Alternative zur Dunklen Energie eliminiert

Eine neue Analyse von annähernd 560 Supernovae dieses Himmelsabschnitts legt eine signifikante Asymmetrie der Expansion des Universums nahe.

Ein Beitrag von Lars-C. Depka. Quelle: Cai & Tuo 2011. Vertont von Peter Rittinger.

Sie ist das vielleicht größte Rätsel der modernen Kosmologie: Die Dunkle Energie. Die Triebfeder der sich offenbar immer weiter beschleunigenden Ausdehnung des Universums. Näher betrachtet beschreibt die Dunkle Energie in ihrem heutigen Verständnis den Zusammenhang zwischen ihrem Druck, sowie ihrer Dichte. Diese Relation wird in der kosmologischen Forschung auch als „Zustandsgleichung“ beschrieben.

ESA
Materieverteilung im frühen Universum
(Bild: ESA)

Allgemein angenommen wird heute ein 72-prozentiger Anteil der Dunklen Energie am gesamten Masse-Energie-Inhalt des Universums, was die Dunkle Energie zu einem entscheidenden, wenn nicht sogar dem entscheidenden Faktor hinsichtlich der bisherigen Entwicklung und des künftigen Schicksals des Kosmos macht.

Und dennoch, die physikalische Interpretation der Dunklen Energie ist weitgehend ungeklärt und ihre Existenz ist experimentell nicht nachgewiesen.

Seit Ende der 1990er Jahre weiß man, dass der Kosmos beschleunigt expandiert. Irgendwann zwischen Urknall und einer Epoche von vor sechs bis acht Milliarden Jahren muss das Universum von Abbremsen auf Beschleunigen umgeschaltet haben. Bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts galt dann auch die Annahme der traditionellen Modelle, wonach die gegenseitige Gravitationsanziehung der (sichtbaren) Materie die Ausdehnung langsam abbremsen sollte. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall, denn die Expansion des Kosmos beschleunigt sich. Um diese beobachtete beschleunigte Expansion zu erklären, wurde die Dunkle Energie 1998 als eine Verallgemeinerung der kosmologischen Konstanten eingeführt.

Manche Wissenschaftler waren bislang der Meinung, dass diese Konstante ein Ad-hoc-Konstrukt sei, das keine tiefere Begründung für die zugrundeliegende Ursache liefere. Allerdings wurden in der Literatur in der Vergangenheit neben der Ablehnung auch Alternativmodelle der Konstanten diskutiert, die Erklärungsansätze zu den beobachteten Beschleunigungsbefunden liefern sollten. Eine dieser Alternativtheorien ist nun überzeugend widerlegt.

Die jetzt widerlegte Hypothese geht von der Annahme aus, dass die beobachtete beschleunigte Expansion des Universums tatsächlich gar nicht stattfindet. Sie soll vielmehr eine „Illusion“ darstellen, die aufgrund einer ungleichmäßigen Verteilung der Materie im Kosmos zustande kommt.

Geht es nach der Alternativhypothese, befänden wir uns in einem gigantischen Leerraum von einem Gigaparsec. In diesem auch als „Void“ beschriebenen Leerraum ist die vorhandene Materiedichte erheblich geringer, als im weiträumigen kosmischen Durchschnitt. Ein Gigaparsec entspricht etwa drei Milliarden Lichtjahren und ist die untere Grenze, die in der Void-Theorie gefordert wird, um zu der Illusion einer beschleunigten Expansion führen zu können.

Innerhalb des Void-Modells resultiert aus den Überlegungen eine maximale lokale Expansionsrate von 60 Kilometern pro Sekunde je Megaparsec (3,2 Millionen Lichtjahre). Die tatsächliche Expansionsrate des lokalen Kosmos beträgt allerdings 74 Kilometer pro Sekunde je Megaparsec und ist durch Analyse einer Vielzahl von Supernovae hinreichend belastbar dokumentiert.

Wie sich gleichwohl zeigt, bedeutet die plausible Widerlegung des Void-Modells nicht zwangsläufig eine homogene Expansion des Universums in alle Richtungen. Die mitunter unangenehme Konsequenz hieraus könnte zu einer Neubewertung eines kosmologischen Grundpfeilers führen, wonach sich das Universum als ein homogenes bzw. isotropes darstellt. Erhärtet sich der Verdacht, dass die Beschleunigung der kosmischen Expansion nicht in allen Richtungen gleich groß sein könnte, widerspräche dies fundamental dem Kosmologischen Prinzip. Diese Symmetrieannahme (das Universum verhält sich an jedem Ort und in jede Richtung gleich) ist eine der wichtigsten Grundlagen aller ernsthaft diskutierten kosmologischen Modelle, mit denen die Entstehung und Entwicklung des Kosmos beschrieben werden sollen.

In den vergangenen Jahren mehrten sich jedoch stetig die Anzeichen dafür, dass die kosmische Expansionsrate eben nicht in allen Richtungen gleich groß ist. Einen ersten statistischen Beweis der unterschiedlich schnellen Ausdehnung des Kosmos könnten Beobachtungen von Supernovae im großräumigen Bereich um das Sternbild Fuchs (eigentlich Füchslein, lat. Vulpecula) liefern.

Das eher unscheinbare Füchslein befindet sich zwischen den Sternbildern Cygnus (Schwan) und dem ebenfalls eher unbekannten Sagitta (Pfeil). Beobachtern und Astrofotografen dürfte das Füchslein als Heimstatt des planetarischen Nebels M 27, auch Hantelnebel genannt, geläufig sein.

Eine neue Analyse von annähernd 560 Supernovae dieses Himmelsabschnitts legt eine signifikante Asymmetrie der Expansion des Universums nahe. Sollten sich die Beobachtungen erhärten, müssen künftig womöglich anisotrope kosmische Modelle ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Vielleicht muss aber auch die beschleunigte Expansion völlig losgelöst von der Kosmologischen Konstanten betrachtet werden. Dann nämlich, wenn sogenannte Quintessenz-Felder die antreibende Wirkung erzielen, die in der Kosmologie gerade so etwas wie eine Renaissance erleben. Sie beinhalten eine zeitlich veränderliche Dunkle Energie und stellen somit eine Alternative zum Konzept der Kosmologischen Konstanten dar. Im Gegensatz zur Kosmologischen Konstanten wird die Quintessenz als eine zeitlich veränderliche Dunkle Energie, die inhomogen den Raum ausfüllt, verstanden. Mit der Ausdehnung des Universums nimmt die Energiedichte in Quintessenz-Modellen ab. Die Zustandsgleichung der Dunklen Energie zeigt dann einen hohen negativen Druck, was ihre Interpretation als Antigravitation nahe legen könnte. Diese Antigravitation triebe dann das Universum auseinander, was letztlich wieder in der beobachtbaren, kosmischen Expansion resultiert.

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