Lunar X-Prize: Ein Heer von Antennen lauscht zum Mond

Die Part Time Scientists nehmen mit einem Schuhkarton-großen Rover am Lunar X-Prize teil. Mit der Erde soll er über ein dezentrales Antennennetz kommunizieren und die interplanetare Kommunikation vereinfachen.

Ein Beitrag von Karl Urban. Vertont von Peter Rittinger.

Präsentation des Konzepts der Part Time Scientists auf dem 26. Chaos Communications Congress am 28. Dezember 2009.
(Bild: Part Time Scientists)
Präsentation des Konzepts der Part Time Scientists auf dem 26. Chaos Communications Congress am 28. Dezember 2009.
(Bild: Part Time Scientists)

Sie sind jung und haben einige Ambitionen. Auf einem zweistündigen Vortrag stellten die Part Time Scientists die Details ihres Vorhabens auf dem Chaos Communications Congress vor. Die Gruppe aus Softwareentwicklern, Physikern, Ingenieuren und Ökonomen präsentierte mit Asimov 1 mehr als einen einfachen Rover. Die Mission muss deutlich billiger werden als vergleichbare staatlich finanzierte Projekte von NASA oder ESA. Die notwendige Kostenreduktion kann das 43-köpfige Team durch die ehrenamtliche Mitarbeit erreichen. Zudem wollen sie mit dem Raumfahrzeug ohne die Hilfe großer Radioantennen kommunizieren, deren Nutzung mit Gebühren verbunden wäre.

Die Aufgabe

Für den Preis, den der US-Konzern Google im September 2007 ausschrieb, muss ein Rover weich auf dem Erdtrabanten zur Landung gebracht werden.

“[Die Regeln des] Lunar X-Prize besagen, dass ein Raumfahrzeug auf dem Mond landen soll, das dort mindestens 500 Meter Distanz zurücklegen muss”, sagte Robert Böhme gegenüber Raumfahrer.net. “Nach der neusten Revision der Regeln muss ein Mooncast übertragen werden, nach Möglichkeit nach einer überstandenen Mondnacht.” Für diese Leistung erhält das Siegerteam 20 Millionen US-Dollar.

Mehr Geld gibt es, wenn der Rover Zusatzaufgaben erledigt, beispielsweise mehr als fünf Kilometer weit fährt, lunare Sehenswürdigkeiten wie Apollo-Landstellen vor die Linse bekommt oder eine 14 Tage lange Mondnacht überlebt.

Die eigentliche Herausforderung liegt im Budget. Äußerst günstige Mondmissionen wie Chandrayaan-1 oder LCROSS schlugen mit rund 70 Millionen Dollar zu Buche. Beide sahen keine weiche Landung vor und waren technisch weniger ambitioniert. Die Teilnehmer am Lunar X-Prize müssen mit nur 20 Millionen Dollar auskommen.

Teilzeitwissenschaftler revolutionieren die Raumfahrt

Die Part Time Scientists wollen sich das Leben so einfach wie möglich machen. Der Lander wird mit einer privaten Falcon-Rakete von SpaceX in einen niedrigen Erdorbit (LEO) gestartet. Von dort übernimmt eine zugekaufte Antriebsstufe den Aufstieg in eine lunare Transferbahn, ein genaues Absetzen in die Mondbahn die Landung auf dem Erdtrabanten.

Der Rover Asimov 1 funkt zur Erde - Illustration.
(Bild: Part Time Scientists)
Der Rover Asimov 1 funkt zur Erde – Illustration.
(Bild: Part Time Scientists)

Ist Asimov 1 auf der Mondoberfläche gelandet, nimmt der Rover Kontakt zur Bodenstation auf – und der innovativste Teil der Mission beginnt. Die Sendeantenne soll zur Einsparung von Gewicht und Platz in die Solarpaneele eingearbeitet werden. Die Antenne reicht unter normalen Umständen nicht aus, um auf der Erde empfangen zu werden. Die Solarzellen, nicht größer als ein DIN A4-Blatt, limitieren die Sendeleistung des nur fünf Kilogramm schweren Fahrzeugs. Doch eigentlich lässt sich auch ein sehr schwaches Signal vom Mond empfangen, wenn wir auf der Erde nur eine ausreichend große Antenne bereitstellen.

“Wenn man auf der einen Seite eine sehr kleine Antenne mit einer schwachen Leistung hat, brauch man auf der anderen Seite eine größere Antenne”, sagte Böhme. “[…] zur Zeit haben wir 20 Watt für die Sendeleistung der Antenne reserviert. Das ist verglichen mit aktuellen Missionen sehr wenig. Da reden wir über mindestens 70 Watt mit Parabolantenne.”

Viele Ohren lauschen dem Zwerg auf dem Mond

Die Teilzeitwissenschaftler wollen keine der großen NASA-Stationen nutzen, die es bräuchte, so schwachen Signalen vom Mond zu lauschen. Die NASA sei sowieso viel zu unflexibel, die Vorlaufzeit für die Nutzung betrage bis zu drei Monate. Zudem könne man auf diesem Weg nur in kurzen Zeitfenstern mit der Sonde kommunizieren.

Daher will das Team eine eigene Kommunikationsinfrastruktur aufbauen, die ständig Kontakt zur Sonde halten kann: Belnet. Dazu sollen kleine Stationen aufgebaut werden. “Eine Station besteht aus der 90-Zentimeter-Schüssel und einer wasserdichten Blackbox dahinter, in der sich die Computerhardware mit dem Netzwerkanschluss befindet. […] Die Schüssel ist rundum drehbar und kippbar, um bestimmte Objekte anzupeilen und verfügt über diverse Sensoren wie GPS”, so Böhme.

Rund 100 Stationen werden über alle Kontinente verteilt und zu einem Zentralrechner verbunden. Gebündelt sollen sie sogar höhere Datenraten vom Mond ermöglichen als mit aktiven NASA-Sonden. Ein weiterer Vorteil: Wenn die Stationen in ausreichender Dichte über alle Kontinente verteilt sind, können rund um die Uhr Signale vom Mond übertragen werden.

Um ihr Ziel zu erreichen hat sich die Gruppe kompetente Unterstützung geholt. Die Mitglieder, die über Kanada, die USA, Puerto Rico, Österreich, Deutschland und andere Länder verteilt leben werden von NASA-Veteranen beraten. Auf dem Chaos Communications Congress wurde Jack W. Crenshaw live zugeschaltet, einem der Architekten für die Flugbahnen der Apolloflugbahnen.

Auch finanziell macht sich das Team keine Sorgen. Sie haben eine Vielzahl Unterstützer aus der Industrie gefunden, die sich durch Sach- oder Geldspenden beteiligen oder Standorte für die Satellitenantennen bereitstellen.

Der Zeitplan ist eng: Bis Ende 2012 müssen die Missionsziele erfüllt sein, um den Lunar X-Prize zu gewinnen. Bis dahin wollen die Part Time Scientists die Kommunikationsinfrastruktur aufbauen, den Rover entwickeln und ihn erfolgreich zum Mond bringen. Im Jahr 2010 sollen die ersten 15 Satellitenschüsseln aufgestellt werden.

Böhme ist durchaus zuversichtlich, dass sie das schaffen können: “Momentan bin ich der Meinung, dass nur wenige der Lunar X-Prize-Teams eine reelle Chance haben, zu gewinnen. […] Leider beschränken sich sehr viele Teams nur auf den Lunar X-Prize. Man sieht an unserem Belnet-Projekt, dass wir auch daran interessiert sind, Technologie zu entwickeln und einen Mehrwert zu schaffen.” Dies sei immerhin der Grundgedanke des Preises.

Mondprogramm der Part Time Scientists

  • Start mit SpaceX-Träger
  • Landung eines DIN A4-großen Rovers auf dem Mond
  • Sample Return mit Hilfe des Antriebsmoduls
  • Fahrt des Rovers von mindestens 5.000 Metern
  • Kommunikation über ein weltweites Netzwerk kleiner Satellitenstationen
  • Datenraten 50 MBit pro Sekunde aus einem geostationären Orbit, 0,5 MBit pro Sekunde von der Mondoberfläche sollen dabei möglich sein
  • Live-Übertragung von Bildern und Videos in HD-Qualität
  • Überleben einer 14-tägigen lunaren Nacht
  • Maximale Leistungsaufnahme des Rovers: 50 Watt
  • Solarpaneele (mit integrierter Antenne) kann aktiv zur Erde bzw. zur Sonne ausgerichtet werden

Raumcon:

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