppe des Wissenschaftlich-Technischen Unterausschusses von COPUOS, der 2013 die Einrichtung des International Asteroid Warning Network IAWN und der Space Mission Planning Advisory Group SMPAG empfahl. Die Empfehlungen wurden von COPUOS unterstützt. Die Generalversammlung begrüßte diese Empfehlungen im Dezember 2013, dies führte 2014 zur Gründung von IAWN und SMPAG.

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