GOCE gestartet: Das Schwerefeld im Blick

Am Nachmittag startete der ESA-Umweltsatellit an Bord einer Rockot-Trägerrakete in eine Umlaufbahn. Die Mission hat vor allem geowissenschaftliche Aufgaben und kann dynamische Prozesse auf der Erde in bisher unerreichter Genauigkeit abbilden.

Quelle: DLR.

Um 15.21 Uhr (MEZ) ist am 17. März 2009 der neue Umweltsatellit GOCE (Gravity field and steady-state-Ocean Circulation Explorer) vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk erfolgreich in den Erdorbit gestartet. Die Trägerrakete vom Typ Rockot brachte den Satelliten in eine annähernd polare Umlaufbahn mit einer Neigung von 96,5 Grad in 260 Kilometer Höhe. Von hier aus wird GOCE 20 Monate lang das Schwerefeld der Erde in bislang nicht erreichter Präzision vermessen. Die erwarteten Ergebnisse werden insbesondere für die Ozeanographie, Geophysik und Erforschung des Meeresspiegels wichtig sein.

ESA Webcast
Liftoff auf dem russischen Weltraumbahnhof Plesetsk
(Bild: ESA Webcast)

GOCE ist der erste einer Reihe von hoch spezialisierten Satelliten, mit denen die ESA gesicherte Daten über die in der Atmosphäre, in den Ozeanen und auf dem Festland ablaufenden Vorgänge liefern und somit neue Erkenntnisse globaler Umweltveränderungen ermöglichen wird.

GOCE wird den Umweltforschern ein globales, homogenes und detailgenaues Bild vom Schwerefeld der Erde ermöglichen und dabei erstmals die Oberflächenzirkulation der Weltmeere ableiten. Meeresspiegeländerungen in Australien und Südamerika werden dadurch vergleichbar mit solchen in der Nordsee und im Mittelmeer. Hierbei erhoffen sich die Ozeanografen beispielsweise eine Antwort auf die Frage, ob für den Wärmetransport innerhalb des globalen Strömungssystems die Wirkung vieler, kleiner Wirbel die gleiche ist wie die weniger, großer Wirbel. Ebenfalls wird es mit den GOCE-Daten gelingen, aus GPS-Messungen direkt zentimetergenaue Meereshöhen zu erhalten.

Für die Geophysik bedeutet die GOCE-Gradiometrie ein Blick ins Erdinnere. Hier können wesentliche Beiträge zum Verständnis der kontinentalen und ozeanischen Erdkruste erwartet werden. Weitere Anwendungsbereiche sind die Bestimmung der Topografie des Meeresbodens und der Dicke des Eises auf den Polarmeeren sowie die Rekonstruktion der Dichte der großen Eisschilde.

Gerold Reichle aus dem Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) beschreibt die Bedeutung der Mission: “Vor dem Hintergrund unübersehbarer Klimaänderungen und deren gravierender Bedeutung für unseren Lebensraum unterstreicht GOCE das große Engagement der deutschen und europäischen Raumfahrt für eine nachhaltige Klimaforschung. Die Raumfahrt hat nicht nur wesentlich zur Aufdeckung des Globalen Wandels beigetragen, sie liefert auch die wichtigsten Instrumente, um seine Auswirkungen zu erkunden. Dies hilft Politik und Gesellschaft, die notwendigen Beschlüsse zum Schutz unserer Lebensgrundlagen zu treffen.”

ESA - AOES Medialab
Künstlerische Darstellung von GOCE im Erdorbit
(Bild: ESA – AOES Medialab)

Der Satellit wird das Schwerefeld der Erde mit einer räumlichen Auflösung von 100 Kilometern vermessen und Schwereanomalien mit einer Genauigkeit von einem Millionstel der Erdschwerkraft (10-6 g) erfassen. Das Geoid, so wird das physikalische Modell der Erdfigur genannt, wird mit einer Genauigkeit von ein bis zwei Zentimetern ermittelt werden. Mit diesem Ziel stellt GOCE das Maximum des gegenwärtig technisch Machbaren dar.

Die Schwerkraftsignale werden umso stärker, je geringer der Abstand eines Satelliten von der Erde ist. GOCEs Umlaufbahn ist mit einer Höhe von etwa 260 Kilometern daher die niedrigste Bahn, auf der ein wissenschaftlicher Satellit je flog. Die Reibungskräfte der Restatmosphäre, die in dieser Flughöhe zu einem schnellen Abtauchen des Satelliten führen würden, kompensiert ein Ionentriebwerk, das so genannte Drag-free-System. Über die Lageregelung wird die gewünschte Orientierung der Instrumente bezüglich der Erde erreicht.

An Bord von GOCE wird ein GPS-Empfänger eingesetzt, der die Position des Satelliten kontinuierlich zentimetergenau bestimmt. Auf diese Weise werden vor allem die großskaligen Strukturen im Erd-Schwerefeld erfasst. Darüber hinaus ist erstmalig auf einem Satelliten auch ein Gravitationsgradiometer installiert, das auf dem Prinzip der differenziellen Beschleunigungsmessung beruht. Bestückt mit drei Paaren dieser Beschleunigungsmesser repräsentiert dieses Instrument den neuesten Stand der Technik.

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