MEX: Eismeer auf dem Mars entdeckt

Mit Hilfe der hochauflösenden HRSC-Kamera an Bord der europäischen Raumsonde Mars Express konnte ein riesiger zugefrorener See in Nähe des Mars-Äquators entdeckt werden.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: DLR.

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Aufnahme des gefrorenen Mars-Sees. Deutlich sind die Eisschollen zu erkennen.
(Foto: ESA/DLR/FU Berlin [G. Neukum])

Schon auf früheren Aufnahmen anderer Raumsonden war den Wissenschaftlern eine sehr flache Gegend in der Elysium-Ebene knapp nördlich des Mars-Äquators aufgefallen, die wahrscheinlich durch Lava- und Wasserströme in geologisch jüngster Vergangenheit geformt worden ist. Ein Wissenschaftlerteam unter Leitung des britischen Geologen John Murray von der Open University in London hat nach Analyse von Aufnahmen des Mars-Orbiters Mars Express nun die Schlussfolgerung gezogen, dass es sich bei diesem Gebiet um einen etwa 800 mal 900 Kilometer durchmessenden und mutmaßlich etwa 45 Meter tiefen gefrorenen See handelt.
 
Für diese Annahme sprächen Form und Größe der Eisschollen sowie der Umstand, dass sie auf einem extrem ebenen Grund zu “schwimmen” scheinen, der kaum geologische Strukturen oder ein sichtbares Gefälle aufweist. “Bestätigen sich die Ergebnisse, ist Mars ein nach unseren Maßstäben noch heute geologisch aktiver Planet”, so Ernst Hauber vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Mitglied des Wissenschaftlerteams.
 
Wie Ernst Hauber im Gespräch mit Raumfahrer.net weiter erläuterte habe erst die Fähigkeit der hochauflösenden HRSC-Kamera an Bord des europäischen Orbiters, “sehr große Flächen in gleichmäßig hoher Auflösung” erfassen zu können, die jetzt veröffentlichte Theorie möglich gemacht. Frühere Marsorbiter konnten nur vergleichsweise kleine Flächen in hoher Auflösung abbilden, so dass bisher die Meinung vertreten wurde, es handele sich bei den an der Oberfläche sichtbaren Strukturen um Schollen aus erkalteter Lava (wie sie beispielsweise auf Island gut zu beobachten sind). Lavaschollen sind jedoch um Größenordnungen kleiner als die auf den HRSC-Aufnahmen erkennbaren Gebilde. Außerdem spricht gegen diese Deutung, dass sich der Untergrund, auf dem sich die Schollen befinden, deutlich gesetzt zu haben scheint – was im beobachteten Ausmaß nicht durch das Zusammenziehen erkaltender Lava, wohl aber durch zum Teil sublimiertes Wasser erklärt werden kann.

Diese Aufnahme eines NOAA-Wettersatelliten zeigt das Polareis der Erde. Nicht zu verkennen sind die Ähnlichkeiten mit den Strukturen auf dem Mars.
(Foto: ESA)

Das die wahrscheinlich infolge vulkanischer Aktivität an die Oberfläche getretenen Wassermassen in der extrem dünnen Marsatmosphäre nicht gleich wieder vollständig verdunstet sind erklären die Wissenschaftler damit, dass sich unmittelbar nach dem Austritt des Wassers ein schützender Belag – beispielsweise aus vulkanischer Asche – über die Oberfläche des Sees gelegt hat. Das Alter des Sees ist durch Zählung und Auswertung der Einschlagskrater auf etwa drei bis fünf Millionen Jahre festgelegt worden, da nur wenige und relativ kleine Krater entdeckt worden sind. Auch auf die Tiefe des Sees ist durch Analyse der vorhandenen Krater geschlossen worden.
 
Trotz aller Indizien bleibt ein Rest Ungewissheit, ob es sich bei dem Gebiet südlich des gigantischen Vulkans Elysium Mons tatsächlich um einen gefrorenen See handelt. Leider wird auch das voraussichtlich Ende April in Betrieb gehende Radarexperiment MARSIS an Bord von Mars Express keine endgültige Klärung liefern können, so Ernst Hauber, da die langwellige Radarstrahlung nur Grenzschichten bzw. Wasservorkommen in großer Tiefe aufspüren kann. Ob ein ähnliches Instrument an Bord der im August startenden amerikanischen Marssonde Mars Reconnaissance Orbiter die vermuteten Wasservorkommen wird bestätigen können ist ebenfalls ungewiss – dies wird wahrscheinlich nur eine Untersuchung vor Ort zu leisten in der Lage sein. Ein Rover oder stationärer Lander müsste allerdings mehrere Meter tief bohren können, um die Deckschicht über dem See, deren Mächtigkeit unbekannt ist, sicher zu durchdringen.
 
Immerhin biete das Areal des gefrorenen Sees vergleichsweise ideale Voraussetzungen für einen Lander, resümiert Ernst Hauber: Das Terrain sei über weite Strecken sehr eben, es liege in Äquatornähe (wichtig für solargetriebene Lander) und dazu noch vergleichsweise tief (was für die Effektivität eines Bremsfallschirms wichtig ist) – vielleicht werden wir im kommenden Jahrzehnt also die endgültige Bestätigung für das Vorhandensein des Sees von einem der kommenden Mars-Rover bzw. -Lander aus erster “Hand” erhalten.

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