ATV 2: Vorbereitung auf den Wiedereintritt

Am Dienstag, dem 21. Juni 2011, wird das europäische Transportraumschiff ATV 2 in einem Gebiet über dem Pazifik wieder in die Atmosphäre der Erde eintreten, auseinander brechen und zum größten Teil verglühen. Die Abkopplung von der Internationalen Raumstation (ISS) ist für den 20. Juni 2011 geplant.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ESA.

ESA/CNES/Arianespace/CSG
Start des ATV 2 auf einer Ariane 5 am 16. Februar 2011
(Bild: ESA/CNES/Arianespace/CSG)

Seit Februar diesen Jahres ist das ATV 2 “Johannes Kepler” ein Bestandteil der ISS. In der kommenden Woche wird es seine Mission nach dem Abkoppeln über einem von Menschen unbewohnten Gebiet des Pazifiks mit einem feurigen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre beenden.

Die Versorgung und Unterstützung der ISS durch das ATV 2 findet so einen spektakulären Abschluss: Mit Abfällen von der Station beladen wird das zweite unbemannte europäische Versorgungsschiff in der Atmosphäre zerstört werden.

So, wie viele Tonnen von Material natürlichen Ursprungs täglich auf die Atmosphäre unseres Planeten treffen und zum aller größten Teil in Flammen aufgehen, wird es auch mit dem samt Inhalt rund 10 Tonnen schweren Frachtschiff passieren. Nur einige besonders widerstandsfähige Teile überstehen den Wiedereintritt vielleicht, und werden dann in das von Menschen nicht bewohnte Seegebiet fallen.

NASA
AVT 2 im Anflug auf die ISS am 24. Februar 2011
(Bild: NASA)

In den Transportregalen des ATV 2 hat die Besatzung der ISS rund 1.200 Kilogramm Material in Mülltüten und in Form von nicht mehr benötigter Hardware deponiert. Angeliefert hatte das Transportschiff rund 1.170 Kilogramm Trockenfracht, 100 Kilogramm Sauerstoff sowie 851 Kilogramm Treibstoffnachschub für die Tanks der ISS. Außerdem an Bord waren 4.535 Kilogramm Treibstoffe, die das ATV 2 zum Anheben und Justieren der Umlaufbahn der ISS um die Erde einzusetzen hatte.

NASA
das ATV 2 am Heck der ISS
(Bild: NASA)

Unter den durch das ATV 2 vorgenommenen Bahnanpassungen befand sich auch ein Ausweichmanöver, das aufgrund der Annäherung von Weltraumschrott notwendig geworden war. Während der ereignisreichen Mission von Johannes Kepler besuchten zwei US-amerikanischen Raumfähren die ISS, erreichten unbemannte Versorger aus Japan und Russland die Station und koppelten bemannte Sojusschiffe an bzw. ab. Der Großteil der vor und nach Ankunft der unterschiedlichen Raumfahrzeuge erforderlichen Anpassungen des Orbits der ISS wurden vom europäischen Transportschiff vorgenommen.

Unter den letzten wichtigen Aufgaben des ATV 2 war eine deutliche Anhebung der Bahn der ISS. Diese erfolgte in drei Schritten am 12., am 15. und am 17. Juni 2011. Zusammen sorgten sie für eine Anhebung des ISS-Orbits auf rund 380 Kilometer über der Erde.

NASA
Paolo Nespoli (inks) und Alexander Kaleri (rechts) im ATV 2
(Bild: NASA)

Am Sonntag, dem 19. Juni 2011 soll die Besatzung der ISS die Luken zum ATV 2 gegen 17:30 Uhr MESZ verschließen. Das Abdocken ist für den darauf folgenden Montag angesetzt. Laut Flugplan wird das ATV 2 am 20. Juni 2011 gegen 16:51 Uhr MESZ solo unterwegs sein.

Den Abstieg beginnen wird das Transportschiff voraussichtlich am 21. Juni 2011. Eine erste Brennphase der Triebwerke von Johannes Kepler ab 19:07 Uhr MESZ ist dazu gedacht, das Schiff Richtung Erde zu schicken, eine zweite ab 22:05 Uhr MESZ dient der präzisen Ansteuerung des Eintrittskorridors über dem Pazifik.

Beim Eintauchen in die dichteren Atmosphärenschichten wird Johannes Kepler zu taumeln beginnen, und anschließend zerstört werden. Einzelne Trümmer, die den Sturz durch die Atmosphäre überstehen, fallen Berechnungen zufolge schließlich gegen 22:50 Uhr MESZ ins Meer.

Da noch nicht alle Aspekte eines kontrollierten zerstörerischen Wiedereintritts gut verstanden werden, soll ein im ATV 2 befindlicher Prototyp einer Black Box Daten aufzeichnen. Das Reentry Breakup Recorder genannte Gerät ist dazu gedacht, unter anderem genaue Positionsdaten, Temperatur- und Druckmesswerte sowie die Abnahme der Flughöhe aufzuzeichnen, bevor es vom zerbrechenden Transporter abgetrennt wird.

Geplant ist, dass eine Übertragung der durch den Rekorder aufgezeichneten Daten automatisch gestartet wird, wenn er unter rund 18 Kilometer Höhe über Grund fällt. Über das Iridium-Satellitentelefonnetz sollen sie ihre neugierigen Empfänger erreichen. Gelingt dies, wird Johannes Kepler bis ganz zum Schluss seiner Mission außerordentlich fruchtbare Arbeit geleistet haben.

Das ATV 2 alias Johannes Kepler ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 37.368 bzw. als COSPAR-Objekt 2011-007A.

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